Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
konnte. Sollte ich herausfinden, dass Judith gestorben ist, weil sie nicht genug Unterstützung bekommen hat, dann werde ich den ganzen Laden hier vor Gericht bringen.“
„Dazu haben Sie jedes Recht. Ich würde Sie sogar dabei unterstützen.“
„Wie bitte?“
„Sie haben mich richtig verstanden. Ich bin Hauptkommissar. Sollte ich erfahren, dass bei der Streife solche Missstände herrschen, dann werde ich der Erste sein, der dagegen angeht. Das können Sie mir glauben. Wenn Sie also jemanden unter Druck setzen wollen, dann bin ich die falsche Ansprechperson. Möchten Sie, dass ich Sie mit den Kollegen verbinde? Bei denen können Sie Ihren Zorn ablassen.“
Lars zögerte. „Nein, das wird nicht nötig sein.“
Thomas verspürte eine innere Zufriedenheit. Er hatte Brenner richtig eingeschätzt. Der Student wollte lediglich einmal auf den Putz hauen, um seine Wut zum Ausdruck zu bringen. Doch da hatte er sich den falschen Kommissar ausgesucht. So einfach ließ Thomas sich nicht beeindrucken.
„Hören Sie zu“, sagte er schließlich. „Es ist unfassbar tragisch, eine geliebte Person zu verlieren. Der Schmerz, den Sie empfinden, verwandelt sich automatisch in Hass. Das ist ein normaler Vorgang. Es ist menschlich. Aber meine Kollegen und ich sind für den Mord nicht verantwortlich. Wir müssen ihn aufklären. Das ist unser Job. Wenn Sie das ebenfalls als Ihre Aufgabe ansehen, dann geben Sie uns alle Hinweise, die Sie als wichtig erachten. Falls Sie aber aufgrund Ihres Zorn auf blinde Rache aus sind, dann verlassen Sie auf der Stelle dieses Büro.“
Wieder zögerte Brenner. Er sah Tommy an und schien nachzudenken. Schließlich sagte er: „Fein. Sie haben gewonnen. Ich werde mich zusammenreißen und Ihnen bestmöglich behilflich sein.“
„Gute Entscheidung.“
„Ich befürchte nur, dass ich nicht weiß, wie ich Sie weiterbringen kann. Judith ist nach unserem Streit einfach verschwunden. Als Nächstes kommen Sie bei mir vorbei und berichten mir von ihrem Tod. Dazwischen ist nichts passiert. Ich habe keine Ahnung, was wichtig sein könnte und was nicht.“
„Haben Sie noch einmal darüber nachgedacht, wo Ihre Freundin nach dem Streit hingefahren sein könnte? Wenn wir wüssten, wo der Mörder sie aufgegriffen hat, dann könnte uns das einen großen Schritt voranbringen.“
„Ich weiß es nicht. Aber Sie haben doch bestimmt den ganzen Fundort untersucht. Da der Mörder anscheinend nicht einmal dort eine Spur hinterlassen hat, wird er es auch nicht am eigentlichen Ort des Verbrechens gemacht haben.“
„Das kann man nicht wissen. Der Kerl könnte darauf spekulieren, dass wir den Tatort nicht ausfindig machen. Daher könnte er dort unvorsichtiger vorgegangen sein.“
Brenner schlug sich auf die Knie. „Toll. Damit machen Sie es nur noch schlimmer. Jetzt werfe ich mir erst recht vor, keine Ahnung zu haben, wo Judith gewesen sein könnte. Andererseits ist es Ihre Aufgabe, das herauszufinden, nicht wahr?“
„In der Tat.“
„Dann sitzen Sie nicht länger hier herum, sondern machen Sie sich an die Arbeit.“ Brenner erhob sich von seinem Stuhl und schritt hinüber zur Tür. „Sollte Ihnen die Ermordung einer Kollegin wirklich so sehr an die Nieren gehen, wie Sie es behaupten, dann beweisen Sie es. Finden Sie den Mörder. Und zwar besser gestern als heute.“ Er öffnete die Tür, trat hinaus auf den Flur und ging ohne ein Wort des Abschieds davon.
Das werde ich , dachte Tommy überzeugt.
Das werde ich.
14
Das Hotelrestaurant wies ein angenehmes Ambiente auf. Sowohl die Tischdekorationen als auch das gedämmte Licht verströmten ein einzigartiges Flair. Nora und Hans saßen an einem der fünfzig Tische und genossen den Abend. Sie hatten sich absichtlich in den hinteren Bereich des Restaurants zurückgezogen, um dort ungestört reden und speisen zu können. Während die Tische im vorderen Abschnitt allesamt belegt waren, konnten die beiden um sich herum noch freie Plätze entdecken.
Nachdem sie sich am Nachmittag noch ein wenig über verschiedene Dinge unterhalten hatten, war Nora zunächst wieder auf ihr Hotelzimmer gegangen, um sich dort etwas auszuruhen. Allerdings hatte sie mit Hans vereinbart, an diesem Abend gemeinsam in ihrem Hotel zu essen. Denn nach wie vor genoss sie seine Gesellschaft. Es tat ihr gut, mit ihm zu reden. In seiner Gegenwart fühlte sie sich frei und unbefangen. Obwohl sie niemals für möglich gehalten hätte, einem fremden Menschen gegenüber so schnell ihre Skepsis zu
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