Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
nichts von Emers Zurückhaltung hatte.
Chaquie sah ihn erschrocken an.
»Sie hat mir immer irgendwelche Geschichten erzählt, dass sie wegen einer Erkältung einen Whiskey brauchte, oder einen Port oder Brandy gegen eine Magenverstimmung, oder...«
»Was kann ich dafür, wenn ich oft unpässlich bin?«, fuhr Chaquie dazwischen, und ihre Stimme klang vornehmer als je zuvor.
Josephine starrte sie an, und Chaquie schwieg.
»Wie gesagt«, seufzte Dermot, »sie hat schon immer gern getrunken, aber erst als sie den Ring am Finger hatte, konnte sie nicht mehr verbergen, wie weit es schon gekommen war. Und dann fing sie an, mich zu blamieren.«
Chaquie stieß einen Laut aus, aber Josephine brachte sie mit einem Stirnrunzeln zum Schweigen.
»Wie hat sie Sie blamiert?«
»Ich arbeite sehr viel«, sagte Dermot. »Sehr viel. Ich bin ein Selfmademan und habe mein Geschäft aus dem Nichts aufgebaut ...«
»Und das hast du alles allein gemacht, wie?«, unterbrach Chaquie ihn, und ihre Stimme war überraschend schrill. »Ohne mich hättest du das nie geschafft. Ich hatte die Idee, die aufrechten Sonnenbänke zu bestellen.«
»Das stimmt nicht!«, sagte Dermot gereizt. »Ich hatte sie schon in einem Katalog gesehen, lange bevor du welche in London entdeckt hattest.«
»Ach was, das ist doch gelogen. Du wusstest nicht einmal, wie sie funktionieren.«
»Wenn ich es doch sage.« Dermot betonte jede Silbe mit einer Bewegung seiner winzigen Hand. »Ich hatte davon gelesen.«
»Vielleicht könnten wir später noch einmal darauf zurückkommen«, sagte Josephine, »wir sind hier, um über Chaquies Alkoholproblem zu sprechen.«
»Damit wären wir die ganze Woche beschäftigt«, sagte Dermot mit einem bitteren Schnauben.
»Meinetwegen. Fahren Sie bitte fort«, forderte Josephine ihn auf. Das ließ er sich nicht zweimal sagen.
»Ich wusste nicht, wie weit es mit ihr gekommen war, weil sie heimlich trank«, sagte er. »Sie versteckte die Flaschen und sagte, sie habe Migräne, wenn sie in Wirklichkeit mit einer Flasche Schnaps ins Bett ging.«
Chaquies Gesicht war rot angelaufen.
»Und belogen hat sie mich nach Strich und Faden. Im Garten habe ich rund zwanzig leere Bacardi-Flaschen gefunden, und sie sagte, sie wisse nichts darüber, und schob die Schuld auf die Jugendlichen aus den Sozialwohnungen.«
Er fuhr fort: »Und dann kam der Bankdirektor mit seiner Frau zum Abendessen – ich wollte ein Darlehen von ihm, um mein Geschäft zu erweitern –, und Chaquie fängt an zu singen: ›Happy Birthday, Mr. President, coocoocachoo‹, als wäre sie Marilyn Monroe, und wackelt mit dem Hintern und streckt ihm ihr Dekollete entgegen...«
Ich warf Chaquie einen Blick zu. In ihrem Gesicht spiegelte sich das blanke Entsetzen. Ich spürte eine beschämende Mischung aus Mitleid und Schadenfreude.
»... sie hatte schon den ganzen Nachmittag getrunken. Aber als ich sie fragte, log sie und behauptete, sie sei stocknüchtern. Dabei konnte selbst ein Blinder sehen, dass sie betrunken war. Dann ging sie in die Küche, um die Räucherlachsroulade aufzutragen, und kam nicht wieder rein. Wir haben eine Ewigkeit gewartet, es war mir so peinlich, und ich versuchte, die Unterhaltung mit Mr. O’Higgins in Gang zu halten. Und als ich sie suchte, wo habe ich sie da gefunden? Im Bett, voll bis obenhin ...«
»Mir war nicht gut«, murmelte Chaquie.
»Dass ich das Darlehen nicht bekommen habe«, fügte Dermot mit einiger Befriedigung an, »brauche ich wohl kaum zu sagen. Danach wurde es immer schlimmer, sodass sie jeden Abend betrunken war und meistens schon tagsüber. Ich konnte mich überhaupt nicht mehr auf sie verlassen.«
»Das mit dem Darlehen reibst du mir immer wieder unter die Nase«, rief Chaquie aus. »Dabei hatte es nichts damit zu tun, dass mir nicht gut war. Es lag daran, dass die Zahlen nicht stimmten, und das hatte ich dir gesagt, bevor du mit deinen komischen Plänen zu O’Higgins gegangen bist.«
Dermot beachtete sie gar nicht.
»Und die ganze Zeit versuchte ich, das Geschäft aufzubauen«, fuhr er fort. »Und habe Tag und Nacht gearbeitet, weil ich den besten Schönheitssalon in South County Dublin haben wollte.«
»Ich habe auch Tag und Nacht gearbeitet«, warf Chaquie ein. »Und ich hatte die meisten Ideen. Zum Beispiel die mit den Sonderangeboten.«
»Du mit deinen ...«, sagte Dermot, »das stimmt nicht. – Wir haben bestimmte Sonderangebote, verstehen Sie.« Er sah Misty und mich an. »Man kann sich einen ganzen Tag lang
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