Radioactive -Die Verstossenen
auch so wütend. In gewisser Weise kann ich ihn sogar verstehen, denn D523 ist wirklich etwas Besonderes. Anders als alle anderen in der Sicherheitszone.
„Ich mochte sie gerne.“, sage ich leise. Daraufhin legt mein Gegenüber den Kopf schief und mustert mich neugierig.
„Mehr als die anderen?“
Ich nicke. Das stimmt ihn nachdenklich.
„Ist es nicht so, dass ihr alle gleich seid? Wie kann es dann sein, dass du jemanden mehr magst als einen anderen?“
„Sie ist nicht wie die anderen.“
„ Inwiefern ?“
„Sie benimmt sich anders, sie spricht anders, sie lacht. Niemand lacht in der Sicherheitszone. Sie ist so lebendig.“
„Das gefällt dir?“
„Ja!“, stoße ich voller Überzeugung aus und erkenne erst dann, dass ich vielleicht schon zu viel gesagt habe. So hört es sich an wie eine Kritik an der Legion, dabei wollte ich doch nur zum Ausdruck bringen, dass auch mir D523 nicht egal ist.
„Gibt es in der Sicherheitszone noch mehr Menschen, die du lieber als andere magst?“
C515 schießt mir durch den Kopf, aber das behalte ich für mich und so schüttele ich nur stumm den Kopf.
„Würdest du gerne öfters in der Sicherheitszone lachen? Findest du es nicht… gemein, dass sie es euch verbieten?“
Dieses Mal falle ich nicht auf sie rein. Ich werde nicht über mein Zuhause vor diesen Verbrechern herziehen.
„Dafür ist es zu spät. Ich werde die Sicherheitszone nicht mehr wiedersehen.“
Er runzelt irritiert die Stirn. „Woher willst du das wissen?“
„Wenn ihr mich nicht tötet, tötet mich die Radioaktivität.“
Ein Lächeln huscht über seine Lippen. „Aber wir leben doch auch.“
„Wie lange lebt ihr schon außerhalb der Sicherheitszone?“
„Ich seit 15 Jahren, andere schon länger. Finn zum Beispiel hat nie woanders gelebt.“
„Finn?“
„Der aufbrausende Kerl.“
„Er hat keine Bezeichnung?“
„Nein, das hat hier niemand. Ich glaube , es wird Zeit, dass ich mich dir vorstelle.“ E r hält mir seine Hand entgegen. „Ich bin Paul.“
Was soll ich mit seiner Hand tun? Warum hält er sie mir entgegen?
Er greift über den Tisch und fasst nach meiner Hand. Warm legen sich seine Finger auf meine Haut, bevor er sie leicht schüttelt.
„Das machen wir so zur Begrüßung.“, erklärt er und fängt an zu grinsen, wie ich es zuvor nur von D523 gekannt habe.
„Hat euch nie jemand von den Legionsführern gesagt, dass es draußen keine radioaktive Strahlung mehr gibt? Der Dritte Weltkrieg liegt schon so lange zurück, dass kaum mehr etwas davon übrig ist.“
Ungläubig starre ich ihm entgegen. Unsicher, ob ich ihm glauben soll. Warum hätten sie uns belügen sollen?
„Sie haben euch auch nie von uns erzählt, oder?“
„Doch, ihr seid Verstoßene.“
„Damit hat es vor vielen Jahren einmal angefangen, heute sind wir viel mehr als das. Wir sind Rebellen.“
Da ist es wieder, dieses schreckliche Wort, das so viele Gefahren in sich birgt. Ich will damit nichts zu tun haben.
„Warum macht ihr das? Die Legion will uns nur beschützen. Sie sorgen für die Sicherheit der Menschheit. Wir wären tot ohne sie.“
„Das war vielleicht einmal, mittlerweile sperren sie euch doch nur noch ein, um die Kontrolle zu behalten. Sie verbieten euch zu leben, ja sogar zu lachen. Das hast du selbst gesagt. Findest du das fair?“
„Es ist notwendig, wir sind die letzten Menschen.“
„Das waren wir noch nie und werden wir auch nie sein. Die Welt ist voller Menschen. Es gibt so viele Sicherheitszonen und Legionen, dass wir sie gar nicht zählen können. Wenn du es so sehen willst, könnten wir uns auch Sicherheitszone nennen.“
Ich schüttele entsetzt den Kopf. „Wie kannst du es wagen? Ihr habt rein gar nichts mit der Legion gemein. Ihr habt uns entführt und haltet uns fest. Hier gibt es keine Sicherheit!“
Meine Stimme ist so laut und schrill wie noch nie zuvor. Ich spüre ein wildes Rumoren in meinem Bauch und merke , wie sich die Haare meiner Arme aufstellen. Am liebsten würde ich auf den Tisch schlagen, aber ich tue es nicht. ‚Finn’ würde sich so benehmen, ich nicht.
„Was glaubst du denn , wie die Legion mit ihren Feinden umgeht? Sie bringen sie um, ohne jedes Zögern. Sie haben nur einmal den Fehler gemacht, sie einfach ohne Wasser oder etwas zu essen in die Wüste zu schicken. Denselben Fehler machen sie nicht noch einmal. Jeder , der nicht für sie ist, wird eiskalt erschossen.“
Eisern schüttele ich den Kopf und weigere mich , ihm zu glauben.
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