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Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen

Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen

Titel: Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
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gruben. Das Dach bestand aus verwitterten Holzschindeln, aus denen ein
verrostetes Ofenrohr ragte. Das einzige Fenster in der Wand sah aus wie ein
Auge, das dem Besucher verschmitzt zuzuzwinkern schien.
    Lydia war entzückt. Die
Baumstumpfhütte war etwas aus einem Märchenbuch, ein Häuschen, in dem ein
sprechendes Kaninchen oder eine Waldratte hätte leben können.
    Sie bewunderte es noch, als
plötzlich Brigham in der Tür erschien. Sein Blick glitt zu Lydia und heftete
sich auf ihr Gesicht.
    Kein Lächeln erhellte seine Miene,
als er auf sie zukam. »Was machen Sie hier?« fragte er so scharf, als hätte
Lydia geheiligtes Gebiet betreten. »Das ist kein Ort für Frauen oder Kinder,
Miss McQuire. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meine Tochter nicht noch
einmal hierherbringen würden.«
    Ein gefährlicher Ort. Lydia dachte
an Gettysburg und all die anderen Schlachtfelder und hätte wahrscheinlich laut
gelacht, wenn ihre Erinnerungen nicht so grimmiger Natur gewesen wären.
    Der Vergleich erinnerte sie daran,
daß Mister Quade Holz an den Süden verkauft hatte, ebenso wie an die Union, was
den Konflikt zwischen den beiden Staaten mit Sicherheit verlängert hatte und
damit auch die Leiden der Soldaten beider Fronten. Unwillkürlich versteifte sie
sich und bedachte Brigham mit einem verächtlichen Blick.
    »Geh nach Hause, Millicent«, sagte
er scharf und ohne seine Tochter anzusehen. Seine Augen, grau wie General Lees
beste Uniform, schienen nicht den Blick von Lydias blauen lösen zu können, die
die Farben der Union widerspiegelten.
    Zu Lydias Enttäuschung gehorchte das
Kind ohne Widerspruch, ließ ihre Hand los und schlenderte davon.
    Lydia schluckte und hielt die
Schultern so steif, daß sie schmerzten. Einmal war sie bei einem ihrer Ausflüge
in den Wald einer Wache der Konföderierten begegnet, aber der nervöse junge
Soldat hatte sie nicht halb so sehr eingeschüchtert wie Brigham jetzt.
    Dennoch fand sie den Mut, eine Frage
zu stellen. »Wie können Sie erwarten, Frauen und Kinder an diesen Ort zu
bringen, wenn Sie sie mit einer derartigen Geringschätzung behandeln?«
    Brigham starrte sie düster an und
überraschte sie dann mit einem rauhen Lachen. »Ich dachte, die Union hätte den
Krieg gewonnen, weil sie über mehr Männer und bessere Nachschubwege verfügte.
Aber jetzt sehe ich ein, daß sie es nur der Tatsache zu verdanken hatte, daß
Sie auf ihrer Seite waren.«
    Lydia errötete. »Ich halte es nicht
für ratsam, den Krieg mit Ihnen zu diskutieren, Sir«, entgegnete sie spitz.
»Ich glaube nicht, daß wir je zu einer Einigung gelangen werden.«
    Brigham hob plötzlich die Hand, als
wollte er Lydias Wange streicheln; doch nach kurzem Zögern ließ er sie wieder
sinken — vielleicht, weil seine Männer zuschauten. »Sie haben recht«,
entgegnete er schroff. »Wir würden uns nie einig werden.«
    Lydia vermutete, daß es mit Ausnahme
seiner Tante und seines Bruders nur sehr wenige Menschen gab, die es wagten,
eine andere Meinung als Brigham zu vertreten. »Sie sollten toleranter werden,
Mister Quade«, sagte sie. »Ich bin überzeugt, daß Sie aus den Ansichten anderer
noch eine Menge lernen könnten.«
    Er lächelte auf eine Art, die Lydia
seine Nähe in allen Fasern ihres Körpers spüren ließ und an Stellen rührte, von
denen sie bisher nicht einmal gewußt hatte, daß sie existierten. »Ich könnte
Ihnen das gleiche raten, Miss McQuire«, entgegnete er. »Aber jetzt kehren Sie
bitte zum Haus zurück und suchen sich ein Buch zum Lesen oder etwas zu nähen.
Ich habe Arbeit zu erledigen.«
    Lydia verschränkte die Arme vor der
Brust und schaute ihn aus schmalen Augen an. »Es ist Ihr Grund und Boden,
Mister Quade, und Sie haben zweifellos das Recht, mich fortzuschicken. Aber
bevor ich gehe, muß ich Ihnen sagen, daß Sie der tyrannischste und arroganteste
Mensch sind, der mir je begegnet ist! Ihr Verhalten wird Ihnen noch eine Menge
Ärger einbringen.«
    Wieder huschte dieses verwirrende
Lächeln, über sein Gesicht. »Und bei Ihnen, Miss McQuire, habe ich das Gefühl,
daß Sie dringend einer Züchtigung bedürfen«, entgegnete er gedehnt.
    »Was fällt Ihnen ein, Sie ...«
    Er lachte. »Eine ganze Menge«,
erwiderte er spöttisch. »Aber trotzdem werden Sie jetzt brav sein und nach
Hause gehen.«
    »Ich lasse mich nicht fortschicken
wie ein Kind«, zischte Lydia. Sie konnte sich nicht entsinnen, wann sie zuletzt
einen so glühenden Zorn empfunden hatte. »Ich bin nicht Ihre

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