Rache der Königin
Versprechen, geschrieben auf schönem Papier und mit einem sicherlich
sehr eleganten fürstlichen Siegel geziert. Sehr leichte Münze, Sire, verglichen mit den soliden Mauern von Casale und Pignerol,
und sehr billig für den, der dies Versprechen gibt, denn das Blatt Papier, worauf es geschrieben steht, kann sogar ein Kind
an einer Kerze verbrennen.«
»Sire«, sagte Mazarini, »darf ich auf die Darlegung Seiner Eminenz des Kardinals Richelieu antworten?«
»Bitte antwortet, Monsieur«, sagte Ludwig mit kühler Verbindlichkeit.
»Eminenz«, sagte Mazarini, »es ist dem Heiligen Vater nicht entgangen, daß die Bedingungen des Generals Coalto 1 maßlos |186| sind, wie ich mir bereits zu bemerken erlaubte, bevor ich sie nannte. Dennoch ist es von großem Vorteil zu verhandeln, auch
wenn man die Bedingungen des Gegners nicht akzeptiert. Solange man redet, kämpft man nicht, und mit der Zeit kann der Aspekt
der Dinge sich auch wandeln. Deshalb, wenn ich mich auf den Standpunkt Frankreichs stelle – was ich sehr gerne tue, Sire –,
würde ich sagen, daß es mir nicht in Eurem Interesse zu sein scheint, Sire, Coalto die schneidende und verächtliche Antwort
zu geben, die diese Vorschläge zweifellos verdienen.«
Ich traute meinen Ohren nicht. Demnach hatte der Papst zweierlei Politik: öffentlich eine Spanien freundliche und insgeheim
eine Frankreich günstige. Und für mein Gefühl ging Mazarini sogar noch weiter: Er bot uns mit halbem Wort seine Dienste an.
Diese Nuance vermerkten auch Ludwig und Richelieu, und sie begannen Mazarini mit anderen Augen zu betrachten.
»Monsieur«, sagte Ludwig, »ich danke Euch für die guten Dispositionen, die Ihr hinsichtlich meiner Person und meinem Reich
bezeigt. Ich weiß Euch dafür größten Dank. Was Eure Empfehlung angeht, die mir weise scheint, so werde ich mit meinem Cousin,
Kardinal von Richelieu, und auch mit meinem Rat erörtern, welche Entscheidung wir treffen wollen, und sobald diese getroffen
ist, werde ich sie Coalto und zu gleicher Zeit durch Euch Seiner Heiligkeit mitteilen.«
Mazarini hatte allen Grund, mit diesen Worten zufrieden zu sein, besagten sie doch unausgesprochen, daß wir den Papst und
ihn selbst in dieser Affäre als Vermittler akzeptierten. In geraffter Form übersetzte er das Ganze dem Kardinal Barberini
ins Italienische, dem aber Barberini nur zerstreute Aufmerksamkeit schenkte.
Nachdem beide gegangen waren, wechselte der Kardinal
sotto voce
einige Worte mit dem König, ich entfernte mich und sah zum Fenster hinaus. Dann hörte ich Ludwig nach Beringhen rufen, der
den Großkämmerer herbeiholen sollte, der denn auch im Nu zur Stelle war.
Der König trug ihm auf, die beiden Königinnen zu benachrichtigen, daß er am nächsten Tag Lyon verlassen und mit seiner Armee
nach Grenoble gehen werde, daß er aber wünsche, sie möchten in Lyon bleiben, weil sie es hier sicherlich angenehmer hätten
als anderswo. Was Monsieur de Marillac anging, |187| so ließ der König ihn fragen, ob er es vorziehe, in Lyon zu bleiben oder mit ihm nach Grenoble zu gehen. Worauf Monsieur de
Marillac, sein hohes Alter und seine Gebrechen vorschützend, antwortete, er bleibe lieber in Lyon. In Wahrheit wollte unser
Erzfrömmler bei der Königinmutter bleiben, um sie in ihrer Ablehnung eines Krieges gegen Spanien weiterhin zu bestärken.
Der König ging am siebenten Mai mit seiner Armee nach Grenoble, und ich folgte dem Lindwurm mit meinen Schweizern und Nicolas,
den ich diesmal aber öfter in meine Karosse rief; dann übernahmen die Schweizer unsere beiden Pferde. Und froh, vor dem schneidenden
Morgenwind geschützt zu sein, fiel Nicolas, vom Stuckern der Kutsche gewiegt, alsbald in Schlaf.
Fogacer nutzte es, mir allerhand Fragen zu stellen, und ich antwortete, indem ich meine Worte siebenmal umdrehte, bevor ich
den Mund auftat. Denn einerseits wollte ich Fogacer für die Hilfe belohnen, die er dem Kardinal und dem König erwies, indem
er die Spitzel im Beichtstuhl vernahm, andererseits aber, da ich wußte, daß Fogacer meine Antworten dem päpstlichen Nuntius
weitergeben würde und somit dem Papst, erwog ich sorgsam, was Seiner Heiligkeit mitzuteilen nützlich war und was besser nicht.
»Ich will ja nicht indiskret sein«, sagte Fogacer – eine Formulierung, die man wählt, wenn man eben das beabsichtigt –, »aber
ich wüßte doch gern, warum die Königinnen in Lyon gelassen wurden. Grenoble ist eine so schöne Stadt
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