Rache - 01 - Im Herzen die Rache
Gedicht schrieb. Sie hatte im Grunde keine andere Wahl, als Ja zu sagen. Doch vorher wollte sie noch zu Staples oder eventuell zu dem großen Schreibwarenladen bei Portland, um ein neues Notizbuch zu kaufen. Da sie Gabby logischerweise nicht erzählen konnte, was sie gerade durchmachte, würde ihr Tagebuch für ihre beste Freundin einspringen müssen.
»Was für ein Notizbuch suchst du denn? Ein kleines, das in die Handtasche passt? Oder ein großes, wie ein Collegeblock?«
»Das weiß ich eigentlich noch nicht so genau.« Em hatte auch schon über diese Frage nachgedacht. »Ich hab ja schon mein Haupttagebuch. Dieses hier will ich auch für Schreibprojekte benutzen, nicht nur für persönliche Gedanken. Verstehst du? Aber es darf nicht zu hübsch sein – wenn es zu hübsch aussieht, dann benutze ich es bestimmt nicht.«
»Wie mein Hut etwa?« JD trug heute einen orangefarbenen Filzhut mit blau kariertem Band rund um die Krempe. »Ein kleines bisschen zu hübsch, hm?« Er grinste sie an und wartete darauf, dass sie anfing zu lachen.
»Ja, genau wie dein Hut. Mit dem du aussiehst wie ein wild gewordener Zuhälter aus einem schlechten Krimi.« Sie lachte, als sie auf den Parkplatz einbogen. »Gott sei Dank sind wir da. Ich brauche jetzt dringend meinen Kaffee, wenn ich den ganzen Tag mit dir und deinem Hut überleben soll.«
Mit heißem Kaffee (massenweise Milch und einem Stück Zucker für JD, wenig Sahne und kein Zucker für Em) und Eier-Käse-Croissants gestärkt, machten sie sich auf den Weg zu Staples, das sich in einem Shoppingcenter in der Nachbarstadt befand. Auf dem Highway nippte Em an ihrem Kaffee und blickte aus dem Fenster, angeblich, um nach Nummernschildern Ausschau zu halten, aber auch, um an Zach zu denken. Sie hatte extra ihr Handy auf lautlos gestellt, damit sie nicht den ganzen Tag lang auf einen Anruf von ihm wartete.
Trotzdem musste sie ununterbrochen über den vorigen Nachmittag nachgrübeln. Sie hatte vorgegeben, Zach in Mathe zu helfen – Algebra, fette Prüfung Ende Januar – und sich von JD bei ihm absetzen lassen. Das mit dem Lernen war nicht allzu weit hergeholt. Sie und Zach waren im selben Mathekurs und sie war besser als er. Sie begriff, wie man Gleichungen mit Unbekannten löste.
In Wirklichkeit hatte Zach sie allerdings eingeladen, einen Film anzuschauen, doch als sie ankam, war er auf dem Motorschneepflug im Garten hinterm Haus unterwegs, fuhr Achten in den Schnee und rief ihr zu, sie solle aufspringen. Das tat sie und klammerte sich von hinten an ihn, als säße sie auf der Rückbank eines Motorrads, kicherte und vergrub, weil es so kalt war, die Nase in seinem Schal.
»Du bist eine super Beifahrerin!«, hatte er über das laute Dröhnen des Motors gebrüllt. Und sie hatte sich noch fester an ihn gedrückt.
Drinnen hatten sie sich bis auf T-Shirts, Socken und Unterwäsche ausgezogen, an manchen Körperstellen schwitzend, an anderen frierend, und waren bei einem Videofilm auf seinem Bett zusammengesunken. Viel weiter als bis zur Vorschau waren sie allerdings nicht gekommen. Sie küssten sich, lachten miteinander und wälzten sich in den sauberen Laken seines großen Bettes herum. Alles an ihm war so … männlich. Schlichte, gestärkte Bettwäsche, sparsame, schnörkellose Möblierung. In dem Bücherregal in seinem Zimmer standen Vorbereitungsbücher für den Collegeaufnahmetest und Lehrwerke aus dem Politikkurs, den er letzten Sommer im örtlichen Community College belegt hatte. Er versuchte nicht mehr, ihr die Hand in die Hose zu schieben. Sie warteten einfach, bis sie es Gabby sagen konnten, und bis dahin genoss Em es, Zach auf alle möglichen Arten zu küssen, lang und fest oder zart und neugierig abwartend, und dabei seinen unglaublich schönen Bauch zu berühren und seine Arme anzufassen. Unter ihm zu liegen und anschließend auf ihn draufzukrabbeln, sodass ihre Haare eine Höhle um ihre Gesichter bildeten.
Es fühlte sich so echt an. Und so anders als alle anderen zufälligen Knutschereien, die sie vorher gehabt hatte – betrunken auf Partys oder auf dem Vordersitz eines Autos, mit Schalthebeln, die sich einem in die Hüfte bohrten, oder, ganz was Besonderes: das Steve-Sawyer-After-School-Keller-Special, wie Gabby es gern nannte.
In Wahrheit war Em noch nie richtig verliebt gewesen. Das wusste sie. Und abgesehen von der Tatsache, dass sie jetzt so intensive Gefühle für Zach hatte, war sie schon immer auf Gabby und Zach neidisch gewesen: auf ihre Beziehung,
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