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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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Parteisekretär Li gehabt. Li hatte ihn zu einer wichtigen Konferenz in den Verwaltungsbezirk Jiading geschickt, wo Yu vorübergehend als Sicherheitsbeamter fungieren sollte.
    »Und was wird aus dem Fall?« fragte Yu.
    »Aus welchem Fall?«
    »Dem Fall Guan Hongying.«
    »Keine Sorge, Genosse Hauptwachtmeister Yu! In ein paar Tagen wird Genosse Oberinspektor Chen zurück sein.«
    »Unsere Spezialabteilung hat auch viel Arbeit.«
    »Erledigen Sie, soviel Sie können, bevor Sie sich am Montag bei der Konferenz melden. Um die Dinge hier werden sich andere kümmern.« Und ohne Yu anzusehen, setzte Li hinzu: »Vergessen Sie nicht, in der Buchhaltung nach dem üblichen Essenszuschuß zu fragen. Es kann sein, daß Sie ein paar Tage in Jiading bleiben werden.«
    Bis fünf Uhr nachmittags hatte Yu noch nicht viel von seiner Arbeit geschafft. Unerledigte Fälle stapelten sich auf seinem Schreibtisch. Mißmutig schloß Kriminalbeamter Yu den Aktendeckel.
    Ein Mörder lief frei herum, während die Polizisten in Schwierigkeiten steckten.
    Aber es gab nichts, was Hauptwachtmeister Yu in seiner Position machen konnte – außer, das zu tun, was man ihm befahl.
    Um Viertel vor sechs läutete wieder das Telefon.
    »Hauptwachtmeister Yu«, sagte er, den Hörer aufnehmend.
    »Himmel, wo steckst du denn, Yu?« Peiqins Stimme klang verzweifelt.
    »Wieso? Was ist denn los?«
    »Hast du daran gedacht, daß heute Elternabend in Qinqins Schule ist?«
    »Ach – das habe ich vergessen. Ich hatte so viel zu tun.«
    »Ich will nicht nörgeln, aber ich kann es nicht leiden, wenn bloß immer ich mich um ihn kümmern soll, ohne daß du mir hilfst.«
    »Entschuldige.«
    »Für mich war es auch ein langer Tag.«
    »Ich weiß doch. Ich komme sofort nach Hause.«
    »Meinetwegen mußt du nicht sofort kommen. Für den Elternabend ist es sowieso zu spät. Aber vergiß nicht, was dein Vater gestern gesagt hat!«
    »Nein, das vergesse ich nicht.«
    Peiqin war besorgt gewesen, als der Alte Jäger ihnen von Oberinspektor Chens Problemen erzählt hatte. Ihr Anruf galt also nicht nur dem versäumten Elternabend; sie wollte vor allem wissen, ob Yu die Ermittlungen fortsetzte. Natürlich war sie zu vernünftig, um am Telefon auch nur ein Wort über den Fall zu verlieren.
    Yu hatte sich für den Polizistenberuf entschieden – freilich hatte es für ihn kaum Alternativen gegeben. Der tröstliche Glaubenssatz, daß Recht und Ordnung der Eckstein der Gesellschaft seien, hatte für ihn keine große Rolle gespielt. Er fand einfach, daß dies der richtige Beruf für ihn war – nicht nur als Lebensunterhalt, sondern auch zur Selbstbestätigung. Ein tüchtiger Polizist, hatte er geglaubt, konnte etwas bewirken. Aber schon bald, nachdem er in den Polizeidienst eingetreten war, machte er sich kaum noch Illusionen darüber.
    Je länger Yu vor sich hin grübelte, desto mehr ärgerte er sich über Kommissar Zhang. Dieser sture alte Marxist, dem immer das politisch korrekte Lächeln im Gesicht klebte wie eine Briefmarke, mußte irgendeinem hohen Tier einen Hinweis gegeben haben. Irgend jemandem, der die Macht hatte, Wu zu schützen – um jeden Preis. Jetzt waren Oberinspektor Chen und Yu selbst praktisch vom Dienst suspendiert.
    Draußen verschwand die Sonne hinter mächtigen Wolken. Yu hoffte noch immer, einen Anruf von Chen zu erhalten. Es war spät, und er war allein in dem großen Büro. Er machte den elektrisch heizbaren Teebecher aus, ein Geschenk des Kaufhauses Nr. 1, das der Direktor ihm zum Dank für seine Arbeit an dem Fall überreicht hatte. Im Augenblick diente er nur als ironisches Erinnerungsstück.
    Eine Dreiviertelstunde später klebte Yu noch immer verbissen an seinem Schreibtisch, vor sich ein leeres Blatt Papier, das der Leere seines Kopfes entsprach.
    Das Telefon läutete. Mit untypischer Hast riß er den Hörer von der Gabel.
    »Spezialabteilung.«
    »Guten Abend. Ich möchte gern Hauptwachtmeister Yu Guangming sprechen.«
    Es war ein Unbekannter, der mit gurgelnder Stimme sprach.
    »Am Apparat.«
    »Mein Name ist Yang Shuhui. Ich arbeite an der Tankstelle Nr. 63 in der Kreisstadt Qingpu. Ich glaube, ich habe eine Information für Sie.«
    »Was für eine Information?«
    »Die Information, für die Ihre Sondergruppe eine Belohnung ausgesetzt hat.«
    »Moment mal.« Yu wurde sofort hellwach. Es gab nur einen einzigen Fall, in dem er eine Belohnung ausgesetzt hatte. »Sie meinen die Leiche aus dem Kanal?«
    »Ja. Ich habe leider die Fallnummer

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