Rache - 01 - Im Herzen die Rache
und sie nicht mehr erkennen konnte, was sie tat. Und plötzlich strömten heiße Tränen über ihre Wangen. Sie ließ sich zurück in den Sitz sinken, die Augen geschlossen, und gab sich geschlagen. All die Gefühle der letzten Tage überwältigten sie. Sie legte ihre Tasche wieder zurück zwischen die Füße.
JD räusperte sich und kurbelte beide Fenster einen Spaltbreit herunter. Die Scheiben waren ganz beschlagen. Die kalte Luft durchschnitt die Spannung, die zwischen ihnen lag. »Em?«
Einen Augenblick lang war sie unfähig zu sprechen. Und dann wusste sie, dass sie alles erzählen würde.
»Du hast recht«, rückte sie schließlich mit der Sprache heraus. »Du hast recht, okay? Die Situation ist komisch. Es ist komisch, weil es stimmt. Ich hab so viel Zeit mit ihm verbracht – mit Zach –, weil … irgendwie ist da was zwischen uns. Wir … haben uns ineinander verliebt. An Heiligabend, als ich weg bin, da ist es passiert … Also, das willst du doch sicher gar nicht alles hören. Aber ja, es ist wahr.« Em wusste nicht genau, ob sie jetzt trotzig sein sollte oder sich eher entschuldigen oder schämen müsste. Sie wartete einen Moment, doch JD reagierte nicht. Sie rieb sich die Hände an den Oberschenkeln.
»Weißt du, das kam nicht einfach über Nacht. Es ist über eine längere Zeit gewachsen«, fuhr sie fort. »Und es ist was Ernstes. Wir warten nur noch, bis Gabby zurückkommt, um es ihr zu sagen. Und JD, es ist wirklich schwierig, aber ich weiß, dass es richtig ist. Ich meine, es ist natürlich auch falsch, das weiß ich auch. Aber es gehört zu den Dingen, gegen die man machtlos ist.«
Er sagte immer noch nichts. War er jetzt schockiert? Em konnte sich nicht erinnern, JDs Gesicht jemals so gesehen zu haben: kreidebleich und wütend.
»Das ist dein Ernst«, sagte er schließlich langsam und es klang mehr nach einer Feststellung als nach einer Frage.
»Ja.«
Er starrte stur geradeaus, die Hände in den Schoß gelegt. »Hast du das gewusst? Neulich abends, als du zu ihm gefahren bist, hast du da gewusst, was passieren würde?«
»Nein. Natürlich nicht.« Em musste sich das immer wieder selbst einreden.
»Er schon.«
»Wie meinst du das?« In ihrer Panik glaubte Em für einen Moment, Zach könnte vielleicht wirklich mit JD darüber gesprochen haben. »Woher weißt du das?«
»Weil er so einer ist, Em. Glaubst du im Ernst, er hätte dich am Weihnachtsabend zu sich eingeladen, wenn er nicht angenommen hätte, dich rumzukriegen?« JDs Augenlider flatterten vor Aufregung. Würde es so sein, wenn sie es Gabby sagten?
»Das hat mit rumkriegen nichts zu tun, JD. Das ist was anderes. Ich weiß, es macht vielleicht einen komischen Eindruck, aber ich glaube, wir gehören zusammen. Es fühlt sich einfach richtig an. Wir werden es Gabby erklären.«
»Ich nicht.« JD rotzte die Worte beinahe hin. Em fuhr erschrocken zusammen.
»Was tust du nicht?« Sie versuchte, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.
»Ich glaub nicht, dass ihr zusammengehört. « An dieser Stelle malte JD mit den Fingern übertrieben große Anführungszeichen in die Luft, um sich über sie lustig zu machen.
Em spürte langsam Wut in sich aufsteigen. »Schön. Weißt du was? Es ist mir egal, was du denkst. Du verstehst das nicht. Hab ich auch nicht von dir erwartet.«
»Stimmt. Ich verstehe das nicht. Zach benutzt die Leute, Em. Merkst du das denn nicht? Und jetzt mal im Ernst? Du willst es Gabby erklären? Du hast doch selbst gesagt, dass Zach ihr Ein und Alles ist. Und du glaubst wirklich, sie wird es verstehen?«
Jetzt verwandelte sich Ems Wut plötzlich in Alarmglocken, die in ihrem Inneren bimmelten – schrill und laut. Was, wenn JD recht hatte? Was hatte sie da bloß angefangen? Sie öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, doch JD hob die Hand und schnitt ihr das Wort ab.
»Hör auf. Ich will nichts mehr davon hören.« Er legte den Rückwärtsgang ein und fuhr los. Offensichtlich hatte er entschieden, dass ihre Einkaufstour beendet war.
»Ach, und das war’s dann mit Reden?« Em schlug mit der Hand auf das Armaturenbrett, heftiger, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte. »Das machst du immer.«
»Was mache ich immer, Em?« JD trat voll auf die Bremse und blitzte sie an.
»Du sitzt auf deinem hohen Ross und triffst die Entscheidungen. Zum Beispiel, jetzt loszufahren, was offensichtlich auch bedeutet, dass unser Gespräch beendet ist. Damit du einfach so nach Hause fahren und einfach – einfach so auf mich
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