Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
in dem Streit zwischen Don und Eddie vermittelt hatte, zu uns herüber.
»Na, wie sieht’s aus?« Er nickte Angela zu und setzte sich.
»Meine Güte«, sagte er kopfschüttelnd. »Hab ich die Faxen dicke von denen.«
Keiner rührte sich. Wir saßen wie erstarrt.
»Von Don und Eddie, meinst du?«, fragte ich, ängstlich bemüht, die Sache zu überspielen.
»Ja«, seufzte der ahnungslose Fergus. »Eddie denkt doch wirklich, er kann bei Don was lockermachen. Dabei war es nur seine speckige Zeitung!«
»Don ist aber auch manchmal ein ganz schöner Dickschädel«, sagte ich und verstummte.
Inzwischen rann mir der Schweiß am ganzen Körper herunter.
»Du alte Fettsau«, schrie Eddie Don an, und wir sahen stumm zu.
»O nein«, brüllte Stalin dazwischen. »Guckt euch diese Dickärsche an ... brummel, brummel.«
Es stellte sich heraus, dass er die Sportseite las und Arsenal einen wichtigen Sieg errungen hatte, aber so klang es nicht.
Ich hing hilflos auf dem Stuhl.
Dann kam Peter zu uns und setzte sich. Ich atmete erleichtert auf.
»Hallo«, sagte er zu Angela, »ich bin Peter.«
»Angela.« Sie lächelte nervös.
»Na«, sagte er mit einem affektierten Lachen, »dich brauchen wir ja nicht zu fragen, warum du hier bist.«
Ich wäre beinahe in Ohnmacht gefallen.
»Vielleicht verlieben Angela und Eamonn sich«, sagte Don später mit gefalteten Händen und leuchtenden Augen.
»Wäre das nicht toll? Dann könnten sie lauter kugelrunde Babys kriegen.«
»Das sollte man nicht sagen«, sagte Vincent vorwurfsvoll.
»Warum nicht?«, fragte Don. »Liz Taylor und Larry Fortensky haben sich doch auch während einer Entziehungskur kennengelernt. Es gibt noch Liebesgeschichten, Träume werden wahr.«
Ich fragte mich, ob Don aufgrund seiner latenten Homosexualität Judy Garland noch nicht begegnet war. Wenn das der Fall war, musste ich die beiden miteinander bekannt machen.
Für den Rest der Woche brach mir zweimal am Tag der Angstschweiß aus, falls Josephine mit dem Fragebogen in die Gruppensitzung kommen würde. Als sie ihn nicht mitbrachte, begann ich vorsichtig zu hoffen, dass sie ihn vielleicht gar nicht mitbringen würde. Obwohl ich mich gerettet wähnte, kochte jedes Mal, wenn ich an Luke dachte – und das war die meiste Zeit –, die Wut in mir hoch. Ich schwankte zwischen heißem Zorn – dann plante ich schreckliche Rache gegen ihn – und weinerlicher Verwirrung – dann quälte ich mich mit der Frage, warum er so gemein zu mir gewesen war.
Mit den anderen zusammenzusein, gab mir merkwürdigerweise Trost. Fast alle schimpften mit wilder Begeisterung auf Luke und waren sehr nett zu mir.
Dennoch wollte ich gern denken, dass es noch etwas anderes bedeutete, wenn Chris mich in den Arm nahm. Weil wir nicht in derselben Gruppe waren, sahen wir uns nur zu den Mahlzeiten und an den Abenden. Aber er sorgte immer dafür, dass er nach dem Abendessen neben mir saß. Ich freute mich darauf, ihn neben mir zu haben und ein kleines Privatgespräch zu führen. Manchmal glaubte ich fast daran, dass es gar nicht so schlecht war, in Cloisters eingesperrt zu sein.
Die Woche nahm ihren Lauf.
Am Mittwoch las Chaquie ihre Lebensgeschichte vor, die harmlos und unaufregend war.
Am Mittwoch kam ein Bruder von Clarence als Wichtige Beteiligte Bezugsperson, doch da Clarence seinen Alkoholismus nicht mehr leugnete, gab es keine Überraschungen. Im Gegenteil, Clarence stahl seinem Bruder die Pointe zu jeder Schauergeschichte.
Am Freitag kam Neils Freundin Mandy Aus irgendeinem Grund hatte ich eine aufgedonnerte Tussi erwartet, mit Minirock und massenhaft Eyeliner. Aber Mandy hätte Emers ältere, noch unscheinbarere Schwester sein können. Mir kam es vor, als wäre Neil auf der Suche nach einer Mutterfigur. Mandy bestätigte, was wir alle schon wussten. Nämlich dass Neil jede Menge trank, seine Frauen ab und zu schlug und ihnen dabei auch manchmal die Knochen brach.
Donnerstagabend trafen sich die Narcotics Anonymous. Als ich am ersten Tag auf das Schwarze Brett geschaut hatte, hatte ich den Eindruck gehabt, dass es Hunderte von Treffen gab, aber es stellte sich heraus, dass es nur eins pro Woche war. Da ich zum ersten Mal zu den NA ging, war ich neugierig. Fast ein wenig aufgeregt. Aber das Ganze war unglaublich: Vincent, Chris, Fergus, Nancy, die Hausfrau, Neil und ein paar andere gingen in die Bücherei, wo sich eine sehr attraktive blonde Frau mit einem Akzent aus der Gegend von Cork zu uns setzte und vorgab, bis vor
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