Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
bieten hatte, wenn sie Bingtown erreichen würden. Er versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, Hest wieder zu begegnen und ihm eingestehen zu müssen, dass er Alise verloren hatte. Denn damit würde er Hests Hoffnungen zunichtemachen, einen Erben für das Familienvermögen zu produzieren. Er wagte sich nicht auszumalen, was seine eigene Familie von ihm halten würde, ganz zu schweigen davon, was Alises Eltern sagen würden. Man hatte ihn als ihren Beschützer mitgeschickt. Was für ein Beschützer war er, der lebte, während seine Schutzbefohlene umgekommen war? Sollte er alleine nach Bingtown heimkehren, hätte er keinerlei berufliche Aussichten mehr, und seine Familie würde ihn auch nicht mehr unterstützen. Er hätte nichts, was er diesem Piraten anbieten konnte.
    »Ihr habt nichts zu bieten, was? Mir scheint, dass Ihr eine ganze Menge habt. Muss ich es Euch vorbuchstabieren? Oder glaubt Ihr immer noch, dass Ihr alles für Euch behalten könnt?«
    Der Jäger bückte sich wieder und verschwand erneut hinter dem Stamm. Als er wieder erschien, hielt er eine Werkzeugtasche in der Hand. »Denn aus meiner Warte sieht es so aus, dass Ihr verrecken werdet, wenn ihr Euch für Eure Habgier entscheidet.« Er öffnete die Tasche, kramte darin herum und lächelte ungeheuer zufrieden. »Inzwischen bin ich überzeugt, dass es Grefts Boot war. Schaut Euch das an, Messer und Wetzstein, alles ordentlich verschnürt. Dürfte zwar größer sein, aber es wird ausreichen.« Während er sprach, nahm er die beiden Gegenstände heraus und begann die Klinge gemächlich über den Stein zu streichen, als ob sie alle Zeit der Welt hätten.
    Sedric stand regungslos da. Was wollte der Kerl von ihm? Sollte die blitzende Klinge eine Drohung sein? Was meinte er damit, dass er »eine ganze Menge« hätte? Spielte er damit auf etwas Sexuelles an? Bislang hatte er Sedric nur Verachtung entgegengebracht. Jess wäre allerdings nicht der erste Mann, der ihn in der Öffentlichkeit geringschätzte und ihn im stillen Kämmerlein begehrte. Sedric holte Luft. Er hatte Hunger und Durst, und die Furcht des Drachen strapazierte seine Nerven und buhlte um seine Aufmerksamkeit. Was war er bereit, Jess für sein Überleben zu geben? Und was würde er dafür geben, damit der Jäger Relpda half?
    Alles, was er wollte.
    Bei dem Gedanken lief es ihm eiskalt über den Rücken, aber er akzeptierte ihn. »Dann sagt, was Ihr wollt«, gab er brüsk zurück, denn die Worte platzten heftiger aus ihm heraus, als er beabsichtigt hatte.
    Jess hielt im Wetzen inne und starrte ihn an. Sedric richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wich seinem Blick nicht aus. Jess neigte den Kopf zur Seite und stieß ein heiseres Lachen aus. »Nicht doch. Nein. Daran bin ich nicht die Bohne interessiert. Seid Ihr einfältig oder halsstarrig?«
    Er wartete auf Sedrics Antwort. Doch als sie nicht kam, schüttelte Jess den Kopf, und sein Grinsen wurde kälter. Er griff in die Tasche seines Hemds, zog einen Beutel heraus und öffnete ihn. Während er an den Kordeln nestelte, sagte er: »Es war unklug von Leftrin, mich für einen Narren zu halten. Ich weiß, was geschehen ist. Er hat eine Gelegenheit gewittert und wollte es mit seinen eigenen Leuten durchziehen, um den Gewinn nicht zu teilen. Nun, das läuft bei mir aber nicht. Niemand legt Jess Torkef aufs Kreuz!« Er nahm etwas aus dem Beutel von der Größe seines Handtellers. Es war rubinrot. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er es in die Höhe und gegen das Licht. In der Sonne blitzte es. »Kommt Euch das vertraut vor?«, fragte er spöttisch und lachte, als Sedrics Gesicht sich erst vor Ungläubigkeit und dann vor Wut rötete.
    Denn es handelte sich um die scharlachrote Drachenschuppe, die Rapskal Alise gegeben hatte. Alise hatte sie Sedric anvertraut und ihn gebeten, sie genau abzuzeichnen. Später hatte sie vergessen, dass er sie hatte, weshalb er sie seiner Sammlung einverleibt hatte. »Die gehört mir«, sagte er schlicht. »Die habt Ihr aus meiner Kammer gestohlen.«
    Jess lächelte. »Das ist eine interessante Frage. Ist es möglich, einen Dieb zu bestehlen?« Er drehte die Schuppe, sodass sie in der Sonne funkelte. »Ich habe sie schon seit Tagen. Solltet Ihr sie vermisst haben, habt Ihr Eure Besorgnis gut überspielt. Aber ich vermute, dass Ihr gar nicht gemerkt habt, dass sie nicht mehr da war. Euer Geschick, Dinge zu verstecken, ist nicht so groß, wie Ihr glaubt. Der Großteil dessen, was ich gefunden

Weitere Kostenlose Bücher