waren der Größe nach auf der Kommode aufgereiht. Alles sah aus wie geleckt – fast schon unheimlich. Die Hanteln in Reih und Glied an die Wand gelehnt. Das Bett ordentlich gemacht. Man konnte sich kaum vorstellen, dass Chase überhaupt in dieses schmale Einzelbett gepasst hatte. Ems Blick fiel auf sein Playbook, das mitten auf seinem Nachttisch lag; und sie wunderte sich über sich selbst, weil ihr der Atem stockte und ihre Augen sich mit Tränen füllten, als sie mit der Hand über den Einband strich.
Sie ging zur Kommode und fuhr mit den Fingern über die Pokale. Sie zog die oberste Schublade einen Spaltbreit auf und schob sie lautstark wieder zu, als nur ein Stapel karierter Boxershorts zum Vorschein kam. Sie betrachtete Chases kleinen blauen Schreibtisch und zog die Augenbrauen hoch, als sie einen geöffneten Laptop darauf stehen sah, mit dunklem Bildschirm, aber blinkendem Lämpchen in der Ecke. Auch Chase musste in Eile aufgebrochen sein. Er hatte sich noch nicht einmal die Zeit genommen, seinen Computer auszuschalten.
Langsam kam sie sich albern vor, überhaupt hierhergekommen zu sein. Schließlich war sie nicht Nancy Drew, die mysteriöse Kriminalfälle löste. Sie wusste noch nicht einmal, wonach sie eigentlich suchte. Vielleicht war Chase ja wirklich schlicht und ergreifend von der Piss-Brücke gesprungen.
Neben dem Computer lag ein Stapel Papiere und Em ging hinüber, um ihn durchzublättern. Eine Mathearbeit, ein Biologie-Arbeitsblatt, eine alte Einladung zur Schulversammlung. Nichts, einfach nichts. Beim Überfliegen der Seiten legte sie die einzelnen Blätter neben sich auf die Laptoptastatur.
Pling! Sie musste so fest auf eine Taste gekommen sein, dass Chases Computer aus dem Standby erwachte. Sie wollte das Bildschirmfenster schon wieder schließen, als ihr etwas ins Auge stach. Chases E-Mail-Postfach war geöffnet – aber die Adresse lautete nicht
[email protected] ,wie Em es von den Rundmaillisten ihrer Freunde her in Erinnerung hatte. Der Account war bei AscensionSecretAdmirer registriert und außer einiger Spam-Nachrichten und Newsletter-Updates enthielt er nur eine einzige E-Mail-Adresse im Gesendet-Ordner:
[email protected] .
Sasha B.? Es gab nur eine Sasha B. an der Ascension – Sasha Bowlder.
Em runzelte die Stirn und holte tief Luft. Sie nahm ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zurück und setzte sich vorsichtig hin, während ihre Finger über der Maus schwebten. Dann öffnete sie die neueste Mail aus der Liste.
Ich kann so nicht mehr weitermachen, stand da. Du kannst mir nicht geben, was ich mir wünsche. Ich will nicht, dass man mir das Herz bricht, und deshalb gebe ich auf.
Es war eine relativ knappe Antwort auf eine ältere Nachricht von AscensionSecretAdmirer: Hey Süße, hatte er geschrieben. Wo warst du denn? Hab ’ne ganze Woche nix von dir gehört. Hast du ’nen neuen Freund oder so? Ich dachte, es läuft gut mit uns.
Em schlug das Herz bis zum Hals, als sie sich durch die Nachrichten klickte; ihr Blick verschwamm, während sie ihn auf den hell leuchtenden Bildschirm gerichtet hielt. Sie scrollte bis an den unteren Rand, las von unten nach oben. Es war, als hangelte sie sich an verschiedenen Handlungssträngen entlang, als dröselte sie die einzelnen Fäden einer geheimen Geschichte auf.
Schon vor Monaten hatte er zum ersten Mal mit ihr Kontakt aufgenommen. Behauptete, er hätte sich in sie verknallt, könne ihr aber nicht sagen, wer er sei. Sie hatte – wenn auch anfangs etwas schüchtern – bereitwillig mitgemacht. Hatte Lust darauf gehabt, das Geheimnis zu bewahren, die Maskerade aufrechtzuerhalten. Die ersten paar Mails waren heiter und in unbeschwertem Flirtton geschrieben. Sind wir zusammen in irgendwelchen Kursen?, hatte sie gefragt. Und er hatte augenzwinkernd geantwortet: Das würdest du wohl gerne wissen, Schätzchen. Sie war sogar so weit gegangen, ihm ein Foto von sich zu schicken, auf dem sie eine Maske trug – eine von diesen typischen Maskenballdingern – und ihn dazu aufforderte, dasselbe zu tun. Er lehnte ab. Nach den ersten Kontaktmails tendierten sie zu ernsthafteren Themen. Sie schienen mehr gemeinsam gehabt zu haben, als Chase je zugegeben hätte – vor niemandem. Du verstehst mich wirklich, Sasha, hatte er geschrieben. Im Gegensatz zu den meisten von diesen reichen Zicken, die sonst so hier rumlaufen.
Ich bin eine von diesen reichen Zicken, hatte sie geantwortet. Aber du siehst ja, dass ich mehr als nur das bin. Am Ende der E-Mail