Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio
nachschauen.«
»Alter Angsthase! Die Blaue Dame passt doch vor dem Zimmer auf. Und am Drachen kommt keiner vorbei.«
Statt einer Erwiderung setzte Cor seinen Weg fort.
Der Pixie trippelte neben ihm her und streckte das schwarze Näschen in die Luft. »Warum musst du immer so brummig sein? Hör auf, dir Sorgen um David und Rian zu machen. Nadja schafft das schon. Du wirst sehen, bald sind sie alle wohlbehalten hier.«
Fieberhaft überlegte Cor, wie er den leidigen Pixie loswerden konnte. Er hatte die Treppe bereits erreicht, die hinauf zu Talamhs Kinderzimmer im Baum führte, und ging an einem Drachen vorbei, der misstrauisch in der Luft schnupperte. Der grünhäutige Wächter beäugte erst den Pixie, dann den Eindringling. Seine Augen nahmen einen verklärten Ausdruck an, als er über Bandorchus Gespinst sah. Zufrieden wandte er den Kopf ab und schnaufte leise.
Cor spürte sein Herz wild in seiner Brust schlagen. Er ging die Stufen hinauf und an der Blauen Dame vorbei, die in einem Vorzimmer saß.
»Ist etwas, Grog?«, fragte sie verwirrt.
Cor schüttelte den Koboldkopf und legte einen der langen Larvenfinger an seine Lippen. Zielstrebig ging er zu Talamh hinein. Er hatte Glück, denn der Pixie begann hinter ihm ein Gespräch mit der Blauen Dame und folgte ihm nicht in das Zimmer.
»Er will nur noch mal nach ihm sehen«, erklärte er ihr. »Langsam wird er überängstlich, der alte Kerl. Was soll Talamh hier schon passieren?«
Im Raum beugte sich Cor über Talamh, der die Augen aufriss und sofort zu schreien begann. Hastig stäubte er dem Kind das Pulver ins Gesicht, zerrte den Tonklumpen hervor und platzierte ihn neben Talamh unter der Decke.
Der Pixie und die Blaue Damen kamen in den Raum geeilt. »Was hat er denn?«
»Ich habe ihn wohl erschreckt«, antwortete Cor scheinbar reumütig.
»Das liegt nur an deinen doofen Kontrollen!« Der Pixie beugte sich über die Wiege, die aus dem Baum selbst geformt war. Cor warf ein wenig von dem roten Pulver hinauf, und der Pixie sank mit offenem Mund zur Seite. Auch der Blauen Dame erging es nicht besser. Mühsam hievte er sie zurück auf ihren Stuhl und den Pixie daneben.
Dann beendete Cor sein Werk und sprach einen Zauberspruch auf den hohlen Lehmklumpen, der sich daraufhin vergrößerte. Seine Oberfläche nahm das Abbild Talamhs an. Der Golem war nicht gut, er würde schon nach wenigen Stunden in sich zusammenfallen, aber er würde Cor genug Zeit verschaffen, um zu verschwinden. Hastig legte der Spriggans den dritten Umhang über Talamh. Das Baby veränderte seine Gestalt. Auch das war nur eine Illusion. Es wurde durchscheinend, bis es schließlich unsichtbar war.
Nun kam alles auf den richtigen Moment an. Cor musste dafür sorgen, dass der Drache nur seinen Rücken sah. Erhaschte der Wächter einen Blick auf das Kind unter dem Gespinst, war es aus. Auch aus dem Fenster konnte er nicht fliehen, weil sie magisch versiegelt waren und von den Wächtern auf den Bäumen beobachtet wurden. Dort warteten zwei weitere Drachen, die ihrem Artgenossen schnell zu Hilfe kommen konnten.
Cor atmete tief ein und schlich sich an den Drachen heran. Er wartete, bis der große Grünschuppige zur Seite sah, dann ging er schnell, aber nicht zu hastig an dem Geschöpf vorbei. Der Drache witterte hinter ihm geräuschvoll in der Luft, hielt ihn aber nicht weiter auf.
Und jetzt nichts wie weg!
Cor presste den schlafenden Talamh an sich und hastete zum wartenden Kau. Wenn sie es bis zum nächsten Portal schafften, würde ihnen die Flucht zurück nach Paris gelingen.
11 Herr der Albträume
Nadja schloss sorgfältig die Tür ihres VIP-Raumes, wie Tenji ihn amüsiert genannt hatte. Dann setzte sie die Maske ab und hielt sie fest in ihrer Hand. »Das ging leichter als erwartet. Allerdings fürchte ich, er ist mehr an der Maske interessiert als an mir.«
»Meinst du, wir können hier frei sprechen?«, flüsterte Tom.
»Ich weiß es nicht. Ich schlage vor, wir ...« Sie hielt inne. »Wo ist eigentlich Kush?«
Fluchend sah Tom sich um. »Ich hätte wetten können, der kleine Schlingel wäre mit uns hereingekommen!«
»Geh ihn lieber suchen. Dann hast du auch einen Grund, dich weiter umzusehen. Ich gehe wieder in die oberen Stockwerke, du suchst unten. Wenn uns jemand ertappt: Wir suchen den Hund.«
Tom nickte.
Nadja und er sahen hinaus. Es war kein Angestellter des Theaters im Flur zu sehen. Tom lief nach links, Nadja nach rechts und huschte zum breiten Treppenaufgang. Schnell und
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