Pusteblume
wird denken, sie darf keine negativen Gefühle zeigen, so wie ich es auch gedacht habe. Aber es geht mich nichts mehr an. Denn mein Leben ist nicht mehr die Hölle, und das gefällt mir!«
Sie hielten sich an den Händen und vollführten einen kleinen Freudentanz.
»Und ich behaupte nicht, daß ich unbedingt Kinder
will,
aber jetzt habe ich wenigstens die Wahl, im Gegensatz zu Marcy. Die wäre mit einem Gang zur Samenbank viel besser bedient gewesen. Danke, Katherine, für alles. Daß du mir Unterschlupf gewährt hast – ich fange gleich an diesem Wochenende an, nach einer eigenen Wohnung zu suchen – und daß du mich ertragen hast. Aber ganz besonders bin ich dir dankbar, weil du mir nicht erlaubt hast, ihn anzurufen oder zu ihm zu gehen.«
»Es war viel besser für dich, daß du keinen Kontakt hattest«, pflichtete Katherine ihr bei. »Sonst verlängert man nur den Schmerz und gibt der Hoffnung wieder neue Nahrung.«
»Trotzdem kann ich es kaum glauben«, sagte Tara staunend. »Es sind erst fünf Monate vergangen, seit ich ausgezogen bin, und ich hatte immer gedacht, daß diese Art von Liebeskummer jahrelang andauert. Eigentlich so lange, bis man einen neuen Mann kennenlernt. So war das früher bei mir immer.«
»Ich weiß.« Katherine hatte die lange Reihe von Taras Freunden über zehn Jahre miterlebt. »Das ist praktisch ein Wunder. Bisher war es immer wie bei einem Staffellauf. Kaum war es mit einem vorbei, hattest du schon den nächsten.«
»War es wirklich so?«
»Aber ja.«
»Natürlich möchte ich einen Freund haben«, gab Tara zu. »Die Einsamkeit ist manchmal geradezu erdrückend. Und fairerweise muß ich zugeben, daß ich zweimal mit einem Mann geschlafen habe.« Bei der Erinnerung schauderte ihr regelrecht.
»Aber wenigstens hast du es dabei belassen. Du hast keine Beziehung mit ihnen angefangen.«
»Das lag daran, daß es Vollidioten waren, und ich habe genug Zeit in meinem Leben mit Idioten vertan. Ich will das nicht mehr.«
»Merkst du das eigentlich?« fragte Katherine ganz aufgeregt. »Früher warst du anders. Du wärst lieber mit dem letzten Trottel gegangen, als allein zu bleiben. Du hast dich verändert.«
»Du dich auch.«
»Wir haben uns alle verändert. Liv ist auch anders. Du natürlich. Wahrscheinlich hast du recht, und ich habe mich auch verändert. Woran liegt das?«
»Meinst du nicht, es liegt an Fintan?«
Katherine versuchte, ihre Gedanken in Worte zu fassen: »Es hat damit zu tun, daß er krank ist. Dabei ist es so schwer, immer daran zu denken, daß man jeden Tag voll erleben und jede Sekunde nutzen soll. Manchmal vergißt man es einfach und nimmt die Dinge als selbstverständlich hin.«
»Aber dann gibt es Tage, wenn ich ihn ansehe«, unterbrach Tara sie, »und er ist so jung und dem Tod soviel näher als ich, und dann denke ich: So könnte es mir auch gehen, und dann … habe ich … ich meine…« Sie zögerte, dann lächelte sie beglückt und sagte: »Dann möchte ich mein Leben besser leben.«
»Genau das wollte ich sagen.« Katherine strahlte und wiederholte: »Ich möchte mein Leben besser leben.«
»Und wieder zu Thomas zurückzugehen hätte nicht bedeutet, das Leben besser zu leben«, sagte Tara, »und wenn ich mit einem Idioten zusammen bin, lebe ich mein Leben auch nicht besser. Aber sich in Joe Roth zu verlieben heißt, sein Leben besser zu leben.«
»Also, bitte –«
»Ich weiß, das geht mich nichts an. Leider hast du dich nicht in jeder Hinsicht verändert«, sagte Tara mit Bedauern. »Soll ich noch was anderes sagen?«
»Was denn?«
»Ich weiß nicht, ob ich Thomas wirklich geliebt habe.«
»Das verstehe ich.«
»Und weißt du, warum ich das glaube?«
»Nein. Warum?«
»Weil ich, glaube ich, Alasdair nie überwunden habe. Ich habe darüber nachgedacht, und weißt du was?«
»Was denn?«
»Ich werde Alasdair anrufen.«
Katherine hatte ein mulmiges Gefühl. Es wäre auch zu schön gewesen. Sie hatte Tara schon ihr Mobiltelefon zurückgeben wollen. Zum Glück hatte sie es noch nicht getan. »Aber er ist doch verheiratet«, sagte sie. »Und du hast seit Jahren nicht mit ihm gesprochen.«
»Oh, ich meine nicht, daß ich wieder was mit ihm anfangen will«, sagte Tara rasch. »Ich will die Sache nur zu einem Abschluß bringen. Und da ist die Zeit doch günstig, solange ich in Größe achtunddreißig passe.«
Katherine sah sie besorgt an.
»Sei ganz beruhigt«, sagte Tara. »Auch wenn ich unbedingt einen Mann haben wollte – was im Moment gar
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