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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Monsieur. Warum war Ludwig auf dem Gipfel der Freude, als er mit der Eroberung Savoyens in die Fußstapfen
     seines Vaters trat?«
    »Ludwig wurde im Jahr dieser Eroberung, 1601, geboren, und seine Kindheit wurde von den Geschichten gewiegt, die seine Entourage
     ihm darüber erzählte. Sie wissen doch, Madame, daß Ludwig, von der Wiege an jeder mütterlichen Zuneigung beraubt, als Kind
     nur eine Liebe hatte: seinen Vater, |190| der zugleich sein Abgott und sein Vorbild war. Deshalb wurde auch Ludwig ein Soldatenkönig, doch ohne jeden Sinn für Raub
     und Eroberungen, sondern einzig, um sein Recht und das seiner Verbündeten zu verteidigen. Wissen Sie, daß er sich als Knabe
     wünschte, einmal ›Ludwig der Gerechte‹ zu heißen? Das war, genau besehen, eine Art Gelöbnis, und er hat es gehalten. Indessen,
     Madame, möchte ich Sie darauf hinweisen, daß Gerechtigkeit zwei Funktionen hat: Sie garantiert die Unversehrtheit des Besitzes,
     aber sie bestraft auch die Bösewichter, die sie nicht respektieren.«
    »Und wird der König die Bösewichter endlich bestrafen?«
    »Sie können ganz sicher sein, Madame, daß er sie zum gegebenen Zeitpunkt unerbittlich bestrafen wird.«

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    |191| ZEHNTES KAPITEL
    Am achtzehnten Juli 1630 – Ludwig haßte diesen Tag – kam im Italienfeldzug die Wende. Bis dahin hatten die Waffen des Königs
     Sieg um Sieg erfochten. Sie hatten Pignerol genommen, Savoyen erobert, das herzogliche Heer bei Veillane geschlagen und das
     von Toiras verteidigte Casale gehalten.
    Aber der Feldzug hatte noch einen zweiten Strang, der nicht weniger gewichtig war. Während die Spanier Casale belagerten,
     rückten aus dem verheerten Deutschland die Kaiserlichen durchs Veltlin heran und umzingelten Mantua, das bekanntlich durch
     Erbfolge einem französischen Fürsten, dem Herzog von Nevers, zugefallen war. Der Kaiser bestritt dieses Erbe und forderte
     das Herzogtum für einen seiner Verwandten.
    Tatsächlich ging es dem Kaiser aber um mehr. Da die spanischen Habsburger das Mailändische besetzt hatten, wollten die österreichischen
     Habsburger, wenn sie erst Mantua hätten, sich aus nächster Nähe den ganzen italienischen Norden einverleiben: ein frommes,
     von den spanischen Theologen empfohlenes und abgesegnetes Geschäft und die erste Etappe des Weltreichs, das dem Haus Habsburg
     in der Bibel vom Propheten Daniel verheißen worden war.
    Der Herzog von Nevers war gewiß ein Herr von hohem Rang, doch was hilft der Rang, wo es an Wollen und Können fehlt? Seine
     Verteidigung Mantuas war verschlafen und schwach, und diese mangelnde Wachsamkeit nützten die Kaiserlichen, die Stadt durch
     Überrumpelung zu nehmen. Am achtzehnten Juli 1630 blieb dem Herzog von Nevers gerade noch die Zeit, sich nach Ferrara zu flüchten,
     wo er vermutlich sofort wieder in tiefen Schlummer fiel. Die Stadt aber wurde entsetzlich geplündert.
    Nichts reist so schnell wie eine böse Nachricht, und seltsam, ein Unglück kommt nie allein. Kaum hatten wir untröstlich den
     Fall Mantuas vernommen, da trafen Eilboten unserer Marschälle ein und meldeten, daß in mehreren Feldlagern die Pest |192| ausgebrochen war, eines unserer Regimenter sei bereits dezimiert.
    Der König berief unverzüglich einen Kriegsrat ein, denn im Umkreis befanden sich mehrere Marschälle mit ihren Truppen. In
     aller Herrgottsfrühe wurde ich dazubestellt und fand außer dem König und dem Kardinal auch den Pater Joseph, Monsieur Brulard
     de Léon (den ich nur flüchtig kannte), den Rat Bouthillier, aber von den Marschällen nur Schomberg und Créqui, alle unausgeschlafen
     und mit traurigen, langen Gesichtern. Der König, blaß, doch entschlossen, fragte die Marschälle als erstes, ob sie es für
     möglich hielten, Mantua zurückzuerobern.
    »Sire«, sagte Créqui, »das hieße für uns: durchs Mailändische ziehen und die Spanier schlagen, dann ins mantuanische Land
     und die Kaiserlichen schlagen, falls die beiden Armeen unser Nahen nicht schon erfahren und sich zusammengeschlossen haben,
     um uns mit Übermacht zu zermalmen.«
    »Schomberg, was ist Eure Meinung?«
    »Die Unternehmung wäre zu gefährlich, Sire, weil wir uns viel zu weit von unseren Basen entfernen würden.«
    »Mein Cousin?« wandte sich Ludwig an den Kardinal.
    »Sire, auch ich denke, daß man sich der Geographie beugen muß: Mantua liegt unseren Grenzen zu fern, als daß wir uns auf so
     zweifelhafte Kämpfe einlassen dürften. Meines Erachtens muß verhandelt

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