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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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weil Celine Davy dabei erwischt hatte, wie er die Wettnachrichten in der Zeitung las. Da Davy spielsüchtig war, galt das als genauso schlimm, als wenn jemand wie Neil unter dem Bett sein eigenes Bier brauen würde.
    Laut Barry war Davy ausgerastet, sodass Finbar, Gärtner und Faktotum in einem, herbeigerufen werden musste, um Davy unter Kontrolle zu bringen. Bei diesen Neuigkeiten setzte eine Wanderbewegung, angeführt von Barry, dem Überbringer froher Nachrichten, aus dem Speisesaal ein und bewegte sich in Richtung des Gemenges, und jeder hoffte, einen guten Platz am Ring zu ergattern.
    Ich ging nicht mit.
    Ich war zu missgelaunt und hatte keine Lust.
    Als der Staub sich wieder gelegt hatte, sah ich, dass Chris und ich allein im Speisesaal saßen, und das heiterte mich auf. Selbst Misty, die blöde Kuh, hatte sich den anderen angeschlossen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er sanft und setzte sich neben mich.
    Ich sah in seine wasserblauen Augen und war wie berauscht von ihrer Schönheit.
    »Nein«, sagte ich rastlos. »Ich bin ... Ich bin ... Ich weiß auch nicht, ich habe die Nase voll.«
    »Klar, ich verstehe.« Nachdenklich fuhr er sich mit seiner großen, kräftigen Hand durch das weizenfarbene Haar und setzte eine angemessen bekümmerte Miene auf, und ich sah ihn hoffnungsvoll an. Ach, es gefiel mir außerordentlich gut, im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit zu stehen!
    »Was können wir tun, um Rachel aufzuheitern?«, sagte er, als spräche er mit sich selbst. Ich fühlte mich regelrecht gebauchpinselt.
    »Komm, wir machen einen Spaziergang«, schlug er fröhlich vor.
    »Wo?«, fragte ich.
    »Na, draußen.« Er nickte in Richtung Fenster.
    »Aber es ist dunkel«, wandte ich ein. »Und kalt.«
    »Komm schon«, drängte er und lächelte ironisch, wie es seine Spezialität war. »Etwas Besseres kann ich dir leider nicht bieten.« Dann fügte er vielversprechend hinzu: »Im Moment jedenfalls nicht.«
    Ich holte schnell meinen Mantel, dann traten wir in die eiskalte Nacht hinaus und stapften auf dem Gelände herum.
    Ich sagte nicht viel. Nicht weil ich nicht sprechen wollte. Ich hätte mich liebend gern mit ihm unterhalten, aber ich war nervös, und mein Hirn hatte das getan, was es in solchen Situationen immer tat: Es hatte sich in einen Klumpen Beton verwandelt – grau und schwer und leer.
    Auch er brachte keine Unterhaltung in Gang. Lange gingen wir schweigend nebeneinander, die einzigen Geräusche waren unser Atem, der sich in weißen Wolken von unseren Mündern löste, und das knirschende Gras unter unseren Füßen.
    Es war zu dunkel, um sein Gesicht zu sehen. Als er sagte: »Einen Moment, warte mal, warte!« und seine Hand auf meinen Arm legte, wusste ich nicht, was er vorhatte. Meine Eingeweide sprangen vor Freude, in der Hoffnung auf eine heimliche Umarmung unter nächtlichem Himmel. Und ich bedauerte es, dass ich sechs Lagen Klamotten trug.
    Aber er wollte mich nur unterhaken.
    »Gib mir deinen Arm«, sagte er und schob meine Hand durch seine Armbeuge. »Gut, weiter geht’s!«
    »Allerdings, weiter geht’s!«, sagte ich und versuchte, mit meiner extremen Lustigkeit zu zeigen, dass mir unsere Berührung nicht das Mindeste ausmachte. Dass mein Atem nicht plötzlich flach und stoßweise ging, und dass ein begehrliches Zucken nicht wie ein Schnellzug von meinem Ellbogen direkt in meine Lenden gefahren war.
    Und weiter ging’s, Seite an Seite, Arme und Schultern einander berührend. Wir sind fast gleich groß, sagte ich mir und versuchte, das als einen Vorteil zu sehen. Wir passen gut zusammen.
    Weil ich Chris so nah war, ging es mir in Bezug auf Luke besser. Es beschwichtigte meine Angst, dass er vielleicht eine andere Frau kennengelernt hatte. Es besänftigte meine aufgewühlten Gefühle. Einen Moment lang war ich so voller Verlangen nach Chris, dass ich die entsetzliche Erinnerung an Luke ausblenden konnte.
    Ich sehnte mich danach, von Chris geküsst zu werden. Das Verlangen machte mich fast schwindlig. Ich war verrückt vor Sehnsucht.
    Was würde ich nicht geben ...
    Entsetzt stellte ich fest, dass wir wieder beim Haus angekommen waren.
    Schon?
    Wir standen im Licht, das aus den Fenstern schien, und konnten uns gegenseitig sehen.
    »Guck mal!« Chris drehte sich zu mir um, sein Gesicht war ganz nah an meinem, berührte es fast. Alle Nervenenden waren in Alarmbereitschaft, jetzt musste die Umarmung kommen.
    »Siehst du das große Badezimmer da?« Er zeigte auf ein Fenster, sein Körper war verführerisch

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