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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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war wieder Haddas Fähigkeit am Werke, andere Menschen an sich zu binden. Sie hatte diese Fähigkeit selbst gespürt, und auch in Luke Hollins’ Brief fanden sich Hinweise, dass er unter seinen Einfluss geraten war.
    Bei einem Mann mit Haddas sexuellen Vorlieben war das eine gefährliche Eigenschaft.
    So etwas wie eine Heilung war natürlich ausgeschlossen, außer man griff weit tiefer in den Medikamentenschrank, als sie auch nur in Betracht ziehen wollte. Man konnte nur versuchen, die Schranke zwischen Trieb und Tat wiederherzustellen, die dafür sorgt, dass die meisten von uns innerhalb der Grenzen sozial akzeptablen Verhaltens bleiben. Als Erstes musste man alle Entschuldigungen und Vorwände beseitigen, und sobald man den Patienten dazu gebracht hatte, sich als den zu sehen, der er war, konnte man anfangen, ein positives Bild dessen, wer er sein könnte, aufzubauen.
    Es war ein beschwerlicher Weg, den man nur mit allergrößter Vorsicht beschritt, denn am Ende stand die Frage: Ist es sicher, diesen Mann wieder in die Welt zu entlassen?
    Selbstverständlich hatte sie den Verlauf der Therapie in regelmäßigen Abständen mit Simon Homewood erörtert, der durchweg hilfsbereit und solidarisch gewesen war. Immer hatte er die abschließende Empfehlung für die Entlassung auf Bewährung als ihre gemeinsame Entscheidung bezeichnet. Im Grunde stimmte das auch, doch nichts, was Homewood sagte, änderte etwas daran, dass Alva sich für Haddas Entlassung letztendlich allein verantwortlich fühlte.
    Sie hatte sich, ohne genauer zu werden, auch mit John Childs über den Fall unterhalten. Seltsamerweise beruhigten sie die Unterhaltungen mit ihm sehr viel mehr als die wesentlich detaillierteren Fachgespräche mit dem Direktor. Vielleicht lag das daran, dass Childs’ Äußerungen in der Sache von einem sanften Zynismus durchdrungen waren, der sie zwang, ihre eigenen Schlussfolgerungen und Intuitionen genau zu überprüfen.
    »Muss die Einsicht in die Sündhaftigkeit der eigenen Taten«, fragte er, »unvermeidlich mit dem Bedauern einhergehen, sie begangen zu haben?«
    »Nicht in gewissen extremen Fällen soziopathischen Verhaltens«, erwiderte sie. »Aber ich stufe meinen Patienten nicht als Soziopathen ein.«
    »Als was dann?«
    »Als einen Menschen mit zwanghaften Trieben, die er selbst so sehr verurteilt, dass er sie vollkommen verdrängen musste, um damit leben zu können. So wie manche Alkoholiker.«
    »Ist das nicht ein ziemlich gnädiges Urteil? Ich meine, Alkoholiker schädigen andere nicht. Außer ihre Familien. Und sie können bei den Anonymen Alkoholikern Hilfe suchen. Ich glaube kaum, dass die Öffentlichkeit eine Organisation unterstützen würde, die sich Anonyme Pädophile nennt.«
    »Das Rechtssystem fällt Urteile«, sagte Alva. »Meine Aufgabe ist es, Feststellungen zu treffen und, wenn möglich, Veränderungen zu erreichen.«
    »Und letztlich eine Empfehlung auszusprechen«, sagte Childs. »Das ist eine gewaltige Verantwortung.«
    »Denken Sie, ich sollte mich davor drücken, indem ich meinen Patienten für alle Zeit eingesperrt lasse?«
    »Meine Güte, nein. Ich bin sicher, Sie würden nicht im Traum daran denken, ihn rauszulassen, wenn Sie auch nur die geringste Sorge hätten, er könnte noch immer eine Gefahr für kleine Mädchen darstellen. Natürlich fällt es wohl kaum in Ihre Zuständigkeit, darüber hinaus festzustellen, ob er vielleicht noch für andere eine Gefahr ist.«
    Er lächelte, während er das sagte, daher stufte sie seine Bemerkung als das ein, was im Innenministerium als Witz durchging, und lächelte zurück. Danach verlagerte sich das Gespräch auf den bevorstehenden Studienbeginn des jungen Harry.
    Als Haddas Anhörung schließlich stattfand, hatte sie keinen Zweifel mehr, dass er geeignet war, in die Gesellschaft zurückzukehren, und ihre Gewissheit war für den Ausschuss maßgebend. Sie empfand auch keinerlei Unbehagen, als sie sah, wie er durch das Gefängnistor in die Freiheit trat, kurz stehen blieb und zum Himmel hochblickte.
    Sie stieg aus ihrem Fiesta und ging auf ihn zu. Trapp war in seinem Auto sitzen geblieben.
    »Elfe«, sagte Hadda, »wie schön, dass Sie gekommen sind. Schön zu sehen, dass Sie auch draußen existieren.«
    »Darum geht es ja gerade«, sagte sie. »Sie sollten wissen, dass mein Interesse an Ihnen nicht am Gefängnistor endet. Das hat es nie.«
    »Ich weiß das zu schätzen. Und ich weiß, ich hab mich drinnen schon bedankt, aber jetzt möchte ich Ihnen auch

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