Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
schöne Vorstellung, was?“
„Der Täter hatte also leichtes Spiel, als er hier eingedrungen ist. Er konnte ins Gebäude und zu dieser Toilette gelangen, ohne dabei gesehen zu werden.“
„Dennoch ist er dabei ein großes Risiko eingegangen. Schüler oder Lehrer hätten jederzeit vorbeikommen können. Das konnte er unmöglich planen. Ich kann allerdings nicht abschätzen, wie lange er benötigt hat, um die Leiche hereinzubringen. Aufgrund der Kraftanstrengung wird er nicht schnell gerannt sein. Demzufolge dürfte er mindestens eine Minute vom nächstgelegenen Parkplatz bis hierher gebraucht haben.“
„Die Frage ist, wann die Eingangstüren geöffnet werden.“
„Das sollten wir von der Rektorin erfahren können. Sie ist momentan drüben bei Magdalena.“
„Dann lass uns direkt zu ihr gehen. Hier können wir nichts weiter erledigen.“ Mit einem trübsinnigen Blick auf den Leichnam machte Tommy kehrt und schritt hinaus auf den Flur. Dorm folgte ihm.
Als die beiden den Klassenraum betraten, in dem Magdalena von mehreren Erwachsenen umringt wurde, schritt eine kleine Frau energisch auf sie zu. Sie war nur eins sechzig groß, wirkte aufgrund ihrer starren Körperhaltung aber sehr autoritär.
„Sind Sie die zuständigen Ermittler in diesem Fall?“, fragte sie.
Tommy nickte, zog seinen Ausweis aus der Tasche und stellte Dorm und sich vor.
„Sehr gut. Dann können Sie mir sicherlich sagen, was hier Sache ist und wie das passieren konnte.“
Etwas verdutzt sah Tommy die Frau an. „Wir haben gehofft, dass Sie uns das sagen können. Sie sind doch die Rektorin dieser Schule, oder?“ Er hatte ihr Bild hin und wieder in der Zeitung gesehen.
„Das ist korrekt. Mein Name ist Anneliese Walther. Ich bin seit zwanzig Jahren Rektorin hier. Und in dieser Zeit ist nie etwas Vergleichbares passiert. Das ist ein Skandal!“
„Absolut richtig.“
„Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen? Ich verlange gefälligst eine Erklärung von Ihnen. Wer ist der Ermordete? Wieso wurde er getötet? Warum hier? Womit haben wir das verdient?“
„Das können wir Ihnen nicht beantworten. Vielleicht sind Sie in der Lage, etwas Licht auf das Ganze zu werfen.“
„Ich? Wie sollte ich das machen?“
Bevor Thomas antwortete, sah er an der Rektorin vorbei zu Magdalena. Die Schülerin war am Boden zerstört. Sie saß wie ein Häufchen Elend auf einem Stuhl. Ihre Augen waren gerötet. Das Gesicht wirkte sehr blass. Daher bat Thomas die Rektorin, mit ihm und Dorm auf den Flur zu gehen, um ihre Unterhaltung dort weiterzuführen.
„Ich kenne den Mann nicht. Ich kann mir nicht erklären, was das alles zu bedeuten hat“, stellte Anneliese klar, sobald sie den Raum gemeinsam verlassen hatten.
„Woher wissen Sie, dass Sie den Mann nicht kennen? Haben Sie die Leiche gesehen?“
„Selbstredend. Es war widerlich.“
Thomas zog seinen Notizblock hervor. „Können Sie uns sagen, was sich hier in der letzten Stunde ereignet hat? Der exakte Ablauf wäre uns eine enorme Hilfe.“
„Ich kam um halb acht hier an, bin in mein Büro gegangen und habe mich an die Arbeit gemacht. Das soll heißen, dass ich am Computer einige organisatorische Aufgaben erledigt habe. Um Viertel vor acht stürmte Frau Neubauer zu mir. Sie war mit den Nerven vollkommen am Ende. Ich fragte sie, was geschehen sei, und sie erklärte, dass eine Schülerin einen ermordeten Mann auf der Mädchentoilette gefunden habe. Zunächst habe ich ihr nicht geglaubt. Die Geschichte klang viel zu aberwitzig. Aber es war meine Pflicht, der Sache auf den Grund zu gehen. Also tat ich es und musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass sich dort tatsächlich eine Leiche befindet.“ Mit Unbehagen sah sie zur Toilette.
„Wer hat den Leichnam sonst noch gesehen?“
„Ein paar Schülerinnen und Schüler kamen herbeigelaufen. Auch einige Lehrer stießen hinzu.“
„Aber es hat hoffentlich niemand etwas angefasst oder verändert?“
„Denken Sie im Ernst, dass jemand dort freiwillig etwas angepackt hätte? Wir standen alle unter Schock. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie dieser Anblick auf die Schüler wirken wird. Bestimmt werden einige von ihnen sehr lange daran zu knabbern haben. Ehrlich gesagt befürchte ich, dass es mir selbst nicht anders ergehen wird.“ Sie schloss die Augen. Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, fuhr sie fort: „Jedenfalls habe ich dann bei Ihnen angerufen und anschließend dafür gesorgt, dass die Toiletten bis zum Eintreffen Ihrer Kollegen abgeschlossen
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