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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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sah einen Mann, der sich lächelnd vor ihr aufgepflanzt hatte. Sah nicht schlecht aus. Allerdings auch nicht gut. Nicht im Vergleich zu Alasdair.
    Doch als sie ihn näher betrachtete, sah sie, daß er glänzendes braunes Haar hatte und eine Verläßlichkeit verheißende kräftige Statur, die in ihr den Wunsch weckte, sich an ihn zu lehnen.
    Sein Lächeln blieb und überflutete sie mit Wärme und Bewunderung. »Du bist eine klasse Braut«, sagte er mit einer charmanten Mischung aus Schüchternheit und Selbstsicherheit. »Du kannst die Zigarette behalten.«
    Unter normalen Umständen würde Tara die Straßenseite wechseln, um einem Mann, der eine Frau »Braut« nannte, nicht begegnen zu müssen, aber sie hatte eine Menge durchgemacht. Thomas sah sie aus seinen braunen Augen an, und sie war überrascht, darin Hingabe und Respekt zu sehen. Nach dem, wie Alasdair sie behandelt hatte, fühlte sie sich so wertlos wie ein russischer Rubel. Überrascht dachte sie, daß dieser Mann ihren Wert vielleicht neu bestimmen konnte.
    Obwohl er mehr Braun trug, als ihrer Meinung nach gut war (schon der kleinste Klecks Braun war, ihrer Ansicht nach, zuviel), fühlte sie sich von ihm merkwürdig angezogen. Als ihr klar wurde, daß sie ihn haben konnte, war die Freude, die sie durchströmte, wie ein Heroinschub.
    »Komm, tanzen wir«, sagte sie frech und nahm seine Hand. Obwohl Thomas’ erdbraune Kleidung auf der Stelle zu bleiben schien, während er sich bewegte, war Taras Welt plötzlich wie verzaubert. Vor ihr tat sich eine neue Zukunft auf. Zwar würde Alasdair eine andere Frau heiraten, aber es gab noch andere Männer, die sie mochten. Die sich mehr aus ihr machten, als sie sich aus ihnen. Die sie vielleicht heiraten würden. Ihr Schmerz hörte auf, und sie hatte gedacht, er würde nie mehr aufhören. Thomas war ihr Retter. »Es gibt ein chinesisches Sprichwort«, murmelte sie, »danach gehört man dem, der einem das Leben rettet.«
    Thomas nickte verständnislos und stieß seinen Freund Eddie in die Rippen. »Sie ist völlig blau. Heute habe ich das große Los gezogen.«
    Sie verbrachten von Freitagabend bis Montagmorgen in Taras Zimmer die meiste Zeit im Bett. Hin und wieder standen sie auf und kamen zum Fernsehen ins Wohnzimmer. Dann war Tara eng mit Thomas verschlungen und küßte ihn leidenschaftlich, während Katherine und Liv den Fernseher lauter drehten, um die Knutscherei zu übertönen.
    »Es klingt, als würden Pferdehufe aus dickstem Schlamm gezogen«, beschrieb Katherine die damit einhergehenden Laute, als sie Fintan anrief, um sich zu beschweren. Liv nahm ihr den Hörer aus der Hand. »Im Bad haben wir ein Ding mit Saugnäpfen für die Seife«, erklärte sie Fintan. »Wenn man die Saugnäpfe vom Waschbecken reißt, dann macht es genau das Geräusch, das Tara und dieser Mann machen. Können wir rüber zu dir kommen?«
    Aber Tara war völlig begeistert von Thomas. »Ich bin verrückt nach ihm«, verkündete sie jedem.
    »Verrückt ist genau das richtige Wort«, murmelte Katherine und musterte Thomas kritisch in all seiner braunen Pracht.
6
    D ie Erinnerung an Alasdair hatte einen solchen Tumult an Gefühlen in Tara ausgelöst, daß sie es kaum erwarten konnte, Thomas zu sehen. Fast rannte sie vom Taxi zur Haustür, doch in ihrer Hast und ihrem alkoholisierten Zustand bekam sie den Schlüssel kaum ins Schloß. Nach dem vierten Versuch war sie endlich in der Wohnung. Sie zupfte sich das Kleid zurecht und rief: »Thomas?«
    Er saß im Wohnzimmer, um ihn herum auf dem Sofa lagen vier leere Dosen Newcastle Brown und die Aluform einer Fray-Bentos-Fleischpastete. »Wurde auch langsam Zeit«, brummelte er gutmütig.
    »Hast du mich vermißt?« fragte Tara erwartungsvoll, so froh war sie, ihn zu sehen.
    »Vielleicht, wer weiß.« Sein Lächeln, bei dem sich lauter Fältchen um die Augen bildeten, verriet nichts. »Aber vielleicht auch nicht. Beryl hat mir ja Gesellschaft geleistet.«
    Beryl war Thomas’ Katze, die er mit Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit und Bewunderung überhäufte. Tara war unendlich eifersüchtig auf die geschmeidige, sorglose, undankbare Weise, mit der Beryl Thomas’ Liebesbezeugungen entgegennahm, indem sie sich erst an ihn schmiegte und sich dann von ihm abwandte, als bedeutete er ihr nichts.
    »Schöner Abend?« fragte Thomas.
    »Ja.« Sie sagte nicht, wie schade es war, daß er nicht gekommen war. Ihre Freunde und ihr Freund vertrugen sich einfach nicht. Sie kannte das zur Genüge, aber nur, wenn die

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