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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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Eifel ist ein raues, einfaches Land, und ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass unsere Klientel es für gewöhnlich vorzieht, ihre freien Tage irgendwo an der Côte oder auf den Malediven zu verbringen. Ich bin sicher, Sie verstehen, was ich meine.« Zu Herbies Erleichterung wartete er gar keine Antwort ab, sondern setzte die Laudatio auf das   Hotel Eifelhöhe   ungebremst fort. »Zuerst waren da die Seminarräume, die von Anfang an recht gerne genutzt wurden. Die Nähe zu den nordrheinwestfälischen Industrie- und Wirtschaftszentren hat uns da in die Tasche gespielt. Und die Leute, die unser Haus auf diese Art und Weise kennengelernt haben, die kommen wieder, und zwar mit Begeisterung. Und beim zweiten Mal dann ausschließlich zur Entspannung! Verstehen Sie, was ich meine? Wir haben über die Ahr hin einen Keil in diese Diaspora getrieben! Wer in dem einen Jahr in Bonn logiert, der steigt schon im nächsten Jahr bei uns ab! Als ich diesen ollen Kasten vor Jahren gekauft habe, wusste ich von Anfang an, dass es funktionieren würde.« Selbstverliebt lächelte der erfolgreiche Unternehmer vor sich hin und wandte sich dann mit breitem Grinsen wieder direkt an Herbie, wobei er sich weit über das Armpolster zu ihm hinüberlehnte. »Ich will sagen: Ich kenne meine Pappenheimer!« Er zwinkerte albern. »Wir haben immer wieder mal solche Heinis hier, die glauben, sie könnten hier mit Drahtesel und Rucksack auftauchen. Sie wissen schon ... solche Typen, die mit Lunchpaketen durch die Natur tapern. Natur ist ja ganz schön. Wir haben mehr als genug davon hier drumherum, deshalb haben wir uns ja hier in dieser Einöde niedergelassen. Aber das ist doch nur Kulisse. Nein, solche Idioten haben hier nichts verloren. Da denke ich nur: Roland, nächstes Jahr müssen wir noch mal rauf mit den Preisen, damit das Gesocks uns vom Leibe bleibt!« Er lachte schallend, und Herbie und Julius starrten ihn ungläubig an. In Sekundenschnelle war das Bild des Gentleman in tausend Scherben zerfallen.
    »Meine Kellner haben mich zuerst drauf aufmerksam gemacht ...«
    Herbie fühlte sich unbehaglich. Er begann, in seinem Sessel hin und her zu rutschen.
    »Ich kann mich ohne falsche Bescheidenheit rühmen, die feinsten Weine weit und breit auf der Karte zu führen. Von der Memel bis zum Belt, möchte ich fast sagen.« Wieder lachte er ungehemmt. »Und es gibt ein paar echte Schätzchen darunter, die ich im Grunde genommen nur anbiete, weil ich ein bisschen angeben will, wenn Sie wissen, was ich meine ... Na ja, und Sie haben heute zu Ihren Mahlzeiten eine ganze Flasche 74er Château Lafite geleert. Eine vorzügliche Wahl, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten! Ich habe viele Gäste, die einen guten Tropfen schätzen, aber ich habe selten welche, die sich diese Freude gönnen.« In Erwartung einer Erklärung lächelte er Herbie beseelt an und begann, ausgiebig seinen buschigen Schnurrbart zu zwirbeln.
    Sag jetzt nichts Unbedachtes! Verwende keine Fachausdrücke, die du nicht verstehst, und vor allen Dingen: Erzähl ihm nicht, dass du normalerweise mit einer Flasche Pennerglück aus dem Aldi vorliebnimmst!
    »Nun ...«, begann Herbie zaghaft. »Ich habe meine Wahl nicht bereut.« Und er atmete innerlich erleichtert auf, da er glaubte, eine besonders diplomatische Floskel gewählt zu haben.
    »Das höre ich gern. Ich habe nichts anderes aus Ihrem Munde erwartet. Ich sagte ja bereits: Ich kenne meine Pappenheimer! Einen echten Weinkenner wittere ich meilenweit! Herr Lohse ...« Ein paar Sekunden lang herrschte Stille. »Darf ich Ihnen meinen Weinkeller zeigen? Ich verspreche Ihnen, dass Sie dort ein paar echte Überraschungen finden werden!«
    Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ich finde, wie er das vorbringt, hört sich das fast wie ein Heiratsantrag an .
    »Bitte schlagen Sie mir diesen Wunsch nicht ab! Nur eine kurze Begehung. Sie werden es nicht bereuen!« Es machte beinahe den Eindruck, als wolle er Herbie aus dem Sessel herausziehen. Eine Gegenwehr war kaum möglich. Herbie, immer noch verdattert, zog es vor zu schweigen, und dieses Schweigen deutete der Hotelier als Zustimmung.
    »Wunderbar!« Mit festem Griff geleitete er Herbie quer durch die Halle. Es hatte etwas von einer Verhaftung. Im Vorbeigehen rief er der Dame an der Rezeption barsch seine Instruktion zu: »In der nächsten Stunde bin ich nicht zu sprechen! Für keine Menschenseele, kapiert?«
    Der Aufzug brachte sie in ein Kellergeschoss. Ein aufdringlicher Geruch von

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