Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Polizeiinspektion des Sees inmitten von Bergen etwas erwidern konnte, sagte Kastner: »Der Kurt möchte gern wissen, was diese Repellenzdinger sind.«
»Re-pel-len-ti-en«, sagte der GSG9-Chef, wobei er jede Silbe betonte und Nonnenmacher mit einem, wie dieser fand, seltenen Klugscheißerblick ansah. »Wir Einzelkämpfer zählen sie zu den sogenannten nicht tödlichen Waffen. Sie verbreiten einen bestialischen Gestank und werden verwendet, um Örtlichkeiten gegen das Betreten oder gegen den Aufenthalt von Menschen zu sperren.«
»Das ist ja genau unser Fall«, platzte Kastner begeistert hervor.
»So ist es.« Schramm freute sich über den Zuspruch. Nonnenmacher brummelte dagegen ein »Kölner Fastnachtsdepp« in seinen Bart.
»Die Stoffe, die wir verwenden, halten sich meist über mehrere Wochen. Bekannt sind zum Beispiel synthetisch hergestellte Wirkstoffe des Analdrüsensekrets der Skunks, so etwa E-2-Butenylmercaptan oder 3-Methylbutanthiol. Es gibt mittlerweile sogar BHs, die mit Kapseln dieser Stinkstoffe ausgestattet sind.«
»Warum denn das?«, wollte Kastner erstaunt wissen.
»Wenn eine Frau vergewaltigt wird, kann sie die Kapsel zum Platzen bringen, und schon stinkt sie so krass, dass der Angreifer nichts mehr von ihr will.«
Anne gähnte. Sie fühlte sich erschöpft.
»Was es nicht alles gibt!«, staunte Kastner.
Wenige Stunden später stank es in der nördlichen Seegemeinde so unglaublich nach Katzenpisse, dass sogar die kettenrauchenden Unterstützer der Anonymous Bankräuber, die praktisch keinen Geruchssinn mehr hatten, sich immer weiter vom Bankgebäude entfernt hatten. Die anderen Besetzer hatten schon vorher das Feld geräumt. Endlich war die Straße zwischen dem Bahnhof und der kleinen Bank wieder frei befahrbar.
Die anwesenden Polizisten fanden den Gestank zwar auch schrecklich, waren aber froh, dass sie nun nicht mehr von gepiercten jungen oder langhaarigen alten Bankräuber-Unterstützern um Zigaretten angeschnorrt wurden. Die Party vor der Bank war erst einmal vorbei.
Dafür hatte der Bürgermeister der nördlichen Seegemeinde, dessen Rathaus nur einen Steinwurf entfernt lag, ein neues Problem: Im Fünf-Minuten-Takt riefen die in dem Alpendorf wohnhaften Milliardäre an und verfluchten ihn ob der unglaublichen Geruchsbelästigung. Manche drohten gar, sämtliche Charity-Projekte, die zugunsten der Einrichtungen der Gemeinde geplant waren, platzen zu lassen. Der Bürgermeister schickte daraufhin seine treueste Mitarbeiterin zur St.-Ägidius-Kirche, um für ihn eine Kerze anzuzünden. In einer Zeit, in der Lobbyisten die Entscheidungen fällten, konnte himmlische Fürsprache nicht verkehrt sein.
Aber auch die Reaktion der Bankräuberfrühling-Aktivisten Jules und Jorina ließ nicht lange auf sich warten. In einer Videobotschaft, die sie mit Wäscheklammern auf der Nase und Revolver in der Hand zeigte, fragten sie wütend, warum es auf einmal so schrecklich stinke.
Annes Wahrnehmung war genau richtig gewesen: Besonders Jules schien unter dem Geruch des Analdrüsensekrets zu leiden. Während er in die Kamera sprach, wurde sein Körper mehrmals von einem heftigen Brechreiz durchgeschüttelt: »Achtung, ’ier spriescht die Rififi …«
»… und die Jorina.«
Jules würgte es, dann sagte er: »Occupy lebt. Wir sind die neun…«
Ein weiterer Brechreiz übermannte ihn. Jules steckte seinen Kopf in den Putzeimer, den er in der Hand hielt.
Jorina übernahm: »Der Bankräuberfrühling wird bald die ganze Welt ergreifen.« Sie schob sich mit dem Revolver das Oberteil des Strickbikinis zurecht.
Jules, dessen Gesicht ganz grün war, fuhr fort: »Verdammt, was ’ier so stinkt? Triple-föck! Wenn niescht bald auf’ört, wir können garantieren für nieschts.« Dann hob er die Pistole und schoss in die Decke.
Die Strategie der Polizisten schien aufzugehen. Im Internet streuten die Beamten über die Website der Lokalzeitung das Gerücht, dass es in der nördlichsten Seegemeinde ein Problem mit der Kanalisation gebe. Infolge des extrem heißen Sommers habe sich ein mysteriöses Fischsterben in dem See inmitten von Bergen ereignet. Und die toten Fische seien auf unerklärliche Weise in die Kanalisation der Gemeinde gelangt. Dort verwesten sie nun, und daher komme der Gestank. Die zuständigen Behörden seien aber mit Feuereifer dabei, die Sache in den Griff zu bekommen. Dazu sei es allerdings erforderlich, die Straße vor der Bank aufzureißen: Nur so könne man an die von toten Fischen
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