Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
Weg in die Innenstadt. Sicherlich würden sie sich dort in verschiedene Eisdielen begeben, um ihren Feierabend zu genießen. Davon konnte Tommy nur träumen. Denn kaum hatte er sich nun seinem Schreibtisch zugewandt, da klingelte auch schon das Telefon. Er schritt hinüber und griff zum Hörer. „Hier spricht Hauptkommissar Thomas Korn. Was kann ich für Sie tun?“
„Hallo, Herr Kommissar. Ich bin es. Friedhelm Korst.“
Tommy musste kurz überlegen, wo er diesen Namen einordnen sollte. Dann fiel es ihm wieder ein. Korst war der Hausmeister der Kollwitz-Schule. „Guten Abend. Ist Ihnen etwas Wichtiges eingefallen?“
„Leider nicht. Ich wollte mich nur erkundigen, wie der Stand der Dinge ist. Sind Sie dem Mörder schon auf die Spur gekommen?“
„So schnell geht das nicht. Wir müssen zunächst alle Spuren auswerten. Das dauert seine Zeit.“
Korst brummte etwas vor sich hin. Dann sagte er: „Wenn Sie es möchten, dann könnte ich das gesamte Schulgelände umkrempeln. Irgendwie muss der Mörder schließlich zur Mädchentoilette gelangt sein. Dabei wird er bestimmt einen Fußabdruck oder so hinterlassen haben.“
„Das Angebot ist nett, aber unsere Experten von der Spurensicherung haben bereits alles bei Ihnen überprüft. Es gibt keine Spuren, die der Mörder unfreiwillig hinterlassen hätte.“
„Wäre es nicht möglich, dass Ihre Experten etwas übersehen haben?“
„Theoretisch ist alles möglich. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering. Die Leute wurden dafür ausgebildet. Zudem sind sie mit Spezialgeräten ausgerüstet.“
„Und ich bin nur ein dämlicher Hausmeister. Das wollten Sie doch gerade sagen, oder?“
„Nein. Ich wollte nur darauf hinaus, dass Sie sich die Mühe sparen können, alles noch einmal abzusuchen. Selbstverständlich kann ich Sie nicht davon abhalten. Wenn Sie es unbedingt machen möchten, dann legen Sie los. Aber meinetwegen müssen Sie diese Strapazen nicht auf sich nehmen. Ich weiß schließlich, wie anstrengend eine solche Untersuchung sein kann.“
„Bestimmt haben Sie recht. Ich habe nur gedacht, dass ich aktiv bei der Mörderjagd mitmachen müsste. Denn mich plagen Schuldgefühle.“
„Schuldgefühle? Wieso das denn? Was haben Sie mit der ganzen Sache zu tun?“
„Nichts“, stellte Korst schnell klar. „Aber ich hätte den Täter sehen müssen. Die Schule ist gewissermaßen mein Baby. Sie ist alles, was ich im Leben noch habe. Meine Frau hat mich vor drei Jahren sitzengelassen. Meine Tochter ist kurz danach gestorben.“
„Das tut mir sehr leid“, sagte Tommy aufrichtig. „Aber ich verstehe noch nicht, was Sie mit dem -?“
„Ich war in meinem Büro, als der Mörder die Leiche zur Toilette gebracht hat. Das heißt, dass ich nur wenige Meter von ihm entfernt war.“
„Ihr Büro liegt doch im Keller.“
„Ich meinte die Luftlinie. Allein der Gedanke daran lässt mich krank werden. Nichtsahnend habe ich dort unten gesessen. Das ist so schrecklich.“
„Trotzdem brauchen Sie sich keine Vorwürfe zu machen. Sie hätten den Mord nicht verhindern können.“
„Aber ich hätte den Mörder sehen müssen. Darum geht es. Dann könnte ich Ihnen jetzt eine Beschreibung von ihm liefern. Ich werde mir das nie verzeihen. Wieso habe ich nicht besser aufgepasst?“
„Ich kann nur noch einmal betonen, dass Sie sich nichts vorzuwerfen haben. Im Nachhinein sieht so eine Angelegenheit immer anders aus. Denn jetzt wissen Sie, was passiert ist. Und sie beziehen Ihre Handlungen auf die jetzige Erkenntnis. Aber heute Morgen wussten Sie nicht, was vor sich ging. Von diesem Standpunkt müssen Sie das Geschehene betrachten. Niemand hätte an Ihrer Stelle anders reagiert. Niemand konnte ahnen, was passieren würde.“
„Stimmt, doch das ist noch nicht alles. Sie kennen noch nicht die ganze Geschichte. Ich hätte heute Morgen nicht nur eine Tür im Nebengebäude reparieren sollen, sondern auch einen Schreibtisch im Lehrerzimmer. Aber ich bin nicht direkt dorthin gegangen. Hätte ich das gemacht, dann wäre ich dem Mörder wahrscheinlich in die Arme gelaufen.“
„Dann sollten Sie lieber froh sein, dass Sie jetzt noch leben. Dieser Täter kennt nämlich kein Pardon.“
Korst zögerte. „So habe ich das noch gar nicht gesehen. Meinen Sie, dass der Mann auch mich getötet hätte?“
„Was glauben Sie denn? Er hätte Sie wohl kaum auf einen Kaffee eingeladen.“
„Das wirft natürlich ein neues Licht auf die Sache. Dann war es womöglich sogar besser,
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