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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hier draußen für alles danken, was Sie für mich getan haben. Ohne Sie … nun ja, ich weiß nicht, was ich dann wäre. Aber ich weiß mit Sicherheit, wo ich wäre! Danke. Und ich entschuldige mich für den ganzen Mist, den ich Ihnen zugemutet hab.«
    Sie schüttelte den Kopf und sagte: »Sie haben verdrängt. Außerdem steckten viele Wahrheiten darin. Nicht immer die Wahrheiten, die Sie sich vorgestellt hatten, aber ohne sie hätte ich nicht gewusst, wie ich weitermachen sollte.«
    Das amüsierte ihn, und das Lächeln, das ihn so verwandelte, umspielte kurz seine Lippen. Er sagte: »Es kann also helfen, wenn man mit Mist gefüttert wird? Das muss ich mir in Erinnerung rufen, wenn ich einmal darüber meckere, wie schlecht das Essen im Gefängnis war. Jetzt muss ich aber los. Um zehn Uhr soll ich im Heim sein. Und ich will mein neues Leben doch nicht gleich damit anfangen, dass ich zu spät komme.«
    Sie wusste, dass er für ein paar Wochen in einem Resozialisierungszentrum untergebracht war, wusste auch, dass er vorhatte, nach Ablauf dieser Übergangszeit in das Haus seiner Familie in Cumbria zu ziehen.
    Sie hatte gesagt: »Alles Gute. Der Bewährungsdienst wird mich auf dem Laufenden halten, wie sich alles entwickelt, aber falls Sie das Bedürfnis haben, direkten Kontakt zu mir aufzunehmen, nur zu.«
    Er hatte gelächelt, und einen Moment lang dachte sie schon, er würde sich vorbeugen und ihr einen Abschiedskuss geben. Doch dann neigte er nur knapp den Kopf, wie Männer das gegenüber Respektspersonen tun, dann ging er zu dem alten Toyota hinüber, stieg ein und fuhr mit Mr Trapp davon, ohne sich noch einmal umzuschauen.
    Das war gute Arbeit, hatte sie gedacht. Aber nicht unbedingt eine abgeschlossene Arbeit. Im Umgang mit der menschlichen Psyche kann man nie sagen, dass eine Arbeit abgeschlossen ist. Aber so weit, so gut.
    Und jetzt kam dieser Brief.
    Sie zwang sich, aufzuessen und ihren Wein zu trinken, ehe sie den Brief noch einmal las.
    Luke Hollins war beunruhigt, und sie war es auch. Obgleich das Syndrom, das bei Hadda diagnostiziert worden war, eine ausgeprägte Fähigkeit zu geschickter Täuschung voraussetzte, war es bedenklich, dass diese offenbar unvermindert weiter bestand.
    Genau wie Hollins machten ihr die fehlenden viertausend Pfund fast noch mehr Sorgen als die Frage, wo das Geld herkam.
    Ein Mann mit Haddas Vorgeschichte, der in wenigen Monaten so viel Geld ausgab … ihr wurde bang ums Herz.
    Sie wusste, was sie tun sollte, nämlich die ganze Angelegenheit sofort dem Bewährungsdienst zu melden. Und sie wusste, die nahezu unvermeidliche Folge dessen wäre, dass man Haddas Bewährung aufheben und ihn wieder in Haft nehmen würde, zumindest bis die Sachlage geklärt war.
    Das alles wusste sie.
    Zugleich wurde ihr klar, dass sie auch ohne stundenlang in sich zu gehen und sich das Hirn zu zermartern, genau wusste, was sie tun würde.

9
    An einem schönen Sommertag ist Drigg Beach an der cumbrischen Küste ein himmlisches Fleckchen Erde. Ein paar Meilen glatter Sand, Lerchen über den Dünen, Austernfischer am Wasserrand, die Irische See weit glitzernd bis zur Isle of Man, im Süden die schützende, hoch aufragende Silhouette des Black Combe, im Norden die Klippe von St. Bees Head, die nachdenklich aufs Meer starrt, all das zusammen ergibt eine Kulisse, in der selbst der Blick auf das Kernkraftwerk Sellafield im Sonnenschein etwas Heiteres haben kann.
    Aber in der Dunkelheit einer kalten Dezembernacht, in der ein starker Nordwestwind Graupelschauer vor sich herpeitscht und weißmähnige Wellen ans Ufer jagt wie rasende Heerscharen von Schlachtrössern, kann das Meer so unnahbar und gefährlich wirken wie die Barentssee.
    Heute Nacht jedoch waren Menschen hier, am Ufer und auf dem Wasser.
    Ein motorgetriebenes Schlauchboot fuhr Richtung Strand, bis es auf Sand lief. Zwei Männer in Neoprenanzügen sprangen heraus und trugen zwischen sich einen großen Lederkoffer. Gleichzeitig stiegen zwei weitere Männer aus einem Toyota Land Cruiser, der am Ufer parkte, und liefen runter zum Wasser, wo das erste Paar den Koffer abstellte. Während sie zu ihrem Schlauchboot zurückgingen, trugen die Männer aus dem Land Cruiser den Koffer zum Wagen. Sie waren sehr unterschiedlich gebaut, einer groß und schwerfällig, der andere sehr viel schmächtiger, aber mit athletisch geschmeidigen Bewegungen, die kräftige Muskeln verhießen. Jedenfalls schien er den gleichen Beitrag zu leisten, als sie ihre Last auf die

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