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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Plätze frei. Irgendwas davon macht bestimmt Spaß.« Mitnichten.
    »Meditation. Mein Gott, wie langweilig! Ich war mit den Nerven am Ende, weil es so still war. Wie bei einer schrecklich schwierigen Abendeinladung.«
    Nach einem Abend im Batikkurs fragte sie empört: »Sehe ich etwa aus wie eine Hippiebraut?«
    Über das Kanufahren sagte sie nicht viel, als sie, die Haare naß und strähnig, in die Wohnung humpelte.
    »Hat es Spaß gemacht?« fragte Joe.
    »Nicht besonders. Sie haben mich mit dem Kanu eine Rolle machen lassen, und ich dachte, ich würde ertrinken. Dann habe ich mir das Knie aufgeschlagen, und meine Haare sind auch hinüber.«
    An dem Abend hatte sie einen Tiefpunkt, und ihr Status als Alleinlebende wurde ihr besonders schmerzlich bewußt. Sie sehnte sich nach Trost und Wärme, nach jemandem, der sie in den Arm nahm und ihr über den Schock, ins kalte Wasser gestoßen worden zu sein, hinweghalf, nach jemandem, der ihr angeschlagenes Knie heil pustete.
    Abendkurse waren gestrichen, beschloß sie. Zu Beginn eines Kurses spürte sie jedesmal ein Gefühl der Hoffnung in sich aufkeimen, eine Erwartung, daß es ihr gleich bessergehen werde. Und dann kam die Enttäuschung. Es hatte keinen Sinn, darauf zu bauen, daß sie ihre Einsamkeit durch ein neues Hobby überwinden könnte.
    Ihr einziges Hobby war jetzt: Thomas-nicht-anrufen. Eine Aufgabe, der sie sich mit zusammengebissenen Zähnen stellte. Kein Tag verging, an dem sie nicht als erstes beim Aufwachen an ihn dachte. Aber Katherine erinnerte sie daran, wieviel schlimmer es am Anfang gewesen war, und seitdem waren schon zehn Wochen vergangen. »Weißt du noch«, sagte sie, »du hast kaum geschlafen und nichts gegessen. Und daß ich dich das letzte Mal daran hindern mußte, nachts zu ihm zu fahren, ist auch schon vor Weihnachten gewesen.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte Tara langsam. »Für mich ist es ein echter Erfolg, daß ich ihn nicht angerufen habe. Wenn man bedenkt, wie schwach ich bin. Ich habe die Willensstärke einer Zecke.«
    »Du hast das ganz großartig gemacht. Und du wirst um so schneller über ihn hinwegkommen, wenn du keinen Kontakt hast. Wenn man die Trennung in Schritten vollzieht, verlängert man nur den Schmerz. Als würde man ein Pflaster langsam abziehen. Wenn man es brutal macht, ist der Schmerz am Anfang schlimmer, aber auf lange Sicht ist es leichter.«
    Was Katherine sagte, tröstete Tara, aber es machte sie auch unglücklich. Sie wollte Thomas hinter sich lassen, doch gleichzeitig – und das war das Verrückte und Paradoxe daran – war sie traurig bei dem Gedanken, daß er dann für immer ihrer Vergangenheit angehören würde.
    Sie schleppte sich durch ihr Leben. Manchmal konnte sie sich selber sehen: eine Frau über dreißig mit einer guten Stelle – auch wenn sie arm wie eine Kirchenmaus war, lag das nicht an ihrem Gehalt –, die viel arbeitete, täglich ins Fitneß-Studio ging, schöne Kleider kaufte, mannlos ihr Leben fristete und die Lücken mit guten Freunden und Weißwein füllte. All das war klischeehaft, und sie empfand sich als Versagerin.
    Sie sehnte sich nach den Zeiten, als sie so moppelig war, daß sie sich die
Vogue
nicht mehr kaufte, weil es ihr das Herz brach, all die schönen Kleider anzusehen, die ihr niemals passen würden – damals hatte sie wenigstens einen Freund.
    Die Besuche bei Fintan waren für Tara, Katherine, Milo und Liv zur Routine geworden, so wie das Zähneputzen am Morgen. Wenn sie ihn einen Tag nicht zu sehen bekamen, fanden sie das komisch.
    Die extremen Gefühle, die sie empfanden, als seine Diagnose ganz frisch war, hatten sich eingependelt. Obwohl sie nun mit einer schrecklichen, dauerhaften Belastung lebten und bei jedem kleinsten Zwicken, das Fintan spürte, in Panik gerieten, war das Entsetzen nicht mehr so unmittelbar. Der akute Schock war gewichen, das die Norm Überschreitende war assimiliert worden. Anders wäre es auch nicht möglich, erklärte Liv. »Wenn man eine Last trägt, gewöhnt man sich mit der Zeit daran. Es ist immer noch eine Last und eine Bürde, aber der Schock, den man in dem Moment gespürt hat, da sich das Gewicht auf einen legt, vergeht.«
    Auch hatte niemand mehr dieselbe Hoffnung wie am Anfang – nach vier Anwendungen von Chemotherapie war bei Fintan keine sichtbare Besserung eingetreten.
    Selbst Fintans Gefühlsschwankungen zwischen Zorn, Verzweiflung und Hoffnung waren nicht mehr so extrem. In gewisser Weise schien alles sehr normal.
    Hin und

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