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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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wieder am Tag darauf. Und sie würde das so lange machen, bis sie so dünn war wie ihre neue Freundin Amy.
    »Da fällt mir doch das alte chinesische Sprichwort ein«, bemerkte Ravi mit ernster Miene, als sie den Hörer auflegte, »ohne Fleiß kein Preis. Ich wollte dich an meinem Schokoladenpapier riechen lassen, aber das lasse ich jetzt besser. Hast du vor Thomas schon deinen Kniefall gemacht und ihm die Ehe angetragen?«
    »Ich dachte, wenn ich mich erst mal entfette, würde er
mir
vielleicht einen Antrag machen.« Dann lachte sie, damit Ravi nicht denken sollte, sie sei zu jämmerlich.
    Um halb eins machte Tara sich beschwingten Schrittes auf den Weg zu dem Salon. Dort begrüßte sie eine Kosmetikerin im weißen Kittel, die dünn wie ein Rennpferd war und soviel Make-up trug, daß es wie eine Maske von ihr abgefallen wäre, wenn jemand ihr einen Schlag auf den Hinterkopf gegeben hätte. Sie hieß Adrienne. »Was sind Sie von Beruf?« fragte Adrienne, als sie Tara in den kahlen, kühlen Raum geführt hatte.
    »Computeranalystin«, sagte Tara.
    »Ich bin keine Kosmetikerin, müssen Sie wissen«,
    sagte Adrienne indigniert. »Eigentlich bin ich Schauspielerin. Wenn es Gerechtigkeit in der Welt gäbe –aber glauben Sie mir, es gibt sie nicht –, mußte ich dies hier nicht machen.« Adriennes Bitterkeit versetzte Tara in trübere Stimmung. Und als Adrienne Tara aufforderte, sich bis auf BH und Unterhose auszuziehen, sank die Stimmung noch einmal. Welche Schande. »Als würde man durchsucht«, sagte Tara nervös und versuchte, von den Speckrollen auf ihrem Bauch abzulenken. Adrienne beachtete sie gar nicht und nahm das Metermaß zur Hand, wobei sie ihre Bitterkeit kaum im Zaum halten konnte. Drei Jahre Schauspielausbildung, und jetzt das hier! Dann fing sie an, Maß zu nehmen.
    »Ist das wirklich nötig?« fragte Tara betroffen.
    Welche Schande, daß jemand ihre Maße kennen würde. »Wie sollen wir sonst wissen, wieviel Sie verloren haben?« fragte Adrienne. Wie konnte man nur so dumm sein!
    »Meinetwegen, aber sagen Sie mir nicht, was mein PoUmfang ist oder mein Bauch«, sagte Tara in Panik. »Auch nicht meine Oberschenkel. Oder meine Oberarme.
    Oder –«
    »Ich sage Ihnen gar nichts«, erwiderte Adrienne und war gespannt, ob das Metermaß um Taras Hüften herumreichen würde. Was war nur los mit diesen dicken Frauen? Sie brauchten nur ein bißchen Willensstärke.
    Eine Woche Hungerkur hatte noch keine umgebracht. In unbehaglichem Schweigen wurde Tara an mindestens vierzig verschiedenen Stellen gemessen, und ihr wurde schleichend bewußt, daß die versprochenen zwanzig Zentimeter schnell zusammen wären, wenn sie nur einen halben Zentimeter an jeder gemessenen Stelle dünner wurde, aber der Unterschied im Gesamtbild wäre unerheblich. Oh, nein.
    Als alle Maße verzeichnet waren – was einige Zeit dauerte –, brachte Adrienne eine Wasserflasche von der Art zum Vorschein, mit der Leute wie Katherine ihre Pflanzen besprühten, und sprühte sie von oben bis unten mit Wasser ein. Tara sprang in die Höhe und schrie auf.
    Ihre Massen vibrierten noch lange, auch als sie schon längst wieder stand.
    »Das warme Wasser funktioniert nicht«, sagte Adrienne knapp, als sie Tara zittern sah.
    »Jetzt der Schlamm.«
    Tara hatte sich immer vorgestellt, daß sie in eine weiche, geschmeidige, cremeartige Masse eingewickelt und darin verweilen würde wie ein glückliches Nilpferd.
    Aber während sie vor Kälte bibberte, kam Adrienne mit einer Schüssel und einem Holzspatel.
    »Wollen Sie einen Kuchen backen?« fragte Tara scherzhaft.
    Adrienne sah sie mit verächtlichem Mitleid an, nahm einen Spatel voll mit warmem, übelriechendem Matsch, klatschte ihn auf Taras Oberschenkel und strich ihn glatt.
    Ohne Plan verstrich sie ein bißchen Matsch hier, ein bißchen Matsch da, bis die Schüssel leer war.
    Tara betrachtete die braunen Streifen auf ihrem weißen Körper.
    »Jetzt die Wickel«, sagte Adrienne.
    »Aber es ist nicht überall Schlamm«, protestierte Tara. »Das macht nichts.«
    Die »Wickel«, so stellte sich heraus, waren sechs zerschlissene, hautfarbene Bandagen, wie man sie bei Erste-Hilfe-Kursen benutzte, die um Taras Mitte, ihre Oberschenkel und Oberarme gewickelt und mit großen Sicherheitsnadeln befestigt wurden. Tara wollte sich nicht vorstellen, welches Bild sie abgab.
    »Und jetzt«, erklärte Adrienne, »kommen Sie in einen speziellen Gummianzug, in dem sich der Schlamm aufheizt, wodurch sich der Toxinverlust

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