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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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zukünftig aussehen? Außerdem mussten Brahims und Doudas Angelegenheiten geregelt werden, schon um ihrer Kinder willen. Ebenso war die Frage zu klären, ob und in welchem Umfang er Husseins Witwe auszahlen musste, falls sie mit den Söhnen zu ihrem Vater zurückkehren sollte. Rabias Brüder erhoben Anspruch auf ihre Mitgift, wogegen sich die Geschädigten der Kämpfe wehrten. Ebenso wie die unter Hussein enteigneten Familien forderten sie Wiedergutmachung.
    Eine Vielzahl anderer Streitigkeiten wartete auf Entscheidung, wobei es zu beachten galt, was in seiner Zuständigkeit lag und was in der des Sultans. Natürlich gab es in der Kasbah Truhen voll alter Urkunden und Niederschriften von Urteilen, die meisten betrafen allerdings eher allgemeine Fragen wie die Abgabe des Fünften oder die Wasserversorgung . Nurzahs Tiraden kamen wirklich zur Unzeit, und zum ersten Mal nahm er seiner Mutter ihre Hartnäckigkeit übel.
    Außerdem hatte sie mit ihrem Gerede über Ehefrauen und Kinder einen wunden Punkt berührt. Denn eine gab es, allerdings war sie unerreichbar … Seine Hand tastete nach dem Beutel, den er monatelang um den Hals getragen hatte, griff jedoch ins Leere. Er hatte sie abgelegt, die Perlen aus Timbuktu, fiel ihm ein, bevor die Kämpfe mit den Janitscharen begonnen hatten. Sie befanden sich wohlverwahrt in seinem Gepäck. Noch heute Abend würde er das Ledersäckchen wieder anlegen, beschloss er, das würde ihm helfen, insha’allah.
    Saïds Pferd reagierte auf seine Unruhe und scheute, also nahm er die Zügel auf, sammelte sich und ritt weiter. Jedenfalls war seine Mutter demnächst bei den Verwandten in Miknas ausgezeichnet aufgehoben. Er wollte von dort nach Féz weiterreiten, den Imam der Gerichtsbarkeit des Sultans übergeben und die wichtigsten Entscheidungen auf den Weg bringen.
    Wie mochte es Brahims Söhnen inzwischen ergangen sein? Sie waren gesund, so viel wusste er. Doch sie hatten nun schon lange Wochen fernab der Heimat verbringen müssen, und sicher hatten sie auch bereits vom Tod ihrer Mutter erfahren. Und Sultan Muhammad? Die Osmanen waren vertrieben, aber er hatte einen Bruder verloren, mit dem er sich zu versöhnen gehofft hatte. Wie würde er sich vor diesem Hintergrund wohl dem Imam gegenüber verhalten, und welche Strafe würde er ihm auferlegen?
    *
    Saïd hatte sich gefreut, Azîza wohlbehalten in Miknas vorzufinden, weiter hielt ihn nichts hier. So schnell wie möglich wollte er sich überzeugen, dass es Brahims Söhnen gut ging, außerdem wartete der Sultan auf seinen Bericht. Bereits am nächsten Morgen ritt er weiter nach Féz, und noch vor dem Abendgebet überantwortete er den osmanischen Imam den Dienern des Sultans. Es erleichterte ihn, das Schicksal dieses Mannes in dessen Hände zu legen.
    Wie bei jedem Besuch bewunderte Saïd auch dieses Mal die uneinnehmbaren Mauern der Stadt, die gepflegten Häuser, die Gelassenheit der Menschen und die Ruhe in den Moscheen und Medresen, neben der das Treiben der Handwerkerviertel und Märkte besonders lebhaft wirkte. Und wie jedes Mal verschlug ihm auch diesmal die Schönheit der Gärten und des Palastes fast den Atem.
    Feinste Mosaike an Wänden und Böden, Koranverse als umlaufende Schriftbänder, Schmuckornamente und Deckenbemalungen in Rot, Blau und Gold, Schnitzereien und filigrane Stuckarbeiten, zu Arkaden geschwungene Bögen und schlanke Marmorsäulen … Und erst das Wasser! Nicht nur, dass es in der Stadt zahllose Brunnen gab und jedes Viertel von Kanälen durchzogen war, die die Moscheen und Hamams mit frischem Wasser versorgten. Auch im Garten und sogar in einzelnen Sälen innerhalb des Palastes, wohin man sah: Springbrunnen mit sanft gerundeten oder terrassierten Auffangschalen, sternförmige Becken, kleine Bassins und schmale Rinnen, in denen klares Wasser glitzerte, das die Luft erfrischte und Kühle verströmte. Ihm als Mann der Wüste kamen die Kunstwerke der Wasserbauer wie Wunder vor.
    Er wurde in einen Pavillon geführt, wo ihn Diener auf weiche Polster baten und ihm Küchlein und gekühlte Säfte servierten. Als die Lampen entzündet waren, erschienen der Sultan und Sheïk Abdallah, sein ältester Sohn. In einem schlichten weißen Gewand, gefolgt von mehreren Ratgebern, eilte Sultan Muhammad Saïd entgegen. Bei ihrem letzten Treffen in Taroudant war er ihm alt vorgekommen, beinahe gebrechlich, jetzt aber schien der Sultan erfüllt von Tatkraft und Zuversicht.
    » Baraka, Sheïk Saïd, baraka, Allahs Segen begleite

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