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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Stücks aufzustehen und Essen oder Getränke zu holen. Es gab sogar Leute, die nur ins Mondscheintheater gingen, um sich vor der Essensausgabe herumzudrücken, Wein zu trinken und zu reden. Auch Tore hatte keine Lust, wieder auf die Tribüne zurückzukehren.
    „ Die verdursten schon nicht“, sagte er, als Elsa ihn an Marie-Rosas Bestellung erinnerte.
    Ziemlich schnell fand sich Elsa mit Tore in einer dunklen Ecke wieder und hörte gerade noch, wie die Nixe eingefangen und in ein Aquarium gesperrt wurde. Dann presste Tore seine Lippen auf die ihren und quetschte ihren Oberkörper mit seinen Händen gegen die Wand. Elsa hatte keine Erfahrung mit Küssen, ahnte aber, dass es sich bei Tore um keinen begnadeten Küsser handelte. Ein bisschen sensibler hatte sie sich das Ganze schon vorgestellt. Sie fühlte sich weniger geküsst als geknebelt und das auf eine sehr nasse Art und Weise. Hinzu kam, dass seine Hände immer tiefer wanderten und ihr die Kleidung zunehmend vom Leib rubbelten, was schlechte Erinnerungen in ihr wachrief. Unwillkürlich musste sie an Edon Weiss denken, an seine Zunge in ihrem Genick und all das, was sich unter ihren Röcken abgespielt hatte. Das ernüchterte sie vollends. Sie schob Tore von sich weg, was gar nicht so einfach war, und wischte sich den Mund mit ihrem Ärmel ab.
    „ Nein“, sagte sie, „das bringt nichts.“
    Tore starrte sie fassungslos an. Am liebsten hätte er ihr eine runtergehauen, das stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Aber weil man so was nun mal nicht machte, wandte er sich abrupt ab und ging ohne ein Wort. Im gleichen Moment fing die Nixe zu singen an. Elsa blieb etwas ratlos in ihrer dunklen Ecke stehen und atmete tief durch. Dann kehrte sie zu Marie-Rosa und Gunther-Sven zurück.
    „ Wo hast du den Saugnapf gelassen?“, fragte Gunther-Sven. „Den kann man doch gar nicht verlieren, so fest, wie der klebt.“
    Damit brachte er Elsa zum Lachen.
    „ Ich glaube, er ist heimgegangen“, sagte sie. „Ich schätze, das war unsere letzte Verabredung.“
    Das hob Gunther-Svens Stimmung um einiges, ebenso wie der gewürzte Wein, den sie ihm mitgebracht hatte. Es war etwas taktlos, aber als die Nixe im letzten Akt in den Armen des Beamten starb, nachdem er zur Einsicht gelangt und sie befreit hatte, waren Marie-Rosa, Gunther-Sven und Elsa so guter Laune, dass sie aus dem Kichern nicht mehr herauskamen. Mit all den anderen Besuchern, denen es ähnlich ging, verließen sie das Mondscheintheater und stürmten die nächste Milchbar. Für den Rest des Abends saß Marie-Rosa halb auf Gunther-Svens Schoß, doch Gunther-Svens Augen hingen an Elsa. Gegen Mitternacht, als sich Elsa vor ihrer Haustür von Gunther-Sven verabschiedete, kam es zu einer ungemütlichen Aussprache.
    „ Du und Marie-Rosa, ihr würdet wirklich gut zusammenpassen“, sagte sie.
    „ Aber du passt viel besser zu mir, Elsa!“, erklärte er ihr.
    „ Nein, das kommt dir nur so vor. Ist dir nie aufgefallen, dass ich komische Augen habe? Augen, die wie Löcher sind, weil sie nirgendwo aufhören?“
    „ Was redest du für einen Unsinn, Elsa, du hast sehr schöne Augen.“
    Sie schwieg.
    „ Natürlich bist du manchmal seltsam“, fuhr er fort, „aber genau das mag ich ja an dir!“
    „ Könntest du dir vorstellen, dass ich mich in einen Vogel verwandle und einfach wegfliege?“
    „ Siehst du, das meine ich“, sagte er. „Manchmal spinnst du, aber das macht nichts. Dagegen sind die anderen langweilig!“
    „ Ich kann mich an so vieles erinnern, das niemals passiert ist“, klagte sie „Aber wenn es wirklich nie passiert ist, kann ich auch nie ein ganzer Mensch werden. Dann fehlt etwas. Das, was mir fehlt, bringt mich um den Verstand. Es ist schlimmer geworden.“
    „ Du brauchst jemanden, der sich um dich kümmert“, sagte Gunther-Sven auf eine sehr nette Art, die Elsa nicht behagte.
    „ Ich kann das nicht“, sagte sie, „ich kann nicht für den Rest meines Lebens so tun, als wäre alles normal. Ich kann nicht vergessen! Ich habe dich sehr gern, Gunther-Sven, und ich hoffe, wir werden immer Freunde bleiben, aber es gibt etwas in mir, das du nicht sehen kannst. Und so lange ich niemanden finde, der mit diesem Nichts, das in mir wütet, zurechtkommt, will ich alleine bleiben.“
    „ Du gibst mir ja keine Chance!“, schimpfte er. „Du bist immer so verschlossen!“
    Elsa sah ihn an. Es war sehr still auf der Straße, es regnete nicht und es fuhren keine Autos mehr durch die Straßen. Das Licht

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