Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hier geleistet wird. Jeder astronomische Fortschritt seit Kopernikus hat den Blick der Menschheit auf sich selbst und ihren Platz im Universum verändert.«
    »Es sind allerdings nicht nur die Ergebnisse. Es ist der Prozess. Mit ein bisschen Geduld hätte Galilei das Prinzip, das hinter dem Teleskop steckt, fast jedem erklären können. Dagegen können selbst die Leute, die die O/BEKs bedienen, einem nicht sagen, wie sie das tun, was sie tun.«
    »Sie fragen also danach, welches die größere Story ist«, sagte Sebastian, »was wir sehen oder wie wir es sehen. Das ist ein interessanter Blickpunkt. Vielleicht sollten Sie mit den Ingenieuren in der Alley sprechen. Die sind wahrscheinlich zugänglicher als die Theoretiker.«
    Weil es ihnen egal ist, was ich der Welt über Galliano berichtet habe, dachte Chris. Weil sie mich nicht als einen Judas betrachten.
     
    Jedenfalls war es eine gute Idee. Nach dem Frühstück rief er Ari Weingart an und bat ihn, ihm einen Kontakt in der Alley zu verschaffen.
    »Der Chefingenieur da draußen ist Charlie Grogan. Wenn Sie möchten, setz ich mich mit ihm in Verbindung und versuche ein Treffen zu arrangieren.«
    »Das wäre nett«, sagte Chris. »Irgendwas Neues wegen der Abriegelung?«
    »Tut mir leid, nein.«
    »Keine Erklärung?«
    »Es ist ungewöhnlich, sicher, aber nein, keine Erklärung. Und Sie brauchen mir nicht zu erzählen, wie sauer die Leute sind. Wir haben jemanden in der Personalabteilung, bei dessen Frau die Wehen eingesetzt haben, kurz bevor die Tore geschlossen wurden am Freitag. Sie können sich vorstellen, wie glücklich er über die ganze Angelegenheit ist.«
    Seine Situation war aber nicht völlig einzigartig. Am Nachmittag interviewte Chris drei weitere Tagesarbeiter in der Sporthalle von Blind Lake, und die waren wenig geneigt, über irgendetwas anderes zu sprechen als die Abriegelung – Familien, die sie nicht erreichen konnten, allein gelassene Haustiere, geplatzte Verabredungen. »Das Mindeste wäre doch, dass sie uns eine verdammte Audioleitung nach draußen geben«, schimpfte ein Elektriker. »Ich meine, was sollte da passieren? Dass jemand über Telefon Bomben auf uns wirft? Es gibt jetzt auch immer mehr Gerüchte, was ganz natürlich ist, wenn man keine echten Nachrichten bekommt. Da draußen könnte ein Krieg in Gang sein, und wir wüssten es nicht.«
    Er konnte ihnen nur beipflichten. Eine vorübergehende Sicherheitsblockade, gut und schön. Fast eine Woche lang aber ohne jeden Informationsfluss in die eine oder andere Richtung auskommen zu müssen, das grenzte an Irrsinn. Wenn das noch lange so weiterging, musste man annehmen, dass draußen etwas wirklich Tiefgreifendes geschehen war.
    Und vielleicht war es das auch. Aber das war keine Erklärung. Welche Bedrohung konnte eine Netz- oder Videoverbindung, selbst in Kriegszeiten, schon darstellen? Wozu nicht nur die gesamte Bevölkerung von Blind Lake unter Quarantäne stellen, sondern auch alle ihre Datenkanäle? Was wurde da von wem verborgen? Und vor wem?
     
    Er hatte die Absicht, die Stunde vor dem Abendessen damit zu verbringen, seine Notizen in irgendeiner Form zu ordnen. Er begann die Möglichkeit eines fertig gestellten Artikels ernsthaft ins Auge zu fassen, vielleicht nicht unbedingt über zwanzigtausend Wörter, wie es der Vorstellung von VE entsprach, aber doch einigermaßen nahe dran. Er hatte sogar schon eine These parat: Wunder, begraben unter der Gleichgültigkeit der Menschen. Die verschlafene Kultur von UMa47/E als ferner Spiegel.
    Ein Projekt wie dieses würde ihm guttun, würde vielleicht den Glauben an sich selbst ein Stück weit wieder herstellen. Oder er würde morgen neuerlich im zermürbenden Nebel des Selbstekels erwachen, im Wissen, dass er definitiv niemandem etwas vormachen konnte mit seiner Handvoll von halb transkribierten Interviews und seinen zerbrechlichen Ambitionen. Das war auch möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich.
    Als er von seinem Pocket-Server aufblickte, sah er, dass Elaine auf ihn zugesteuert kam. »Chris!«
    »Ich hab grad keine Zeit.«
    »Da ist irgendwas am Südtor los. Dachte, das würde Sie vielleicht interessieren.«
    »Worum geht’s denn?«
    »Was weiß ich? Irgendwas Großes kommt mit niedriger Geschwindigkeit die Straße runter. Sieht aus wie ein unbemanntes Fahrzeug. Man kann’s vom Hügel hinter der Plaza aus sehen. Kann das kleine Ding, das Sie da haben, auch Videoaufnahmen machen?«
    »Sicher, aber …«
    »Dann bringen Sie’s mit. Na

Weitere Kostenlose Bücher