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Rabenvieh (German Edition)

Rabenvieh (German Edition)

Titel: Rabenvieh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Anhofer
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als Kellnerin im Grazer Bahnhofsrestaurant, weiter in die Innenstadt in eine Boutique als Warensortiererin und anschließend in die Schule.
    Durch meinen Zweitjob bekam ich es gerade so auf die Reihe, die Raten bei der Bank zu begleichen. Geld für mich und meine Bedürfnisse blieb dabei keines mehr übrig. Sehr oft dachte ich daran, meine Pflegemutter zu verklagen. Allerdings musste ich keinen Anwalt zurate ziehen, um zu wissen, dass meine Chancen, diesen Prozess für mich zu entscheiden, aufgrund mangelnder Beweise gleich null gewesen wären. Ich beschloss daher, sie anzurufen, um ihr zu drohen, alles auffliegen zu lassen. Das war meine einzige Chance, die ich noch sah. In der Zwischenzeit hatte ich mich auch damit auseinandergesetzt, dass sie dieses Geld sicher nicht für eine Rückzahlung an das Finanzamt benötigte. Ich war fast davon überzeugt, dass dieses Geld für Friederike oder wem auch immer gedacht war. Warum sonst durfte niemand davon wissen. Hätte ich damals nur mitgedacht und mir dieses angebliche Schriftstück vorlegen lassen, würde ich nun nicht vor einem finanziellen Desaster stehen.
    Ich wusste, wie nervös ich bei diesem Vorhaben sein würde und so schrieb ich mir im Vorhinein alles, was ich ihr sagen wollte, auf ein Blatt Papier. Ich nahm mir vor, sie erst gar nicht zu Wort kommen zu lassen. Ein Versuch war es allemal wert.
    Mir schlug mein Herz wieder einmal bis zum Hals, als ich viele Monate später an einem Nachmittag das Blatt Papier in die Hand nahm, zum Telefonhörer griff und ihre Nummer wählte. Als sie abhob, ließ ich ihr nicht mal die Möglichkeit etwas zu sagen. Ohne Pause ratschte ich alles runter, was auf dem Blatt Papier stand. Ich setzte ihr ein Ultimatum von zwei Monaten. Sollte ich innerhalb der genannten Frist nicht zu meinem gesamten Geld kommen oder würde sie zumindest nicht beginnen, die monatlichen Raten an die Bank zu überweisen, würde ich alle darüber in Kenntnis setzen und es außerdem in Betracht ziehen, sie zu verklagen. Danach legte ich einfach auf.
    Unmittelbar, nachdem ich aufgelegt hatte, überkam mich das schlechte Gewissen. Woher sollte sie das Geld nehmen? Es war nicht fair von mir, dass ich so handelte, dachte ich. Auch wenn dieses Geld nicht für das Finanzamt gedacht war, ich kostete ihnen doch, so wie meine Pflegemutter es mir am Telefon vorgehalten hatte, sicher eine ganze Menge in all den Jahren. Ich fühlte mich grottenschlecht.
    Wie auch immer, meine Drohung trug Früchte. Ich bekam mein Geld innerhalb weniger Wochen auf mein Konto überwiesen – selbstverständlich ohne Darlehenszinsen. Für Letztere musste ich selbst aufkommen.
    Meine Pflegemutter hatte es doch wieder einmal geschafft, mich zu demütigen, zu kränken und mich zutiefst zu verletzen. Gut, man könnte auch genauso gut sagen, ich war so dumm und ließ mich erneut so behandeln. Schließlich zwang sie mich doch nicht dazu, dieses Darlehen für sie aufzunehmen. Ich hätte mich für meine eigene Blödheit ohrfeigen können, allen voran deshalb, weil ich es bis dahin ganz offensichtlich noch immer nicht wahrhaben wollte, dass mich diese Familie zu keiner Zeit aus Liebe bei sich aufgenommen hatte. Ich war nur Mittel zum Zweck - nicht mehr und nicht weniger. Ich schwor mir, sie nie mehr wieder in mein Leben zu lassen.

Meine Wurzeln

    Der Wunsch, meine leiblichen Eltern kennenzulernen, war ungebrochen groß. Schließlich wollte ich mich selbst davon überzeugen, ob meine Eltern wirklich so schlecht waren, wie ich es des Öfteren zu hören bekam.
    Also beschloss ich, mit meinen knapp dreißig Jahren sie zu suchen, egal, was es kosten und wie lange es dauern würde. Patrick, mein damaliger Lebenspartner stand mir liebevoll und hilfreich zur Seite.
    Der Taufschein war das einzige Dokument, das ich besaß und anhand dessen wusste ich zumindest, wo meine Eltern damals wohnhaft waren, und wen ich als Taufpaten hatte. Mit diesem Dokument begab ich mich auf zahlreiche Ämter und Behörden, zahlte oftmals unverschämt hohe Gebühren, helfen konnte oder wollte mir letztendlich niemand. Als häufigste Begründung hörte ich, dass meine Eltern einen Familiennamen besäßen, der es aufgrund der Häufigkeit unmöglich mache, sie ausfindig zu machen. Was die Häufigkeit meines Familiennamens betraf, das war soweit auch korrekt. Von den Ämtern und Behörden konnte ich mir demnach keine Hilfe erwarten, und so begann ich, mich vom ursprünglichen Wohnort meiner Eltern aus Schritt für Schritt weiter

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