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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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»Ihr wählt den einzig ehrenhaften Weg. Aber es fällt Euch schwer. Vor allem, weil die Leute denken, dass Ihr närrisch seid, indem Ihr Euer Wort haltet.«
    Alise hob das tränenüberströmte Gesicht. Von einer plötzlichen Regung getrieben, legte Thymara die Arme um sie. »Danke«, sagte die ältere Frau mit brechender Stimme. »Danke, dass du mich nicht für dumm hältst.«
    Wieder regnete es, und diesmal kräftiger. Leftrin zog sich die gestrickte Mütze über die Ohren und sah mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit und den strömenden Regen. Es war ein langer Tag gewesen, und er wollte nur noch in der Kombüse sitzen, mit einer Tasse heißem Tee, einer Schale Fischsuppe und einer rothaarigen Frau, die über seine Witze lächelte und »Danke« und »Bitte« sagte, wenn die Mannschaftsleute versuchten, höflich zu ihr zu sein. Waren das nicht bescheidene Wünsche? Mitleidig war ihm Teermanns aufgemalter Blick gefolgt, als er von Bord geklettert war und sich vom Kahn entfernt hatte. Das Schiff wusste, was er vorhatte, und wusste auch, wie ungern er es tat.
    Es sah Jess, diesem Schweinehund, ähnlich, dass er auf ein Treffen hier draußen in Regen und Dunkelheit bestand. Seit ein paar Tagen hatten sie sich angeschwiegen und nur finstere Blicke getauscht. Gesprächen mit dem Kerl war Leftrin erfolgreich aus dem Weg gegangen, indem er dafür gesorgt hatte, dass er nie allein mit ihm war. Aber heute Abend, gerade als er es sich neben dem Herd hatte gemütlich machen wollen, hatte er eine Nachricht auf dem Boden seines Kaffeebechers gefunden.
    Er hatte sich so unauffällig wie möglich aus dem Kreis der versammelten Mannschaft gestohlen, und niemand schien bemerkt zu haben, dass er von Bord gegangen war. Lautlos schlich er durch die Nacht und machte einen Bogen um die Hüter und das Lagerfeuer. Der Wind ließ die Flammen aufflackern und trug Gelächter und den Geruch von gegrilltem Fisch zu ihm herüber. Er wollte nicht, dass ihn jemand entdeckte.
    Der platschende Regen, der Wind und die Dunkelheit hüllten ihn ein, während er sich dem Silberdrachen näherte. Offenbar war dies der rätselhafte Ort, wo Jess ihn treffen wollte. »Kommt zum Silbernen, oder Euer Geheimnis wird enthüllt.« Mehr hatte nicht auf dem Zettel gestanden, aber die Drohung konnte er nicht ignorieren. Der Drache hielt etwas mit den Vorderpranken und riss Fleischstücke heraus. Kurz durchzuckte Leftrin die wilde Hoffnung, der Drache würde Jess fressen. Doch nach ein paar Schritten erkannte er, dass die Beute vier Beine hatte. Der Jäger hatte das Geschöpf mit Fleisch bestochen, damit es beschäftigt war, während sie sich unterhielten. Und sein Plan ging auf. Eben trennte der Silberdrache ein Bein von dem Kadaver. Zwar hatte sich der Zustand der Kreatur seit ihrer ersten Begegnung gebessert, aber er war noch immer schmächtiger und kränklicher als die anderen Drachen. Sein Schwanz war inzwischen verheilt, doch schien er deutlich mehr Schmarotzer anzuziehen als die anderen. Als er Leftrin bemerkte, wandte er ihm den Kopf zu. Aus seinen malmenden Kiefern ragte ein Huf.
    »Abend, Kapitän«, grüßte Jess und trat hinter der Schulter des Drachen hervor. »Schöne Nacht für einen Spaziergang.«
    »Hier bin ich. Was wollt Ihr?«
    »Nicht viel. Nur ein wenig Zusammenarbeit, das ist alles. Heute Nachmittag habe ich eine Gelegenheit entdeckt, und ich glaube, wir sollten sie ergreifen.«
    »Eine Gelegenheit?«
    »Genau.« Jess tätschelte die Schulter des Drachen. Ohne seine Aufmerksamkeit von dem Fleisch zu wenden, stieß das Geschöpf ein leises Knurren aus. »Er knurrt zwar, ist aber an mich gewöhnt. Bei jeder Gelegenheit habe ich ihm eine extra Fleischration zugeschanzt. Deshalb stört ihn meine Anwesenheit überhaupt nicht mehr.« Beim Sprechen klappte er seinen Mantel auf und enthüllte eine darunter verborgene Axt, zwei lange und ein kurzes Messer, die allesamt in Scheiden steckten und ordentlich an seiner Weste festgemacht waren. Mit dem Kopf deutete er auf den Silberdrachen. »Sollen wir anfangen?«
    »Ihr seid irrsinnig«, sagte Leftrin leise.
    »Ganz und gar nicht.« Der Kerl lächelte. »Wenn er das Reh erst einmal aufgefressen hat, wird er ein sehr langes Nickerchen halten wollen. Damit habe ich gerechnet und bin vorbereitet. Bevor ich dem Drachen das Reh gegeben habe, habe ich dem Tier den Bauch aufgeschlitzt und eine gehörige Menge Baldrian und Mohn hineingestopft. Ich glaube, das reicht, um einen Drachen lahmzulegen. Wir

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