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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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keinem anderen Mann erduldet, aber da Barrett sein bester
Freund war und weil er seine Frustration verstand, erwiderte er nichts. Nachdem
er seine Decke ausgebreitet hatte, begab sich Rafael zum Rand des Lagers, um
nach seinem Pferd zu sehen. Wie alle anderen, befand sich auch der Wallach
innerhalb einer improvisierten Koppel aus Seilen, die zwischen Bäumen
aufgespannt waren.
    Nachdem er den Wachen zugenickt
hatte, rief Rafael das Tier mit einem leisen Pfiff zu sich, und es kam wiehernd
auf ihn zugetrabt, bereit, sich Flügel wachsen zu lassen und zu fliegen, falls
es das war, was sein Herr verlangte.
    Rafael streichelte die
kohlrabenschwarze Nase des Wallachs und gab ihm eins der Zuckerstücke, die er
in der Satteltasche immer bei sich trug.
    »Er gehorcht dir«, bemerkte eine
vertraute Stimme hinter Rafaels rechter Schulter.
    Er wandte sich nicht um, um Lucian
anzusehen, sondern streichelte das Pferd. »Ja. Du könntest von ihm lernen.«
    Lucian ließ sich nicht ignorieren;
er trat vor und blieb neben Rafael stehen. In seiner einfachen Uniform, einem
blauen Rock und Hosen, Stiefeln und einem grauen Hemd, sah er ganz anders aus.
    »Du hast gewonnen, Rafael«, gestand
er rauh. »Ich habe genug davon, Befehle von Männern entgegenzunehmen, die es
gestern noch nicht gewagt hätten, mir in die Augen zu sehen.«
    Rafael seufzte. Er beabsichtigte,
seinen Bruder aus der Armee zu entlassen, bevor die Revolution begann, doch bis
dahin konnte Lucian ruhig ein bißchen Disziplin vertragen. Es war gut möglich,
daß es ihn stärkte und vorbereitete auf ein sinnvolleres Leben, wenn er Bavia
verließ. »Noch nicht, Lucian«, sagte er deshalb.
    In einem Aufwallen von Zorn wollte
Lucian Rafaels Arm ergreifen, doch da trat eine der Wachen vor, und er ließ die
Hand sinken. »Wie meinst du das, >noch nichtwillst mich wohl winseln sehen, was? Erwartest du, daß ich bettele?«
    »Nein«, sagte Rafael und wandte sich
widerstrebend von seinem treuen Pferd ab, um zum Lager zurückzugehen. »Das wäre
eine sinnlose Demütigung, Lucian. Du bist jetzt Soldat der bavianischen Armee.
Finde dich damit ab.«
    Lucian hastete neben ihm her, kaum
noch fähig, seine Verzweiflung zu verbergen. »Rafael«, keuchte er, »ich habe
Angst.«
    Auf diese Worte hin blieb Rafael
stehen, schaute seinen Halbbruder an und legte ihm die Hände auf die Schultern.
Als er sprach, geschah es mit aufrichtiger Zuneigung für den Jungen, der Lucian
einst gewesen war, und für den Mann, zu dem er sich entwickeln konnte, falls er
die richtigen Entscheidungen traf.
    »Ich habe auch Angst«, sagte Rafael.
»Wir alle fürchten uns.«
    Tränen des Zorns und der
Enttäuschung stiegen in Lucians Augen auf, aber er erhob keinen weiteren
Widerspruch, riß sich schlicht von Rafael los und schlenderte auf das Lager zu.
    Rafael zögerte kurz und kehrte dann
zu seinem eigenen Feuer zurück, um seine Stiefel auszuziehen und sich hinzulegen.
Er wehrte den Schlaf ab, solange es möglich war, weil er die schrecklichen
Alpträume von Blut, Feuer und Tod fürchtete, die ihn in letzter Zeit geplagt
hatten.
    Aber dann war er doch so erschöpft,
daß er rasch einschlief. Statt von Zerstörung träumte er von Annie Trevaren,
die lächelnd auf dem Balkon des Solariums zu ihm aufschaute, in einem
Hochzeitskleid aus schimmernd weißer Seide.
    Nach dem Drama ihrer Ankunft im
königlichen Palast von Morovia empfand Annie die darauffolgenden, ruhigen Tage
beinahe als enttäuschend. Jeder andere im Haus allerdings schien unendlich
erleichtert über ein bißchen Stille und Frieden.
    Phaedra erholte sich sehr rasch von
dem Unwohlsein, das sie auf der Reise überfallen hatte, obwohl Annie sie oft an
einem der Fenster vorfand, von dem aus sie Tor und Straße dahinter beobachtete.
    Miss Augusta Rendennon folgte ihnen
in die Stadt, unbelästigt von Rebellen oder Unzufriedenen, und brachte
Phaedras Hochzeitskleid mit. Die anstrengenden Anproben setzten sich wieder
fort, aber die Prinzessin schien sich stets in einem anderen Teil des Palasts
aufzuhalten — niemand wußte genau, wo —, wenn Miss Rendennon beschloß, zu
arbeiten. Es war nach einer solchen Sitzung, als Annie Phaedra in der
Bibliothek erwischte.
    »Ich bin es leid, für ein Kleid
Anprobe zu stehen, das ich niemals tragen werde«, platzte sie heraus, ohne die
Prinzessin vorher zu grüßen. »Es ist einfach lächerlich, Phaedra! Was wirst du
tun, wenn du an deinem Hochzeitstag das Kleid anziehst und feststellst,

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