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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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dass er offen darüber spricht.«
    »Vielleicht. Insofern er damit bezweckt, sein Prestige zu erhöhen, ist es umso besser, je mehr er darüber spricht.«
    »Der Plan ist abstrus. Hat er ihn jemandem unterbreitet, der ihn ausführen könnte?«
    »In der Tat, er hat ihn dem Maréchal Louvois vorgelegt, der zurückgeschrieben und ihn angewiesen hat, Vorbereitungen zu treffen.«
    »Wie lange ist das her?«
    »So lange, Mademoiselle, dass die Vorbereitungen mittlerweile getroffen sein dürften.«
    »Ihr seid also hierher gekommen, um Wilhelm zu warnen?«
    »Ich habe mich bemüht, ihn zu warnen«, sagte Fatio, »aber er gewährt mir keine Audienz.«
    »Sehr seltsam, dass Ihr Euch dann ausgerechnet an mich wendet. Wie kommt Ihr auf den Gedanken, ich hätte das Ohr des Prinzen von Oranien? Ich lebe in Versailles und investiere Geld für Angehörige des französischen Hofes. Ich reise ab und zu hierher, um mich mit meinen Maklern zu besprechen und um mit meinem lieben Freund und Kunden, dem Comte d’Avaux, zusammenzutreffen. Wie um alles in der Welt kommt Ihr darauf, dass ich irgendeine Verbindung zu Wilhelm habe?«
    »Es genügt wohl, wenn ich sage, dass ich es weiß«, gab Fatio gelassen zurück.
    »Wer weiß es sonst noch?«
    »Wer weiß, dass sich Körper in einem invers quadratischen Feld auf Kegelschnitten bewegen? Wer weiß, dass die Ringe des Saturn untereinander geteilt sind?«
    »Jeder, der die Principia Mathematica liest bzw. durch ein Fernrohr schaut.«
    »Und so viel Witz hat zu begreifen, was er da gelesen oder gesehen hat.«
    »Ja. Jeder kann Newtons Buch besitzen, aber verstehen können es nur wenige.«
    »So ist es, Mademoiselle. Und genauso kann jeder Euch beobachten oder sich Klatsch über Euch anhören, aber diese Daten zu interpretieren und die Wahrheit zu erkennen, erfordert Gaben, die Gott eifersüchtig hortet und nur sehr wenigen verleiht.«
    »Habt Ihr denn aus Gesprächen mit Euren Brüdern viel über mich erfahren? Denn ich weiß, dass sie an jedem Hof, jeder Kirche und jedem College zu finden sind und dass sie einander an Zeichen und Codewörtern erkennen. Nur keine Scheu, Fatio, das ist ganz und gar langweilig.«
    »Scheu? Es fiele mir nicht im Traum ein, eine Frau von Eurer Weltklugheit dadurch zu beleidigen. Ja, ich sage Euch frei heraus, dass ich einer esoterischen Bruderschaft angehöre, die viele hoch gestellte und mächtige Personen zu ihren Mitgliedern zählt; dass es nachgerade die raison d’être dieser Bruderschaft ist, Informationen auszutauschen, die nicht wahllos verbreitet werden sollten; und dass ich aus dieser Quelle von Euch erfahren habe.«
    »Wollt Ihr damit sagen, dass Lord Upnor und jeder andere Gentleman, der auf den Fluren von Versailles pisst, von meiner Verbindung zu Wilhelm von Oranien weiß?«
    »Die meisten von ihnen sind poseurs mit sehr beschränkten Verstandesgaben. Ändert nicht Eure Pläne aus der irrigen Vorstellung heraus, sie würden durchschauen, was ich durchschaut habe«, sagte Fatio.
    Eliza, für die das keine sonderlich zufrieden stellende Antwort war, blieb stumm. Ihr Schweigen führte dazu, dass Fatio abermals jenen flehenden Blick bekam. Sie wandte sich von ihm ab – die einzige Alternative wäre verächtliches Schnauben nebst Augenverdrehen gewesen – und schaute auf den Plein hinab. Dort stach ihr etwas ins Auge: eine hoch aufgeschossene Gestalt in dunklem Umhang, mit silbernem, auf die Schultern fallenden Haar. Der Betreffende war vor kurzem aus dem Grenadierstor getreten, als hätte er die Gesellschaft soeben verlassen. Eine Dampfwolke entströmte seinem Mund, als er rief: »Wie ist die Sicht heute Nacht?«
    »Viel besser, als mir lieb ist«, gab Eliza zurück.
    »Schlecht, sehr schlecht, Mr. Root, wegen unseres lästigen Nachbarn!«
    »Lasst Euch nicht entmutigen«, sagte Enoch der Rote, »ich glaube, dass Pegasus heute Nacht von einem Meteor geziert werden wird; dreht Euer Fernrohr dorthin.«
    Eliza und Fatio wandten sich beide zu dem Fernrohr um, das ihnen diagonal gegenüberstand, was bedeutete, dass Huygens und Waterhouse Enoch Root weder sehen noch hören konnten. Als sie sich wieder umdrehten, hatte Root ihnen den Rücken gekehrt und verschwand in eine der vielen schmalen Seitenstraßen des Hofgebied.
    »Überaus enttäuschend! Ich wollte ihn heraufbitten... er muss von dem Fest im Binnenhof gekommen sein«, sagte Fatio.
    Eliza beendete den Gedanken selbst: Wo er mit meinen Brüdern am holländischen Hof zusammengesessen hat – mit

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