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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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Rafael«, sagte sie
zögernd und beschämt, weil ihre Stimme plötzlich heiser klang. »Ich muß in
einer wichtigen Angelegenheit mit Ihnen reden.«
    Ein mißtrauischer Blick erschien in
seinen grauen Augen, oder zumindest schien es Annie so, und obwohl sie verzaubert
von ihm war, spürte sie wieder Ärger in sich erwachen. »So?« entgegnete er
gedehnt. »Um was handelt es dich denn?«
    Sie schaute sich um und sah, daß nur
wenige Dienstboten und Soldaten in der Nähe waren. Trotz allem war es ihr
unangenehm, Phaedras Gefühle in aller Öffentlichkeit zu erörtern.
    Rafael mußte Annies Zögern richtig
interpretiert haben, denn er nahm ihren Arm und übergab sein Florett im Vorbeigehen
einem Dienstboten. »Wir reden in der Kapelle«, erklärte er etwas verspätet,
während er sie schon zur Tür des stillen Gotteshauses zog.
    Zusammen setzten sie sich auf eine
Bank in der letzten Reihe, und während Annie noch auf ihre verschränkten Hände
starrte, entspannte Rafael sich neben ihr und legte einen Arm über die Lehne
der Bank.
    »Nun?« fragte er, als Annie
beharrlich schwieg.
    Tatsächlich hatte sie Gott um Hilfe
angefleht für ihre Aufgabe und hoffte nun, daß sie ihr gewährt wurde.
    »Es handelt sich um Phaedra. Sie ist
sehr unglücklich.«
    Die Besorgnis, die sich
augenblicklich auf Rafaels Gesicht ibmalte, beruhigte Annie ein wenig. »Was hat
sie? Ist sie krank?«
    Annie schüttelte den Kopf. »Nein,
das ist es nicht. Sie ... sie hat Bedenken hinsichtlich des Ehevertrags mit Mr.
Haslett.«
    Rafaels wundervolle, zinngraue Augen
waren schmal geworden, und Annie fragte sich, welchen Fehler sie begangen
haben mochte. Sie hatte sich solche Mühe gegeben, ihre Worte vorsichtig zu
formulieren, aber irgendwo mußte es ihr mißlungen sein.
    »Jede Braut hat Zweifel, genau wie
jeder Bräutigam. Es ist etwas ganz Natürliches«, erwiderte Rafael in kühlem,
abschließendem Tonfall.
    Annie biß sich auf die Lippen. Sie
hatte ihre Rede sorgfältig einstudiert, und doch schien es nichts genützt zu
haben. »Bei Phaedra ist es etwas anderes«, entgegnete sie nach langem
Schwiegen leise. »Sie möchte aus Liebe heiraten.«
    Rafael gab einen leisen, höhnischen
Laut von sich, der Annie aus ihrer mädchenhaften Versunkenheit riß und sie mit
Zorn erfüllte. »Liebe!« murmelte er.
    Obwohl das Gespräch sich nicht um
sie persönlich drehte, versetzte es Annie einen Stich, ihn so verächtlich über
ein geheiligtes Sakrament reden zu hören. »Sie haben Georgiana doch auch geliebt«, protestierte
sie, bevor sie es verhindern konnte. »Das war allgemein bekannt!«
    Obwohl Rafael sich nicht bewegte,
hatte er doch eine spürbare Distanz zwischen ihnen errichtet. Seine Miene war
nicht länger nachsichtig; ein Muskel zuckte an seiner Wange, und eine Ader
pochte hinter seiner rechten Schläfe - was ihr Lucians Worte in Erinnerung
brachte, daß Rafael kein treuer Ehemann gewesen war.
    Verzweifelt und von ganzem Herzen
wünschte sie sich, daß es eine Lüge war, denn Untreue war etwas, was sie nicht
verzeihen konnte.
    »Ja«, gab er schließlich mit rauher
Stimme zu, »ich habe Georgiana geliebt, und sie liebte mich. Aber das war pures
Glück. Wir waren einander schon als Kinder versprochen worden und haben immer
gewußt, daß wir eines Tages heiraten würden.« Rafaels dunkle Augen wurden
schwarz wie Kohle, und abrupt erhob er sich von der Bank. »Phaedra wird Chandler
Haslett heiraten«, erklärte er, »und bis dahin will ich keinen Unsinn hören.«
    Annie war fassungslos, obwohl
Phaedra sie bereits vorgewarnt hatte, daß Rafael so und nicht anders reagieren
würde. Als Amerikanerin brachte Annie einfach kein Verständnis für derart
starre Traditionen auf; ihr eigener Vater hätte sie niemals gezwungen, gegen
ihren Willen einen Mann zu heiraten.
    »Hoheit ...«
    »Unsere Unterredung ist beendet,
Miss Trevarren«, erwiderte Rafael steif, und dann verließ er die Kapelle.
    Annie war am Boden zerstört; sie war
so sicher gewesen, daß Rafael ein Einsehen haben würde und die Liebe zu seiner
Schwester stärker war als sein lächerliches Ehrgefühl. Doch nun wurde Annie die
bittere Wahrheit klar - das höfische Protokoll und das Versprechen, das ein
anderer Mann vor langer Zeit gegeben hatte, waren dem Prinzen erheblich
wichtiger als Phaedras Glück.
    Annie blieb noch eine Zeitlang in
der Kapelle sitzen und beobachtete den Staub, der in der Sonne vor den Fenstern
tanzte. Dann, um das bittere Gespräch mit Phaedra noch ein

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