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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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beherrschte sich und sagte nur: »Es
gibt noch so viele andere — die Landschaft zum Beispiel, die die Stadt umgibt,
in der meine Großeltern leben, im Staate Washington, hat wunderschöne, riesige
Bäume und Wiesen, die mit Weinrosen bestanden sind. Und dann die Insel — sie
ist so märchenhaft schön, daß man sie für den Garten Eden halten könnte!«
    Zärtlichkeit sprach aus Rafaels
Augen, als er sie betrachtete, und Annie fiel es schwer zu glauben, daß er
noch derselbe Mann war, der mit solcher Wildheit beim Fechten um den Sieg
gekämpft hatte und der seiner eigenen Schwester nicht gestatten wollte, sich
selbst ihren Gatten auszusuchen. »Aber das ist Ihre Welt, Annie«, sagte er.
»Dies hier ...« er zeigte auf die Burg, die in den düsteren, wolkenverhangenen
Himmel aufragte — »ist meine.«
    Annie ließ ihre Stute Gras fressen
und ging auf das Seeufer zu. Auch jetzt mußte sie wieder gegen ihre Tränen
ankämpfen, weil Rafaels Worte Wehmut und Enttäuschung in ihr auslösten.
    »Sie könnten das Land verlassen«,
entfuhr es ihr, während sie durch einen Schleier von Tränen den See
betrachtete.
    Sie spürte, wie Rafael dicht hinter
sie trat. »Nein. Als Tochter eines Kapitäns müßten Sie verstehen, warum ich es
nicht kann.«
    Annie trocknete ihre Augen am Ärmel
ihrer Jacke, in der Hoffnung, daß es ihm nicht auffiel, und holte einmal tiefen
Atem. »O ja«, gab sie zurück, ohne einen Blick auf Rafael zu wagen. »Ein
Kapitän geht mit seinem Schiff unter, und Sie beabsichtigen, mit Bavia
zu sterben. Aber für mich ist das der reinste Wahnsinn!«
    Rafael hockte sich neben sie.
»Amerikaner verstehen diese Dinge nicht«, sagte er. »Es ist eine Frage von
Tradition und Ehre, Annie. Obwohl ich viele Feinde habe, verfüge ich auch über
eine beträchtliche Anzahl treuer Untertanen, die ich nicht einfach ihrem
Schicksal überlassen kann. Ich muß ihnen beistehen.«
    Annie verstand durchaus, was er
meinte, obwohl es ihr lieber gewesen wäre, wenn es sich anders verhalten hätte.
»Ich glaube, Sie sind verrückt«, beharrte sie.
    Er lachte und nahm ihre Hand.
»Kommen Sie, Annie. Ich möchte Ihnen das Innere des Hauses zeigen. Im übrigen -
und falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten — wird es gleich regnen.«
    Die Berührung mit seinen warmen
Fingern ließ ihr Herz schneller schlagen und löste eine seltsame Wärme irgendwo
tief innen in ihr aus. Obwohl sie wußte, daß es sich nicht schickte, erlaubte
sie es ihm, sie zu dem kleinen Haus zu führen.
    Sie hatten es noch nicht ganz
erreicht, als der Himmel seine Schleusen öffnete und ein harter Regen auf sie
herniederprasselte, der das hohe Gras knickte, die Oberfläche des Sees
aufwühlte und ihre Kleider durchnäßte. Die Stute und der Wallach wieherten
angsterfüllt.
    »Gehen Sie hinein!« schrie Rafael
über das Rauschen dieser Sintflut und schob Annie auf das Haus zu. »Ich
kümmere mich um die Pferde.«
    Sie gehorchte ohne Widerspruch und
war froh, als die Tür sich beim ersten Versuch öffnen ließ. Ein aufzuckender
Blitz erfüllte den Raum mit grellem Licht, gefolgt von einem ohrenbetäubenden
Donnerschlag, und Annie stürzte zum Fenster, um zu sehen, wie Rafael mit den
erschreckten Tieren zurechtkam. Obwohl es ihm gelungen war, den Wallach an den
Zügeln zu ergreifen und zu beruhigen, war die Stute bereits im Wald verschwunden.
    Es gelang Rafael, das verängstigte
Pferd an den niedrigen Ast eines Baums zu binden, und dann hastete auch er auf
die Sicherheit des Häuschens zu.
    Um nicht dabei ertappt zu werden,
wie sie ihn beobachtete, wandte Annie sich rasch vom Fenster ab und ging zum
Kamin, wo sie niederkniete und rasch ein paar trockene Zweige auf die
Feuerstelle legte. Die ersten zaghaften Flammen stiegen bereits auf, als
Rafael durch die Tür stürzte.
    Bis auf die Haut durchnäßt, zog er
unverzüglich und ohne die geringste Rücksicht auf Annies Zartgefühl sein nasses
Hemd aus und schleuderte es auf einen Stuhl.
    Annie schluckte und legte ein
größeres Scheit auf das Feuer. »Gut, daß Holz da war«, sagte sie mit einer
Stimme, die schrill und brüchig klang.
    Rafael war zu ihr an den Kamin
getreten, und sie war zutiefst beunruhigt, als sie bemerkte, daß er mehr Hitze
ausstrahlte als das Feuer, das sie gerade entzündet hatte. »Es ist immer Holz
da«, erwiderte er beiläufig. »Ich komme oft hierher, um nachzudenken.«
    Sie erhob sich langsam und schaute
sich zum ersten Mal seit ihrem Eintreten in dem Häuschen um.

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