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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
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bin eben erst aus dem Fegefeuer heimgekehrt, und ich weiß, daß
Sie unter Rafaels besonderem Schutz stehen. Es verbindet uns noch immer keine
Zuneigung, meinen Bruder und mich, und ich bin weder unvorsichtig noch dumm
genug, ihn zu verärgern. Ich habe kein Verlangen, im Verlies bei Jeremy
Covington zu enden.«
    Lucian hatte bereits erwähnt, daß
die Verliese besetzt waren, doch Annie hatte die Bemerkung nicht ernst genommen,
und nun wurde ihr mit Schrecken bewußt, daß es kein Scherz gewesen war.
    »Er ist hier? In der Burg?« fragte
sie bestürzt.
    Lucian runzelte die Stirn. »Ja«,
antwortete er und winkte einer Magd, die gerade an der Tür vorbeiging. »Komm
und hilf Miss Trevarren aus dem Kleid!« rief er ihr zu und senkte die Stimme,
als die junge Frau auf sie zukam. »Hat Rafael es Ihnen nicht gesagt, Annie?
Covington und den anderen soll hier der Prozeß gemacht werden, sobald ein
Geschworenengericht zusammengestellt ist.«
    Annie wurde übel bei der Erinnerung
an die Brutalität, die sie auf dem Marktplatz mit angesehen hatte, und sie dachte
mit Schrecken an Covingtons haßerfüllten Blick in jener Nacht des Balls, als
sie Rafael gesagt hatte, was sein Leutnant verbrochen hatte. Und obschon sie
wußte, daß ihr Feind sicher hinter Gittern saß, fürchtete sie ihn.
    »Annie?« Lucian nahm ihren Arm und
stützte sie, während das Dienstmädchen sich in der Nähe hielt und nicht zu
wissen schien, wie es sich verhalten sollte. »Fühlen Sie sich nicht wohl?«
    Annie biß sich auf die Lippen,
nickte und bemühte sich um ein Lächeln.
    Er runzelte die Stirn, nicht
überzeugt, und drückte aufmunternd ihren Arm. »Wir treffen uns in zehn Minuten
in der großen Halle«, sagte er und wandte sich zum Gehen.
    Mit Hilfe der jungen Magd legte
Annie Phaedras Hochzeitskleid ab und zog ihr eigenes, purpurrotes Samtkleid
an. Mit unsicheren Händen glättete sie ihr Haar und machte sich dann
entschlossen auf den Weg zum Herzen der weitläufigen Burg.
    Lucian erwartete sie bereits und
flirtete mit einem Dienstmädchen. Als er Annie sah, lächelte er und bot ihr
seinen Arm, für alle Welt ein echter Kavalier.
    »Kommen Sie mit, Annie«, sagte er,
als sie ihre Hand auf seine Armbeuge legte, »und sehen Sie sich mit eigenen
Augen die geheimsten Winkel von St. James an.«

Vierzehn
    Lucian benahm sich tadellos, wie er
versprochen hatte, führte Annie durch einen der ältesten Teile der Burganlage,
einen Kaninchenbau aus unglaublich kleinen Zimmern mit niedrigen Decken und
feuchten, tropfenden Mauern, die sogar noch älter waren als die große Halle und
das Solarium. Es erinnerte Annie an einige Orte in Amerika, in denen prächtige
Häuser oft um schlichte Blockhütten herum errichtet worden waren.
    »Die Menschen waren früher erheblich
kleiner«, sagte Lucian erklärend und beugte den Kopf, um ihn nicht an einem der
Dachbalken zu stoßen. Er hielt die Laterne hoch, und sie warf einen goldenen
Lichtschimmer auf den staubigen, spinnwebenbedeckten Gang vor ihnen.
    Annie wünschte jetzt, ihr Kleid
gegen ihr bequemes Hemd und die Reithosen ausgetauscht zu haben, bevor sie das
Abenteuer antrat. Angesichts der Möglichkeit, daß die Burg vielleicht schon
bald von aufständischen Truppen besetzt sein würde, lag ihr viel daran,
sämtliche verborgenen Fluchtwege kennenzulernen. Sie dachte an das Tor, das sie
in der Außenmauer der Burg unter dichtem Efeu entdeckt hatte, am Tag, bevor sie
nach Morovia gefahren waren, und fragte sich, ob Lucian etwas von der Existenz
dieses Tores wissen mochte.
    Fast hätte sie ihn danach gefragt,
doch ein vager Instinkt hielt sie davon ab.
    »Haben Sie Angst?« fragte sie ihn
statt dessen.
    »Vor diesen dunklen Gängen und
elenden Löchern hier?« entgegnete er vergnügt, während er mit zielstrebigen
Schritten weiterging.
    »Nein«, erwiderte Annie kurz. Das
Bewußtsein, daß Jeremy Covington und seine Kumpane irgendwo hier in der Nähe
festgehalten wurden, ließ ihr keine Ruhe. Sie hätte sich lieber mit Gespenstern
am gleichen Ort aufgehalten als mit diesen skrupellosen Männern. »Ich meinte,
ob Sie sich nicht sorgen um das, was auf Bavia und Ihre Familie zukommt.«
    Lucian seufzte philosophisch. »Es
ist offensichtlich, daß die Zeit der St. James' abgelaufen ist.« Mit der freien
Hand berührte er eine der feuchten Mauern. »Finden Sie es nicht auch
bezeichnend, wie die Burg allmählich zu Schutt verfällt? Nicht anders ergeht
es jetzt unserem Land und unserer Lebensweise.«
    Tiefe Trauer erfaßte

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