Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
ein
großes Maß an Druck erzeugt. Er wäre verantwortlich, wenn auch nur ein ihm
unterstellter Soldat abhandenkommen würde. Mehr sogar: Es hing nun von Ergon
allein ab, herauszufinden, ob es eine Bedrohung gäbe und falls ja, welcher Art
sie wäre.
Abschließend empfing der Leutnant
die besten Wünsche des Kanzlers und des Königs. In Gedanken versunken stapfte
er in der morgendlichen Frische zu der Einheit, die ihm während der Dauer der
Mission unterstellt sein würde. Er vermisste bereits jetzt die Sicherheit
seines gewohnten Tagesablaufs. Als Ergon vom König erfahren hatte, dass er die
Expedition anführen sollte, hatte er Regnir höflich darauf hingewiesen, dass
seine Erfahrungswerte in der Wildnis sehr gering wären, doch man bat ihn
inständig, sich nicht dem Kommando zu verschließen. Also verbrachte Ergon
einige Zeit damit, sich selbst von der angenehmen Seite dieser Sache zu
überzeugen, obwohl Thormir und Regnir ihn vor wenigen Minuten wieder vor Augen
geführt hatten, dass die Angelegenheit kein einfacher Jagdausflug werden würde.
Immerhin würde der Leutnant von seinem langjährigen Weggefährten Gestir
begleitet werden.
Als Ergon die versammelte Schar
erreichte, blickte er keineswegs in heitere Gesichter. Viele der Soldaten
hatten eine Familie, die sie nun wohl oder übel für einige Zeit zurücklassen
mussten. Nach einer kurzen Ansprache verließ die Kompanie unbemerkt die Stadt,
um der Wildnis des Nordens entgegen zu treten. Waldreich und steinig war das
Land, in das die Menschen in diesen Tagen vorstießen. Ein Hauch des
trügerischen Friedens lag auf ihm, doch offenbarte sich in der Folgezeit niemals
eine ernsthafte Bedrohung, obgleich Ergon nach einigen Wochen die
Sicherheitsvorkehrungen deutlich herabgesetzt hatte. War man zunächst ausschließlich
nach eingehender Aufklärung Stück für Stück vorgerückt, so verzichtete man
zusehends auf eine größere Vorhut, um die im Nacken sitzende Zeit bestmöglich
nutzen zu können. Die anfängliche Bedrückung verbesserte sich sobald zu einer
erfreulicheren und positiven Stimmung, sodass die Qualität der Aufzeichnungen
und des Kartenmaterials stetig besser wurde.
Gleichfalls dämmerte es aber
Ergon, dass der veranschlagte Rahmen von zwölf Monden keinesfalls einzuhalten
war, wenn Gewissenhaftigkeit dem Zeitdruck nicht weichen sollte, denn für die
Erkundung und Kartografierung eines einzigen Hektars Land wurden mindestens
zwei Tage benötigt. Regelmäßig fand der Briefwechsel zwischen der Königshalle
und dem Leutnant statt. Besonders dringende Schriften wurden durch Falken
befördert, deren Zuverlässigkeitsgrad über dem der Tauben lag. Zwar war
insbesondere der Kanzler von einem starken Überschreiten des Zeitplans nicht
begeistert, doch gab er schon bald Ergons Idee nach, ein Feldlager an der
Nordwestküste der Insel zu errichten, um den nahenden Strapazen des nahenden
Winters zu trotzen. Anfänglich als provisorische Hütten und Zelte angelegt,
errichteten die Menschen recht früh kleinere Befestigungen, um sich gegen Wölfe
und andere Gefahren verteidigen zu können. Der Charakter des Unterfangens
verschob sich aufgrund dieser Planänderung enorm, da der Leutnant vermehrt aus
dem „Außenposten“ heraus operierte, wie man die Siedlung in den offiziellen
Schriftwechseln nannte. Und obwohl mit ihm die erste größere Siedlung außerhalb
Eisenhands geschaffen worden war, ahnte noch niemand, dass sich aus jenem
kleinen Lager in nicht allzu ferner Zukunft die zweite Stadt des Königreichs
entwickeln sollte.
Und während die Expedition
außerhalb der Stadt war, saßen die Hohen Herren in der Königshalle keineswegs
müßig in ihren Sesseln. Vielmehr trieben König und Kanzler die Vorbereitung der
nachfolgenden militärischen Absicherung voran. Gemeinsam mit Bhelm und Theodus
zerbrachen sie sich oft bis in die tiefste Nacht gemeinsam den Kopf darüber,
wie denn nach der Rückkehr der Kundschafter zu verfahren sei. Zumindest einen
groben Fahrplan wollte man ausgearbeitet haben. Doch nachdem klar geworden war,
dass die veranschlagte Zeit nicht ausreichend sein sollte, beschloss König
Regnir, konkrete Kriegsplanungen auf unbestimmte Zeit zu verschieben und vorher
mit der Errichtung neuer Befestigungen zu beginnen. Thormir fügte sich dem
Kurswechsel, wenngleich tief in ihm noch immer das unbestimmte Gefühl der
Unruhe regierte. Es konnte zumindest etwas gelindert werden, insoweit der
Magier dem regen Briefwechsel entnehmen konnte, dass die
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