Raecher des Herzens
befleißigen sich einer sehr zweideutigen Redeweise. Offenbar wissen Sie nicht, wie man über eine Dame spricht oder wie sich ein Gentleman benimmt.«
»Wollen Sie es mich lehren?« Broyard stieß ein bellendes Lachen aus. »Exzellent. Mein Sekundant wird sich mit Ihrem in Verbindung setzen.«
Rio wandte sich zu Denys um. »Monsieur Vallier?«
Celinas Bruder blinzelte verwirrt, dann errötete er bis unter die Haarwurzeln. »Sie wünschen, dass ich ... aber selbstverständlich.« Er verbeugte sich. »Es wäre mir eine große Ehre, in dieser Sache als Ihr Sekundant zu fungieren.«
»Vielen Dank.«
Rio nickte ihm zu. Dann führte er Celina auf die Tanzfläche. Sie ließ es geschehen, doch als er sich ihr gegenüberstellte und die Hand auf ihre Taille legte, folgte sie seinen Bewegungen nur äußerst widerstrebend.
»Sind Sie deshalb auf dem Ball?«, wollte sie wissen. »Um Streit zu suchen?«
»Haben Sie etwas dagegen, dass man Ihre Ehre verteidigt?« Rio wich ein wenig zurück. Er wollte ihr ins Gesicht sehen können. Außerdem fürchtete er, ihr andernfalls die ausladenden Röcke schmerzhaft an den Körper zu drücken.
»Ich habe etwas dagegen, dass man mich als Vorwand benutzt. Ich will nicht schon wieder der Anlass für ein Duell sein.«
»Hätte ich es lieber Ihrem Bruder überlassen sollen, Broyard in die Schranken zu weisen?«
»Es bestand absolut kein Anlass, sich mit ihm zu schlagen.«
»Er hat sich Ihnen gegenüber äußerst unverschämt verhalten. Außerdem besaß er die Frechheit, Ihnen zu unterstellen, Sie hätten gelogen, um den Tanz mit ihm zu vermeiden.«
»Das habe ich doch auch getan.«
Celinas goldene Augen sprühten Funken. Es war widersinnig, sich an ihrem Zorn zu erfreuen, aber Rio tat es dennoch. Normalerweise war Celinas Temperament in ein Korsett aus Anstand und guter Erziehung eingezwängt. Doch in dieser Frau glomm ein Funke, den ein Mann, der sich darauf verstand, zu einem lodernden Feuer anfachen konnte. »Das mag wohl sein«, sagte Rio betont ungerührt. »Aber ein Gentleman muss sich Ihnen gegenüber dennoch stets korrekt verhalten. Sie mögen sich nicht daran stoßen, dass er Sie wie ein Flittchen behandelt hat. Aber mich stört es.«
»Mit welchem Recht?«
»Mit dem Recht jedes Mannes, der Respekt und Anstand für Werte hält, die zu verteidigen es sich lohnt.«
»Auch wenn er keinerlei Verbindung zum Opfer der Respektlosigkeiten hat?«
»Die hat er, meine Schöne, ob es Ihnen nun passt oder nicht«, sagte Rio zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Sie selbst haben dafür gesorgt.«
»Zu meinem unendlichen Bedauern.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit!« Er vollführte eine so beschwingte Drehung, dass sich Celinas seidene Röcke bauschten und sie nicht dazu kam, ihm zu antworten. Dann führte er den Tanz in ruhigerem Tempo fort. »Vergeben Sie mir«, sagte er abrupt. »Was ich eben sagte, war so ungezogen, dass es auch von Aristide Broyard stammen könnte.«
Celina wich seinem Blick aus. Auf ihren Wangen hatten sich rote Flecken gebildet. »Auch ich war unhöflich.«
»Sie haben die bessere Entschuldigung dafür«, sagte Rio mit einem schiefen Lächeln.
»Im Grunde bin ich nur wütend, dass Ihnen jetzt schon wieder ein Duell bevorsteht. Deswegen bin ich nicht hierher gekommen.«
»Und warum sind Sie wirklich hier?«
»Ich wollte mit Ihnen sprechen. Mit meinem Besuch bei Ihnen habe ich Dinge ins Rollen gebracht, die ich so nicht beabsichtigte. Ich wollte in Erfahrung bringen, ob sich die Ereignisse irgendwie aufhalten lassen.«
»Sie wollen von Ihrem Versprechen entbunden werden?«, fragte Rio. Verwundert stellte er fest, wie ihm die Brust eng wurde.
Celina hob den Kopf und starrte ihn an. »Das habe ich nicht gemeint. Was ich verhindern möchte, sind weitere Duelle. Es ist mir unerträglich, dass Sie bereits gegen vier Männer antreten mussten, nur weil Sie gegen Denys Gnade walten ließen. Und ich kann es nicht fassen, dass Sie sich morgen in der Frühe schon wieder hinaus zu den Eichen begeben müssen. Es lag nie in meiner Absicht, Sie in Gefahr zu bringen.«
Celinas Ehrlichkeit beeindruckte Rio. Am liebsten hätte er sie getröstet, ihr gesagt, sie dürfe ihn jederzeit in Gefahr bringen, wenn er sie nur in den Armen halten konnte. Er hatte gewusst, dass es ein Fehler war, mit ihr zu tanzen. Er begehrte sie so heftig, dass es an Folter grenzte, sich mit ihr im Takt der Musik zu wiegen.
»Ihre Besorgnis ehrt Sie«, sagte er mühsam beherrscht. »Aber
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