Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
lachte, sie fieberte mit, und als der Held in einem dramatischen Duell mit dem Bösewicht focht, ergriff sie seine Hand und hielt sie angespannt fest.
Ravens Herz wurde schwer. Wieso musste die Lage zwischen ihnen so kompliziert sein? Dieser Abend mit Kara war herrlich, doch er machte seine Aufgabe nicht leichter.
Und wenn sie alles hinter sich ließen?, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Wenn sie gemeinsam fortgingen und in der Fremde in Frieden lebten ...? Nein, das war unmöglich. Kara war an die Göttin und den Tempel gebunden und er hatte Heron seine Treue zugesagt. Einfach fortzulaufen würde sie beide nicht glücklich machen.
Er seufzte und Kara warf ihm einen unergründlichen Blick zu. Ob sie an das Gleiche dachte wie er? Oder überlegte sie nur, ob er genug Wein und Met getrunken hatte, damit er ihren Fluchtversuch in der Nacht nicht bemerken würde?
Niedergeschlagen richtete Raven seine Aufmerksamkeit wieder auf die Bühne. Das Theaterstück war beendet, nun erfreuten die Spielleute im zweiten Teil der Vorstellung ihre Zuschauer mit Musik und akrobatischen Kunststücken. Vor allem Orwyns älterer Sohn begeisterte das Publikum mit seinem Feuerspucken.
Als eine besonders große Flamme aus seinem Mund kam, kicherte Kara los. »Vielleicht sollte ich den jungen Mann in den Tempel einladen? Dann bekäme die seherische Zeremonie gleich mehr Dramatik.«
Raven schüttelte ungläubig den Kopf. Wie viele Becher Wein hatte Kara getrunken? Vorsorglich legte er den Arm um ihre Taille, als sie später zum Abendessen der Gaukler gingen.
Zerda hatte sehr gut gekocht. Nach dem üppigen Mahl holte Jorin seine Harfe und stimmte eine Ballade an. Kara, Raven und die Spielleute lauschten gebannt dem sehnsuchtsvollen Lied, das von alten Zeiten erzählte, und nach einer Weile lehnte sich Kara an ihn. Wie selbstverständlich umfasste Raven ihren Oberkörper mit seinem Arm, und gemeinsam versanken sie in dem Gesang des Barden.
Die Sterne funkelten bereits am Himmel, als Raven sich neben Kara zum Schlafen ausstreckte. Orwyn hatte darauf bestanden, dass er und Kara in seinem Wagen übernachteten. Jorin durfte bei Loban auf dem Karren schlafen. So lagen sie nun auf einem dicken, weichen Teppich, umgeben von vielen Kissen. Die Wagenplane schützte sie vor Wind und spendete eine gewisse Privatsphäre. Ein wunderbares Lager für ein junges verliebtes Ehepaar , hatte Orwyn mit einem verschmitzten Lächeln gesagt – ahnungslos, wie falsch er mit diesen Worten lag.
Vorsichtig, für den Fall, dass sie schon eingeschlafen war, rückte Raven dichter an Kara heran. Doch bevor er den Arm um sie legen konnte, drehte sie sich zu ihm um. Im fahlen Licht des hereinscheinenden Mondes konnte er ihr Gesicht schemenhaft erkennen.
»Wie lautet ihr Name, Raven?«
Er spürte ihren Atem an seiner Wange, und es dauerte einen Moment, bis er zu sprechen in der Lage war. »Wessen Name?«, erkundigte er sich verwundert.
»Der Name deiner Frau«, erklärte Kara ungeduldig. »Wie heißt sie?«
»Woher willst du wissen, dass ich eine Frau habe?« Ihr Antlitz so nah vor sich zu haben, beschleunigte seinen Puls.
Er hatte die Frage kaum ausgesprochen, da hob Kara die Hand und fuhr mit den Fingern die Konturen seines Gesichtes nach. »Weil ich sehe, dass du ständig an sie denkst. Wenn dein Blick traurig wird und in sich gekehrt bist du in Gedanken bei ihr, habe ich recht?«
Unter ihrer Berührung stockte Raven der Atem. »Was sollte einer Frau an mir gefallen?«, brachte er mühsam hervor.
»Das weißt du sehr genau!« Kara schnaubte empört. »Aber wenn du darauf aus bist, ein paar Komplimente über dich zu hören, bitte. Ich bin betrunken genug, dir diesen Gefallen zu tun.«
»Richtig, du bist völlig betrunken.« Er lachte. »Trotzdem höre ich gern, was du zu sagen hast.«
»Als Allererstes wäre da dein Aussehen«, begann sie. »Du bist groß, hast wunderbar breite Schultern und muskulöse Arme. Aber vor allem deine Augen ... Sie sind von einem fantastischen Blau, so eine Farbe habe ich noch nicht gesehen. Hat dir das noch nie jemand gesagt? Zusammen mit deinen Haaren«, ihre Stimme nahm einen schwärmerischen Klang an, »bringst du jedes Frauenherz zum Schmelzen.«
Sprach sie wirklich von ihm? Er konnte kaum glauben, was sie da von sich gab.
Doch Kara war noch nicht fertig. Mit ernster Stimme fuhr sie fort: »Das, was dich wirklich anziehend macht, ist deine Art.«
»Ach, ich dachte, ich wäre ein seelenloser Verräter«, erinnerte er
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