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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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aussprach).
     ›Die Kabale ist es, die diesen Sturm angefacht hat. Und an die Kabale werde ich mich halten!‹«
    Und wirklich, gleich am nächsten Morgen, ohne jemanden zu konsultieren, nicht einmal Richelieu, griff der König durch. Sein
     Vorgehen war methodisch, rasch und unnachgiebig. Bei den Hetzern, die bislang nur von der »Schwäche und Weichlichkeit« des
     Königs gesprochen hatten, war das Staunen groß, und die Tränen und das Zähneknirschen fanden kein Ende. Was die Königinmutter
     anging, wurde sie, vorerst jedenfalls, nicht angetastet. Doch sowie der Hof erfuhr, daß der König Richelieu nach Versailles
     gerufen habe, stand das Luxembourg auf einen Schlag verödet, und die Königinmutter sah sich verzweifelt allein. Ohne daß es
     ihr im mindesten bewußt wurde, hatte ihre wütende Attacke auf Richelieu ihr selbst geschadet. Sie schob ihre Niederlage natürlich
     jenem Riegel zu, den man, wie sie glaubte, vergessen hatte zu schließen. Sie verwechselte »Ursache« und Wirkung, ohne zu bedenken,
     daß die Ursache eine ganz andere Wirkung hätte zeitigen können, zum Beispiel, wenn sie Richelieu nicht so zügellos angegriffen
     hätte.

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    |228| ZWÖLFTES KAPITEL
    Im Gegensatz zu allem, was die bösen Mäuler am Hof zu schwatzen wußten – und was seitdem zur Genüge wiedergekäut wurde –,
     war es nicht »der rote Mann«, wie sie den Kardinal einfallslos und gehässig nannten, der die unnachgiebige Unterdrückung der
     Kabale vornahm und ausführte. Es war der König, und der König allein. Obwohl Richelieu die Strafmaßnahmen billigte, inspirierte
     er sie in keiner Weise und legte nicht Hand mit an. Womit er große Mäßigung und Zurückhaltung bewies, denn das Ziel des Komplotts
     war immerhin seine Verbannung gewesen und sehr wahrscheinlich sein Tod.
    Der erste, den es traf, war der Siegelbewahrer Marillac, denn Ludwig hielt ihn für den Hauptschuldigen an den Hetzkampagnen;
     lange genug hatte er gegen die antispanische Politik des Königs und Richelieus seinen zugleich offenen und versteckten Krieg
     geführt.
    Leser, um dir Marillacs Schicksal zu erzählen, laß mich einige Stunden zurückgreifen. Nach seinem warmherzigen Gespräch mit
     Richelieu schickte der König Reiter an seine Staatssekretäre mit der Aufforderung, nach Versailles zur Beratung zu kommen:
     was bis dahin bekanntlich nie vorgekommen war.
    Um es kurz zu machen, hier die Staatssekretäre, die nach Versailles befohlen wurden: La Ville-aux-Clercs, Bullion, Bouthillier
     und Marillac. Leser, Sie lesen richtig: Marillac! Nun, Marillac wußte in diesem Moment noch ebensowenig wie die Königinmutter,
     daß Richelieu inzwischen nach Versailles gerufen worden war. Sie wußten nur von der extremen Kälte, die der König Richelieu
     bei seinem Aufbruch vom Luxembourg bezeigt hatte. Und sie schlossen daraus, daß der König die Staatssekretäre nur nach Versailles
     bestellte, um Richelieu zu entlassen und statt seiner Marillac zu ernennen.
    Hoffnung hat das Verführerische und Gefährliche, daß sie eine bloße Wunschvorstellung zu einer gesicherten Wahrheit machen
     kann. Vor seinem Aufbruch nach Versailles ging Marillac und |229| holte von zu Hause die Siegel. Tränen in den Augen, erzählte sein Kaplan mir später, wie er den Kasten mit den Siegeln geöffnet
     und sie lange betrachtet habe, so als nehme er, da er nun zum Ersten Minister berufen würde, von ihnen Abschied. Alle vier
     lagen sie da: das große königliche Siegel samt seinem Kontersiegel, das Siegel des Dauphins und dessen Kontersiegel. Freilich
     war der Dauphin noch nicht geboren, doch seine beiden Siegel erwarteten ihn schon, untrennbar von denen seines Vaters.
    Von diesem Kasten verwahrte allein der Siegelbewahrer den einzigen Schlüssel, den er brauchgemäß, ohne ihn jemals abzulegen,
     an einer goldenen Kette um den Hals trug. Dieser Schlüssel war für den Siegelbewahrer, was Stab und Mitra für einen Bischof
     sind. Er bezeichnete zugleich sein Amt und seine Würde.
    Und wenn das Wort Würde auf einen Offizier des Königs zutraf, dann unbedingt auf Monsieur de Marillac. Groß, hager, schwarz
     gewandet, mit tiefliegenden, blitzenden Augen und Adlernase, mit dünnen Lippen, langem Kinn, sparsamen Gesten bot er bei jeder
     Gelegenheit eine geradezu olympische Erscheinung und sprach mit gebieterischer Stimme, als kenne er keinen Irrtum, war er
     durch seine lebenslange, tiefe Frömmigkeit doch der göttlichen Erleuchtung teilhaftig.
    Er wohnte in

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