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Rache - 01 - Im Herzen die Rache

Rache - 01 - Im Herzen die Rache

Titel: Rache - 01 - Im Herzen die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Miles
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ihren Handys am Ohr vorbei; Eltern zerrten an Knäueln von Kindern, die von den Lichtern, Klängen und Schaufensterauslagen wie gebannt stehen blieben. Em lächelte und blickte hinauf zu den riesigen Häusern, der Bibliothek und der Sonne, die gerade hinter den sandsteinfarbenen Gebäuden unterging. Sie konnte es kaum erwarten, bis das Feuerwerk losging.
    Als sie bei Maintenance ankam, brannten die Verkäuferinnen augenscheinlich schon darauf, endlich Feierabend machen zu können. Wer würde das nicht? Doch Em ließ sich Zeit und schlenderte durch das Kaufhaus, strich über Schals und hielt sich Pullover vor die Brust. Sie musste das perfekte Geschenk finden, eines, das alles wiedergutmachen würde, was sie in den letzten anderthalb Wochen angerichtet hatte. Eines, das bewies, dass sie Gabby kannte, dass sie ihr etwas bedeutete, dass sie alles wieder in Ordnung bringen wollte.
    Noch bevor sie ihn in einem Regal entdeckte, sah sie ihn schon an einer Schaufensterpuppe – einen kornblumenblauen Seidenschal mit eingewebtem Silberfaden. Der Schal, den Gabby sich gewünscht hatte. Im Fenster war er mit einem zarten Pulli in allerpudrigstem Rosa kombiniert – wie etwas vom Dachboden aus einem vergangenen Jahrhundert. Eine wundervolle Kombination und Gabby würde sie lieben, da war Em sich sicher.
    Der Schal kostete fünfzig Dollar; an dem Pullover war kein Preisschild.
    »Was kostet dieser Pulli?«, erkundigte Em sich und hielt einen Ärmel in die Höhe.
    »Hundertfünfundzwanzig«, gab ihr eine übel gelaunte Verkäuferin Auskunft.
    Also hundertfünfundsiebzig Dollar alles zusammen. Das war genau die Summe, die Em noch in ihrem Portemonnaie hatte, und ihre Eltern würden sie umbringen, wenn sie die Kreditkarte für irgendetwas anderes als einen Notfall benutzte. Sie zögerte, aber nur einen kurzen Moment.
    »Ich nehme beides«, sagte sie, »Größe XS.« Sie sah dabei zu, wie Gabbys Geschenk in feines Seidenpapier mit Goldband verpackt wurde.
    Der Uhrzeit auf ihrem Handy nach würde sie zu spät zu ihrem Treffen mit JD kommen. Sie musste die Red Line von der Park Street stadtauswärts via Cambridge nehmen – sie wiederholte die Richtungen wie ein Mantra; sich zu verfahren, war jetzt das Letzte, was sie brauchen konnte. Mit ihren Taschen und dem U-Bahn-Ticket jonglierend, hastete sie hinunter an den Park-Street-Bahnsteig. Sie zog ihr Handy heraus, um JD zu simsen, dass sie sich ein wenig verspätete, hielt jedoch verdutzt inne, als sie plötzlich wieder dieses Mädchen sah – das blonde Mädchen, Ali. Sie stand am gegenüberliegenden Bahnsteig und starrte zu ihr herüber. Dabei hatte sie ein seltsames Lächeln im Gesicht, so als würde sie ein ganz dunkles Geheimnis kennen. Als der Zug vorbeirauschte, flog ihr das Haar ums Gesicht wie eine Löwenmähne.
    Em zuckte zusammen. Verfolgte dieses Mädchen sie etwa?
    Als die U-Bahn sich in Bewegung setzte, ließ sie sich mit einem Seufzer der Erleichterung auf ihrem Platz nieder. Der Waggon war gut besetzt, aber nicht überfüllt und die Luft roch nach feuchter Wolle. Der Zug passierte eine Haltestelle, dann noch ein paar weitere, während Em still dasaß und die Leute um sich herum beobachtete und sich fragte, wie es wohl wäre, in einer Großstadt zu wohnen, wo jeder sein eigenes Leben hatte und nicht ein von Eltern oder besten Freunden bestimmtes.
    Sie war gerade dabei, Gabbys Geschenk zu verstauen, als sie jemanden husten hörte. »Entschuldigung. Hält dieser Zug am Kendall Square?«
    Em blickte auf und wollte schon auf den U-Bahn-Plan über ihren Köpfen zeigen, als plötzlich ihr Herz stehen blieb. Einfach stehen blieb und mindestens fünf Sekunden lang nicht weiterschlug. Direkt vor ihr, in diesem Zug, stand – ungeachtet der Tatsache, dass sie es einen Augenblick zuvor noch an dem Gleis, das in die entgegengesetzte Richtung führte, gesehen hatte – das Mädchen. Ali. Das war unmöglich.
    »Du – du verfolgst mich«, stieß Em hervor.
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern, legte lediglich ohne jegliche Erklärung den Kopf zur Seite – wieder mit diesem irren Lächeln auf den Lippen.
    Ems Hals wurde ganz trocken. Sie versuchte zu schlucken oder zu husten, doch der Speichel schnürte ihr direkt unterhalb der Mandeln die Kehle zu. Als der Zug vor der nächsten Haltestelle verlangsamte, sprang sie auf. Und stürzte auf die automatischen Schiebetüren zu.
    »Entschuldigung, ich muss vorbei«, krächzte sie die Fahrgäste an und ihr war bewusst, wie panisch sie sich

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