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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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das ist nun mal so. Erbarmen und Feigheit sind dasselbe, genau, wie du gesagt hast, und der Kreis dreht sich immer weiter, egal, was man versucht. Rache … beantwortet vielleicht keine Fragen. Sie trägt auch nicht dazu bei, die Welt zu verbessern oder die Sonne wärmer scheinen zu lassen. Aber es ist besser, sich zu rächen, als sich abzuwenden. Es ist sehr viel besser.«
    »Ich dachte, du hättest die Absicht, der letzte gute Mensch in Styrien zu werden.«
    »Ich habe versucht, das Rechte zu tun, wenn ich konnte, aber man erwirbt sich im Norden keinen Namen, ohne dunkle Taten zu verüben, und ich blicke auf einige zurück. Ich habe neben dem Schwarzen Dow gekämpft, neben Crummock-i-Phail und neben dem Blutigen Neuner selbst, was das angeht.« Er schnaubte. »Du glaubst, ihr wärt kaltherzig hier unten? Du solltest einmal einen Winter in der Gegend erleben, aus der ich komme.« Es lag etwas in seinem Gesichtsausdruck, das sie zuvor noch nicht dort entdeckt und davon abgesehen auch nicht erwartet hatte. »Gern würde ich ein guter Mensch sein, das stimmt. Aber wenn etwas anderes erforderlich ist, dann weiß ich, was zu tun ist.«
    Es herrschte kurzes Schweigen, während sie einander ansahen. Er, gegen den Fensterrahmen gelehnt, sie, auf dem Bett ausgestreckt mit einer Hand hinter dem Kopf.
    »Wenn du wirklich so ein eiskaltes Arschloch bist, wieso hast du dann nach mir gesucht? Bei Cardotti?«
    »Du schuldetest mir noch Geld.«
    Sie war sich nicht sicher, ob das ein Witz sein sollte. »Da wird mir aber warm ums Herz.«
    »Und außerdem bist du so was wie der beste Freund, den ich diesem verrückten Scheißland habe.«
    »Und dabei mag ich dich nicht einmal.«
    »Ich habe immer noch die Hoffnung, dass du mich vielleicht irgendwann doch noch in dein Herz schließt.«
    »Weißt du was? Vielleicht bin ich gerade dabei.«
    Im Licht, das von draußen ins Zimmer fiel, konnte sie erkennen, dass er grinste. »Du hast mich in dein Bett gelassen. Und Furli und die anderen durften in deinem Haus bleiben. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt glauben, dass ich dir doch noch ein bisschen Erbarmen unterschieben konnte.«
    Sie streckte sich aus. »Vielleicht ist unter dieser harten, aber schönen Schale immer noch das weiche Herz einer Bauerntochter verborgen, die nur zu gern Gutes tun möchte. Schon mal daran gedacht?«
    »Kann ich nicht sagen, nein.«
    »Aber einmal davon abgesehen, welche Wahl hätte ich gehabt? Wenn ich sie auf die Straße gesetzt hätte, hätten sie vielleicht angefangen zu quatschen. So ist es besser, jetzt schulden sie uns etwas.«
    »Am besten wäre, sie würden alle zu Schlamm.«
    »Wieso gehst du dann nicht runter und löst das Problem für uns alle, Herr Mörder? Für einen Helden, der immer das Gepäck vom Schwarzen Wow getragen hat, sollte das doch eine Kleinigkeit sein.«
    »Dow.«
    »Wie auch immer. Zieh dir aber vorher besser ein paar Hosen an, ja?«
    »Ich sag ja gar nicht, dass wir sie abmurksen sollten oder so, ich meine ja bloß. Erbarmen und Feigheit sind dasselbe, habe ich mal gehört.«
    »Ich tue, was getan werden muss, keine Sorge. Das habe ich immer. Aber ich bin nicht Morveer. Ich bringe keine elf Bauern um, nur damit ich mich besser fühle.«
    »Das ist doch mal schön zu hören. Diese ganzen kleinen Leute, die in der Bank krepiert sind, schienen dir aber nichts zu bedeuten, solange Mauthis darunter war.«
    Ihr Gesicht verdüsterte sich. »Der Plan war anders.«
    »Ebenso wenig wie die Leute bei Cardotti.«
    »Das bei Cardotti lief auch nicht so, wie ich es mir gedacht hatte, falls dir das nicht aufgefallen ist.«
    »Doch, ist es mir. Die Schlächterin von Caprile nennt man dich doch, oder? Was ist in Caprile geschehen?«
    »Das, was nötig war.« Sie erinnerte sich, wie sie in der Dämmerung zu den Toren geritten war, und an die Besorgnis, die sie überkam, als sie den Rauch über der Stadt erblickte. »Etwas zu tun und etwas gern zu tun, sind zwei verschiedene Dinge.«
    »Das Ergebnis ist aber dasselbe, oder?«
    »Was, zur Hölle, weißt du davon? Ich kann mich nicht erinnern, dass du dabei gewesen wärst.« Sie schüttelte die Erinnerung ab und stand auf. Die sorglose Wärme des letzten Zugs Spreu klang langsam ab, und sie fühlte sich seltsam unwohl in ihrer eigenen vernarbten Haut, wie sie unter seinen Blicken durchs Zimmer ging, splitternackt bis auf den Handschuh über ihrer rechten Hand. Die Stadt erstreckte sich mit ihren Türmen und den vielen Bränden vor dem

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