Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
tot. Das Gift verursacht Lähmung. Es hat zwar eine Weile gebraucht, bis es seinen ganzen Körper erfasst hat, aber jetzt ist es so weit. Ein fürchterlicher Tod.«
»Schrecklich«, pflichtete Sedric ihm mit schwacher Stimme bei.
»Nun. Zeit aufzuräumen«, versetzte Carson grimmig.
Er band die beiden Boote zusammen und kippte Wasser auf die Bootsränder, um möglichst viel Gallatorenschleim abzuwaschen. Dann kletterte er in das andere Gefährt, stellte sich breitbeinig über den Leichnam und tastete geschäftig Grefts Taschen ab. Dann löste er den Gürtel des Hüters mitsamt der Messerscheide, um sie zu verstauen. Darüber hinaus hatte Greft offenbar nichts bei sich, was Carson für wert hielt, aufbewahrt zu werden. »Hilf mir mit ihm«, sagte der Jäger, und Sedric stellte keine Fragen. Er nahm den Leichnam an den Füßen, und Carson packte bei den Schultern an. Sie hoben ihn hoch. Sedric verkrampfte sich kurz, als das kleine Boot schwankte. Zwar waren die Gallatoren vermutlich vor Fauch geflohen, doch er wollte trotzdem nicht ins Wasser fallen.
Sie brauchten Greft nicht einmal über Bord zu werfen, denn Fauch beugte den Kopf übers Boot und nahm den Leichnam ins Maul. Dann wandte er sich um und stolzierte mit ihm davon. Kurz sah Sedric dem watenden Drachen nach. Grefts Hände und Füße ragten zu beiden Seiten aus dem Maul hervor, und bei jedem Schritt wackelte der Kopf, als würde er ihnen zum Abschied zunicken.
Als er den Blick abwandte, kauerte Carson in Grefts Boot. Wie in ihr eigenes war auch in dieses Wasser geschwappt, das der Jäger nun herausschöpfte. Gegenstände, die dabei auf dem Boden auftauchten, nahm er heraus und legte sie zum Trocknen auf die Bank. Er fand auch einen abgebrochenen Fischspeer, den er mit bedauerndem Kopfschütteln betrachtete. »Die Spitze steckt jetzt wahrscheinlich in einem abgesoffenen Gallator.«
Es gab nicht viel aufzuräumen. Denn Greft war ein ordentlicher Mensch gewesen, und seine Angewohnheit, alles gut zu verstauen, hatte die Ausrüstung nicht nur während der Flut gerettet, sondern auch jetzt. Carson warf einen Blick in Grefts Leinenbeutel und sagte: »Da ist der Schiffszwieback, und einigermaßen trocken ist er auch noch.«
Auf dem Boden lag ein tropfnasser grober Sack. Als Carson ihn aufhob, klirrte es darin. »Was zur Hölle?«, brummelte Carson und knüpfte die Kordel auf. Sedric wurde bang ums Herz. Er hatte Grefts letzte Worte deutlich verstanden. Ich habe sie aus Eurem Zimmer geklaut. Jetzt ist alles dahin. Jetzt hat niemand was davon. Er hatte gleich gewusst, worüber der Hüter gesprochen hatte. Seit Tagen hatte Sedric seine Drachentrophäen nicht mehr herausgenommen, weil er die geraubten Blutphiolen und Schuppen nicht mehr sehen wollte. Erst hatte er gehofft, Greft hätte mit seinen letzten Worten sagen wollen, dass er sie über Bord geworfen oder verloren hatte. Aber als Carson die gläsernen Tintenfässchen und Probenbehältnisse aus dem Sack zog und auf der Bank aufreihte, verstand Sedric, was Greft gemeint hatte. Denn sie waren leer. Nur in der Phiole, in der das Blut gewesen war, klebte noch eine scharlachrote Verwirbelung am Boden. Als Carson das Fläschchen drehte, floss die Farbe noch immer und bildete einen Strudel aus unterschiedlichen Rottönen. »Was wollte er damit?«, fragte Carson.
Sedric saß regungslos da. Verängstigt wie ein Hase, der hofft, nicht vom Falken erspäht zu werden. Doch falls es dem Jäger aufgefallen war, ließ er es sich nicht anmerken. Sedric sah die leeren Flaschen an. Jetzt wusste nur noch er, was sie bedeuteten. Wenn er es für sich behielt, brauchte Carson nie zu erfahren, was für ein Mensch er gewesen war und wie betrügerisch er gehandelt hatte. Niemand brauchte dann die ganze Wahrheit darüber zu erfahren, wie er diejenigen, die ihm vertraut hatten, getäuscht hatte. Und diejenigen, die ihn geliebt hatten.
Aber wenn er es nicht sagte, würde er dieser Mensch bleiben. Denn dann würde er abermals diejenigen täuschen, die ihm vertrauten und ihn liebten. Carson mit eingeschlossen.
Als er antwortete, war seine Stimme rau. »Die gehören mir, Carson. Greft hat sie aus meinem Zimmer genommen.« Er räusperte sich, versuchte zu sprechen, und es gelang ihm nicht, aber dennoch brachte er es krächzend irgendwie hervor: »Darin waren Drachentrophäen. Fleischstücke aus der verschmutzten Wunde, die Thymara verbunden hat. Ein paar Schuppen. Und da war Blut drin.« Wieder würgte es ihn, denn seine Kehle schnürte
Weitere Kostenlose Bücher