Raine der Wagemutige
erfahren.
„Mein Name lautet Favor McClairen“, sagte sie dumpf. „Der Earl of Carr hat meiner Familie diese Insel hier geraubt, diese Burg hier. Er hat uns nicht nur unseres Vermögens beraubt, sondern auch unseres Erbes.“
Er beobachtete sie, nicht nur unbeeindruckt, sondern auch in keiner Weise überrascht. „Warum musst du diejenige sein, die es ihnen wiederbeschafft?“
„Weil“, erwiderte sie, „ich vor zehn Jahren verantwortlich dafür war, dass diejenigen aus meinem Clan, die darum hätten kämpfen können, hingeschlachtet wurden.“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf.
„Carrs Sohn hatte einer Novizin Gewalt angetan, und sie brachten ihn zu - aber das weißt du schon, nicht wahr?“ fragte sie. „Wenn Ash Merrick dir von dem Schatz erzählt hat, wird er dir bestimmt nicht ein so schillerndes Detail seiner Familiengeschichte vorenthalten haben. Ich sehe, dass ich Recht habe.“ Ihr Lächeln war gezwungen. „Nun, Rafe, ich bin das Mädchen gewesen, das Raine Merricks Leben gerettet hat. Ich habe seine Hinrichtung lange genug verzögert, dass Carr mit hundert Rotröcken eintreffen und meinen Clan niederreiten konnte.“
Seine Miene war starr, undeutbar. „Du kannst den Tod deiner Leute nicht mit deinem Leben zurückzahlen. “
„Ich trage meine Schuld den Überlebenden gegenüber ab“, entgegnete sie müde. „Ich werde Carr heiraten und ihn verlassen. Ich werde nach Frankreich zurückkehren. Er wird nicht wagen, mir dorthin zu folgen. Ich warte auf seinen Tod und dann . . .“
„Und dann was?“ fragte Rafe mit hohntriefender Stimme.
„Dann wird McClairen's Isle wieder den McClairen gehören. In Schottland erbt die Witwe den Besitz ihres Ehemannes.“
Er schüttelte den Kopf, in seinen Augen stand ein leerer Ausdruck, und noch einmal schüttelte er den Kopf. „Du kannst doch unmöglich so naiv sein“, flüsterte er. „Wer auch immer sich das ausgedacht hat, kann unmöglich so naiv sein. ,Auf Carrs Tod warten?“
„Das ist, was ich tun werde“, sagte sie. „Das ist, was geschehen wird.“
Er fuhr fort, den Kopf zu schütteln, die Miene verzerrt, und an seiner Schläfe pochte sein Puls sichtbar. „Nein“, sagte er. „Nein. Ich werde es verhindern.“
„Nein. Das kannst du nicht. Du kommst zu spät.“ Sie musste ihren Blick senken, konnte ihm nicht länger ins Gesicht schauen. Heiser flüsternd fuhr sie fort: „Carr hat mir heute Morgen einen Antrag gemacht. Ich habe ihn angenommen.“
Er wurde völlig still. Sie schloss die Augen, unfähig die Verurteilung in seinen Zügen zu ertragen. Seine Verachtung schlug wie eine Woge über ihr zusammen. Nicht dass sie es ihm verübeln konnte. Das war der Grund, warum sie hier war, mit dieser Flasche Gin, wo sie doch sonst nie hochprozentige Getränke zu sich nahm. Das war der Grund, warum sie Carrs Gabe - eine Karaffe mit Madeira, zweifellos mit Muiras „Liebestrank“ versetzt - zum Lunch getrunken hatte. Das war der Grund, dass sie auch später, wenn er gegangen war, hier bleiben und weitertrinken würde. Sie schlug die Augen auf. Er stand immer noch da.
„Ich werde dir jetzt eine Frage stellen, und verdammt, du solltest mir besser antworten“, verkündete er mit harter Stimme. „Habt ihr euch erklärt? Waren Zeugen anwesend?“ Da verstand sie, worauf er hinauswollte. Er dachte, Carr hätte sie dazu verleitet, dem alten schottischen Brauch zu folgen, nachdem für eine gültige Eheschließung eine Erklärung vor Zeugen ausreichte. Er glaubte, sie wären bereits verheiratet.
„Hast du das getan?“ rief er und rüttelte an dem schweren Eisentisch, als wäre er aus Blech.
„Welchen Unterschied macht das?“ wollte sie wissen. „Ich frage noch einmal, bevor ich dich erwürge, Madame, und sei gewarnt, ich habe noch nie einen so übermächtigen Wunsch verspürt, einem anderen Menschen etwas anzutun, wie dir in diesem Moment.“
„Ich kann dir versichern, ich leide schon viel größere Schmerzen, als du dir wünschen könntest“, antwortete sie leise. Er beugte sich unwillkürlich vor, dann jedoch, mitten in der Bewegung, verharrte er, so als hielten ihn unsichtbare Ketten zurück.
„Habt ihr euch erklärt?“
„Nein“, sagte sie müde. „Nein. Ich hätte das zwar getan, und Carr wollte es auch, aber Muira - Mrs. Douglas - hat darauf bestanden, dass ein Priester gefunden wird. Später sagte sie mir, die McClairen würden die Eheschließung nicht als gültig ansehen, wenn sie nicht von der Kirche gesegnet
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