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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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war überrascht, als sie mich fragte, was sie anziehen sollte. Es rührte mich so sehr, dass ich vergaß, sie zu hassen.
    Und ich war äußerst dankbar, etwas zu tun zu haben. Ich hörte deswegen nicht auf, an Luke zu denken, aber die wilden Qualen wurden dadurch zu einem pochenden Hintergrundschmerz reduziert. Das war nicht ganz so schlimm, einfach nur die ganze Zeit da.
    Chaquie hatte ihre gesamte Garderobe in dem sehr kleinen Zimmer ausgebreitet. Was mich daran erinnerte, dass ich sie wirklich fragen musste, ob es ihr etwas ausmachen würde, im Schrank ein bisschen Platz für meine Sachen zu machen, die immer noch in meiner Reisetasche auf dem Fußboden lagen.
    »Was meinst du, Rachel?«, fragte sie mich. »Das Jaeger- Kostüm und das Hermès -Tuch?«
    »Ehm, vielleicht etwas, das nicht ganz so förmlich ist«, schlug ich vor. »Hast du keine Jeans?«
    »JEANS!« Sie lachte schrill. »Du liebe Güte! Natürlich nicht! Durm’t würde tot umfallen, wenn er mich in Jeans sähe.« Sie ging in die Knie, um sich in dem (kleinen, altersblinden) Spiegel zu betrachten und rückte ihre perfekt sitzende Frisur zurecht.
    »Jesus, Maria und Joseph!«, rief sie aus und verdrehte die Augen. »Ich sehe aus wie ein wahrhaftiges Wrack.«
    Das stimmte natürlich überhaupt nicht. Alles an ihr war makellos.
    »Es ist wichtig, dass man sich für den Ehemann schön macht«, vertraute sie mir an, als sie einen engen Rock anzog und eine Strickjacke, auf deren Vorderseite Perlen und dergleichen appliziert waren. Entsetzliches Zeug.
    Mit fahrigen Bewegungen toupierte sie ihre Haare. Sie war wirklich sehr nervös, weil Dermot kam.
    »Du siehst sehr gut aus«, sagte ich, obwohl ich fand, dass sie unmöglich aussah.
    Ich sah auf die Uhr – zwölf Uhr mittags. Noch drei Stunden und ich könnte mit Luke sprechen!
    »Wenn Dermot kommt, möchtest du dann, dass ich ... ehm ... du weißt schon ...« Ich begleitete mein großzügiges Angebot mit Handbewegungen, die andeuteten, dass ich mich dünnmachen würde.
    »Was?«
    »Möchtest du das Zimmer für euch allein haben, damit ihr ... ehm ... na ja ...«
    Sie sah mich angewidert an. »Wie? Damit wir Geschlechtsverkehr haben können, meinst du das?«
    »So kann man es auch ausdrücken.« Die Sprache der Liebe.
    »Du liebe Güte, nein!« sagte sie. »Das einzig Gute hier ist ja, dass ich nicht von ihm und seiner Rute belästigt werde, wenn ich abends mein Buch lesen will. Und abgesehen davon ist es nicht erlaubt, Besucher mit aufs Zimmer zu nehmen.«
    »Man darf keine Besucher mit aufs Zimmer nehmen?« Jetzt war ich es, die angewidert dreinsah. »Selbst im Gefängnis dürfen die Leute ihre ehelichen Rechte wahrnehmen, oder etwa nicht?«
    Chaquie ging immer wieder zum Fenster, und schließlich, um halb zwei, sagte sie: »Da kommt er.«
    Man kann ihre Stimme fast nicht beschreiben. Bewunderung lag darin, Erleichterung und Hass, alles zu gleichen Teilen.
    »Wo?«, fragte ich und trat ans Fenster, um ihn mir ansehen zu können.
    »Da, er steigt gerade aus dem neuen Volvo da aus.«
    Fasziniert beobachtete ich den Mann und hoffte, dass er schrecklich sein würde. Aber aus der Entfernung sah er nicht so übel aus. Mit dem gebräunten Teint und dem auffallend schwarzen Haar konnte man ihn als einen von der Sorte Mann beschreiben, die »auf sich achteten«. Er trug ein Jeanshemd, eine lederne Blousonjacke und eine Bundfaltenhose, deren Bund fast um seine Brust lag – einer der sinnlosen Tricks, mit denen korpulente Männer versuchen, ihren Bauchansatz zu verbergen. Ein Blick auf Dermot verriet mir, dass Chaquie nicht die Einzige in der Ehe war, die sich ab und zu einen Bacardi Cola genehmigte.
    Als ich ihn musterte und nach Fehlern absuchte, stellte ich fest, dass er kleine Hände hatte und, noch schlimmer, kleine Füße. Man konnte seine Füße unter den Hosenaufschlägen kaum sehen. Männer mit kleinen Händen und Füßen verabscheute ich. Sie wirkten so unmännlich, wie Zwerge oder Gnome. Helen behauptete immer, dass sie Männer mit kleinen Händen mochte, aber das lag daran, dass sie ganz kleine Brüste hatte, und je kleiner die Hände eines Mannes, desto größer waren ihre Brüste imVergleich.
    Hastig sprühte Chaquie sich fast mit einer ganzen Flasche White Linen ein, strich sich den Rock glatt und eilte aus dem Zimmer, um ihn zu begrüßen.
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Allein sein wollte ich nicht, also beschloss ich, nach unten zu gehen und zu sehen, was so los war. Auf der Treppe traf ich

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