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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Gesicht, doch nicht einmal das half, ihn aus seinen Grübeleien zu reißen. Er, der sich bisher auf die Erfahrungen von Generationen von Karawanenführern verlassen konnte, er, der stets seinen Weg fand, wusste nicht weiter. Als stecke er in einem Sandsturm fest!
    Mochte er sich noch so sehr dagegen sträuben, alle seine Gedanken drehten sich um Sarah. Gestern, als sie sich wiedergesehen hatten, hatte er sich ihr nahe gefühlt, sogar sehr nahe. Er sah sie vor sich, wie ihre Arme schützend das Kind umfingen, wie sie errötete, ihn mit ihren himmelfarbenen Augen ansah, mit ihm sprach, sogar ein wenig lächelte . Sie war schöner denn je, reifer und überlegter als früher. Und gab sie ihm nicht kleine, versteckte Zeichen? Wie ihre Augen strahlten, wie sie den Blick senkte, errötete und darüber noch verlegener wurde . Wie ihr Atem stockte, als spüre sie ebenfalls die Spannung, die plötzlich zwischen ihnen lag. Unvorstellbares war ihm auf einmal vorstellbar erschienen, und in diesem Augenblick war ihm klar geworden, wie sehr er sich nach ihr sehnte.
    Tief in seinem Herzen wusste er schon längst um diese Sehnsucht, aber bisher war es ihm gelungen, sie nicht weiter zu beachten. Seitdem der Händler von Sarah, der Perlenstickerin erzählt hatte, zog es ihn zu ihr, und nun, da sie in Reichweite zu sein schien, überwogen auf einmal seine Bedenken? Was war nur mit ihm los?
    Doch im Grunde wusste er, warum er zweifelte. Sie war nicht allein gewesen, dieser Marino war bei ihr! Dieser Mann, der ihr Schicksal war, dem ihr Herz gehörte … so ähnlich hatte sie es damals selbst beschrieben. Das konnte er nicht einfach vergessen.
    Außerdem war ihm jede Zweideutigkeit zuwider. Er schätzte Klarheit. Davon aber konnte hier keine Rede sein. Deshalb ließen sich seine Vorbehalte auch nicht beiseiteschieben.
    Vielleicht fand er im Gebet zur Ruhe zurück? Er war kein regelmäßig Betender, während der Karawanenreisen allerdings verneigte er sich gemeinsam mit den anderen zum ersten und zum letzten Gebet des Tages in Richtung Mekka. In Sijilmassa jedoch betrat er die Moschee oft nur zum Freitagsgebet. Heute aber benötigte er ein gleichmütiges Herz, jedenfalls sollte er bis zum Abend, wenn er der Einladung des gobernadors folgte, seine Besonnenheit wiedererlangt haben.
    Nach dem Gebet stand Hamid vor ihm. » Ich habe ihn nicht aus den Augen gelassen, aber jetzt sind die drei Schiffe fort. In aller Frühe sind sie abgesegelt, und ich habe genau aufgepasst, dass dieser Kerl an Bord war«, berichtete er. » Als ich ihn ablieferte, sagte er noch …«
    Saïd unterbrach ihn: » Ich danke dir, mein Freund. Wir werden nun nicht mehr über ihn sprechen.«
    Der Schwarze öffnete den Mund, schloss ihn jedoch gleich wieder, als er die abweisende Miene seines Herrn sah.
    Gemeinsam mit Hamid und den anderen versorgte Saïd die Pferde im Stall. Die Arbeit mit den Tieren und auch die Gesellschaft der Männer tat ihm gut. Anschließend suchte er den Hamam auf. Doch anstatt seine Gelassenheit im heißen Dämmer wiederzufinden, bedrängten ihn neue Fragen. Der Venezianer – alles in Saïd sträubte sich, ihn » Marino« zu nennen – hatte Geld von Sarah gefordert. Hatte der Venezianer etwas gegen sie in der Hand? Warum hatte sie ihn nicht geheiratet, und warum fuhr er ausgerechnet auf einem Schiff der Republik Genua, wo doch die Feindschaft zwischen Venedig und Genua legendär war?
    Am Abend erwartete eine Handvoll goldbetresster Soldaten den Botschafter des Sultans. Ihre Gespräche verstummten, als Saïd in Begleitung von Hamid und den beiden Schreibern Amron und Tariq den Raum betrat, und alle Gesichter wandten sich ihnen zu. Vor den prächtigen Uniformen wirkten die Berber in ihren dunklen Gewändern aus schwerem Damast und den kunstvoll gewickelten chêches fremd und vornehm zugleich. Hamid, der alle im Raum überragte, streifte die Anwesenden mit einem raschen Blick unter gerunzelten Brauen, dann verschränkte er die Arme vor der Brust. Seine Erscheinung – groß, dunkelhäutig und finster blickend – beeindruckte die Spanier sichtlich.
    Saïd trat einen Schritt vor, als Einziger im Raum trug er Krummsäbel und Dolch. Der spanische Statthalter eilte ihm entgegen, begrüßte ihn, bot ihm einen Platz an und winkte Wein herbei. Saïd lehnte jedoch mit einer Handbewegung ab.
    » Allah sei Dank«, grüßte er mit einem kaum merklichen Lächeln in die Runde, » ich sehe, unsere spanischen Freunde in Melilla befinden sich wohl. Der Nachschub

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