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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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so vor die
     Augen traten, war ich dermaßen gerührt, daß ich von meinen Wachträumen allgemach in Schlafträume hinüberglitt.
    »Nun, nun, Sioac!« sagte auf einmal Ludwig mit halb ernster, halb amüsierter Stimme, »Ihr schlaft! Schlaft in Gegenwart Eures
     Königs! Was für ein unerlaubter Verstoß gegen die Etikette!«
    »Ach, Sire«, sagte ich auffahrend, »ich bitte tausendmal um Vergebung! Aber weil ich Euch, Sire, mit geschlossenen Augen sah,
     dachte ich, Ihr wäret eingeschlummert, und so sank auch ich ganz sacht in Schlummer.«
    »Seid froh, Sioac«, sagte Ludwig mit großem Seufzer. »Wie wünschte ich, an Eurer Stelle zu sein! Aber wie sehr ich mich auch
     mühe, ich finde keinen Schlaf.«
    »Eure Majestät macht sich vielleicht großen Kummer um Mantua?«
    »Nein. Mantua ist ein Rückschlag in einem Krieg, in dem es immer auf beiden Seiten Niederlagen und Erfolge gibt. Nein, nein!
     Nicht Mantua bekümmert mich, sondern meine leibliche |195| Hülle. Oft leide ich an Kopfschmerzen, aber heute ist es nicht einmal das, und trotzdem fühle ich mich matt und sonderbar.«
    »Sonderbar, Sire?«
    »Als Bouvard heute morgen meinen Puls maß, versicherte er, daß ich kein Fieber habe. Ich bin also nicht krank. Ich habe auch
     keine Schmerzen, weder im Kopf noch im Magen oder im Gedärm. Aber gut geht es mir auch nicht, ich bin, wie man so sagt, nicht
     auf dem Posten.«
    »Sire, das wird am Stuckern des Wagens liegen und an den schlechten Nachtquartieren. Sobald Ihr wieder zu Lyon in Eurem schönen
     Schlafgemach seid, Sire, wird das Unbehagen Euch verlassen, und Ihr schlaft wie ein Engel.«
    »Möge der Himmel dich erhören, Sioac!«
    Ludwig beurlaubte mich an der nächsten Etappe, vermutlich wollte er sich von Doktor Bouvard untersuchen lassen. Ich kehrte
     in meine Karosse zurück, wo Fogacer mit gerührter Miene über den Schlaf des kleinen Saint-Martin wachte. Der Domherr legte
     den Finger an den Mund zum Zeichen, daß ich schweigen solle, was ich gern tat, denn mein Gespräch mit Ludwig hatte mich nachdenklich
     und traurig gestimmt. Das Schweigen dauerte indes nicht, denn Saint-Martin erwachte, und Fogacer, immer um seine Belehrung
     bemüht, schilderte ihm den erzbischöflichen Palast zu Lyon, für dessen Ausbau Richelieu viel Mühe und Geld aufgewendet hatte,
     ohne das Bauwerk am Ufer der Saône doch vollenden zu können.
    »Dann spiegelt sich der Palast also in der Saône?« fragte Saint-Martin.
    »Ja«, sagte Fogacer, »und das macht einen Teil seiner Schönheit aus. Außerdem ist er reich beleuchtet und im Winter gut geheizt.«
    Ein Stück vor dem Palast stiegen Fogacer und Saint-Martin aus, um im Hause eines befreundeten Priesters einzukehren. Ich setzte
     meinen Weg durch eine Gasse fort, die zu dieser Morgenstunde noch nicht von Karren, Fußgängern und Reitern verstopft war,
     so daß ich die Karosse des Königs einholen konnte. Ich sah ihn aus dem Wagen steigen und die Stufen zum Palast hinaufgehen.
     In respektvollem Abstand folgte ich, hielt jedoch inne, als ich oben auf der Treppe die Königinmutter auftauchen sah. In statuarischer
     Massigkeit stand sie dort, die Unterlippe hochmütig vorgeschoben, mit gespitzten Brauen, flammenden |196| Augen, nicht unähnlich einem Drachen von Weib, das mit der Rute in der Hand sich anschickt, einen kleinen Schulschwänzer Mores
     zu lehren.
    »Nun, mein Herr Sohn«, begann sie mit lauter Stimme, »jetzt steht Ihr schön da! Ihr habt den Krieg verloren, und warum? Weil
     Ihr auf die guten Ratschläge hörtet, die Euch Richelieu gab! Fallen Euch endlich die Schuppen von den Augen? Worauf wartet
     Ihr noch, ihn zu entlassen?«
    »Madame«, sagte der König, sich tief verneigend, doch mit funkelnden Augen und eisiger Stimme, »ich habe Mantua nicht verlieren
     können, weil Mantua nicht mir gehörte, und also habe ich den Krieg nicht verloren. Dafür habe ich Susa, Pignerol und ganz
     Savoyen erobert. Ich halte Casale nach wie vor. Und was den Herrn Kardinal angeht, mögen die Unbelehrbaren sagen, was sie
     wollen, so ist er doch der beste Diener, den Frankreich jemals hatte.«
    Hiermit machte der König seiner Mutter eine neuerliche tiefe Verneigung, umrundete das Monument aus Starrsinn und Stolz, betrat
     straffen Schrittes den erzbischöflichen Palast und eilte zu seinem Gemach, wohin ich ihm auf sein Zeichen folgte.
    »Sioac!« sagte er, indem er sich auf sein Bett warf, »habt Ihr diese herabsetzenden Reden gehört? Meine Mutter hat mich ein
    

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