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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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steht, ob die Flanken
     besagter Barrikaden befestigt sind, über wie viele Soldaten und vor allem wie viele Kanonen die Verteidiger verfügen.«
    Sobald die dazu nötigen Leute beisammen waren, ein königlicher Herold, ein Trompeter, ein Halbdutzend Musketiere und mein
     Nicolas – Zelte und Proviant auf einem Karren nicht zu vergessen –, brach ich auf.
    |67| Richelieu hatte mir eine sehr gute kleine Landkarte mitgegeben, die ich vor dem Aufbruch studierte. Um nach Susa zu gelangen,
     brauchte ich nur der einstigen Römerstraße zu folgen, die Norditalien mit dem Südwesten Galliens verband und die durch eine
     Schlucht an einem Fluß entlangführt, den die Savoyarden Dora Riparia nennen.
    Es war ein sehr beeindruckender Kontrast zwischen dem linken, von hohen Bergen beherrschten Ufer, wo der Cimo Vallone tausendzweihundertachtzehn
     Klafter erreicht, und dem so fröhlichen rechten Ufer, dessen runde Hügelkuppen vierhundert Klafter nicht übersteigen.
    Auf dem Weg mußte ich durch zwei Dörfer, Exilles und Chiomonte. Ersteres bereitete mir zuerst einige Furcht, denn auf meiner
     Karte sah ich, daß Exilles, am Zusammenfluß von Dora Riparia und Rio Salambra gelegen, rechts wie links von einem
forte della guardia
und einer
fortezza
bewacht wurde, und fragte mich, ob das Fort und die Feste nicht etwa von Garnisonen besetzt waren, die meiner schwachen Eskorte
     übelwollten. Darum schickte ich den Herold und den Trompeter voraus, damit sie meldeten, wer ich sei. Schnell kamen sie wieder,
     sie waren nur auf verängstigte Bauern getroffen. Die Garnisonen waren auf die Nachricht, daß Ludwigs Armee in Oulx einmarschiert
     sei, nach Susa verlegt worden. Sieh an, dachte ich, das mutet nicht sehr kriegerisch an. Doch wollte ich Klarheit, und nachdem
     ich die Dörfler durch kleine Geschenke unserer friedlichen Gesinnung versichert hatte, besuchte ich die beiden Befestigungswerke
     und fand, daß sie ihren italienischen Erbauern große Ehre machten und die königliche Armee leicht mehrere Tage hätten aufhalten
     können, hätte der Herzog von Savoyen mehr vom Krieg verstanden.
    Ich beschloß, mein Lager in Exilles aufzuschlagen, doch außerhalb des Dorfes, um vor Überraschungen sicher zu sein, und nicht,
     ohne Feuer anzuzünden und Wachen aufstellen zu lassen.
    In ihrer italienischen
gentilezza
führten uns die Bauern auf ein Feld, wo wir die Zelte aufschlagen konnten, und zeigten uns in ihrer Großmut sogar ihre Brunnen,
     was manche mir bekannte Dörfler in Frankreich nicht getan hätten, so eifersüchtig wachten sie über ihr Wasser. Allerdings
     hatten diese Bauern mit der Dora Riparia vor ihrer Tür auch mehr Wasser, als sie brauchten.
    |68| Das ganze Dorf war bei unserer Ankunft versammelt und betrachtete uns im Fackelschein; die Männer bewunderten unsere Waffen
     und Pferde, mehrere Weibsbilder äugten nach meinen Musketieren, die sich denn auch gleich in die Brust warfen und den Schnurrbart
     strichen.
    Ich rief ihren Sergeanten und sagte ihm leise, Ort und Zeit wären für Liebeshändel schlecht gewählt, und sollten einige seiner
     Leute über die Stränge schlagen und damit unsere Sicherheit gefährden, träfe sie bei der Rückkehr der Bannstrahl des Kardinals.
    Das genügte, daß unsere Weiberhelden auf süße Träume in eisiger Nacht verzichteten. Was mich anging, hätte ich meinem Zelt
     bestimmt das bescheidenste Bauernhaus vorgezogen, hätte es nur ein Dach, vier Wände und ein schönes Herdfeuer gehabt, doch
     ich wollte mich nicht über meine Leute erheben, indem ich besser wohnte als sie.
    Meine nächste Etappe war Chiomonte, ein Dorf ohne Fort, ohne Feste am rechten Ufer der Dora Riparia, doch ein wenig abseits
     vom Fluß und etwas höher gelegen, sicherlich zum Schutz vor Hochwasser, das sehr gewalttätig sein mußte, weil aller Regen
     und Schnee aus dem Hochgebirge des linken Ufers in die Dora Riparia floß.
    In Chiomonte wurden wir genauso gut aufgenommen wie in Exilles, sowie die Dorfbewohner sich unserer Absichten versichert hatten.
     Weil aber auch sie wußten, daß eine sehr starke französische Armee in Oulx lag, fragte ich mich, ob sie ihren Herzog so sehr
     liebten, wenn sie so freundlich zu uns waren.
    Auch ihnen machte ich Geschenke, und diese Aufmerksamkeiten trugen mir ihre große Dankbarkeit ein. Außerdem ließ ich meinen
     Wagner den einzigen Karren des ganzen Dorfes reparieren, denn seit Monaten war dessen eine Achse zerbrochen, und keiner hatte
     sie ersetzen

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