Raine der Wagemutige
weiter aufzuschieben. “
„Ich verstehe nicht“, entgegnete Muira scharf und vergaß ganz in ihrer Verwirrung über die unvorhergesehene Wendung, die die Ereignisse genommen hatten, ihre harmlose Miene aufzusetzen.
„Wenn es Euch beliebt, würde er es begrüßen, wenn er sich bei der Zeremonie vertreten lassen könnte“, setzte
der kleine Mann seine Erklärung fort. „Ich werde sein Stellvertreter sein. Mein Name lautet Rankle. Ich bin der Kammerdiener Seiner Lordschaft. “
„Sein Kammerdiener ? Das kann unmöglich rechtmäßig sein“, rief Muira. „Man könnte sogar sagen, es sei lächerlich. Himmel, ich bezweifle, dass eine solche Ehe rechtens ist. . .“, sie schaute zu dem Priester, „oder gültig.“
„Ich kann Euch der Gültigkeit einer derart geschlossenen Ehe versichern“, schaltete sich der Priester ruhig ein, „und was den Rest der Welt betrifft, wisst Ihr sicher, dass alles, was das schottische Recht für eine Heirat verlangt, eine einfache Erklärung vor Zeugen ist. “
„Ich möchte die Heiratsurkunde sehen“, verlangte Muira und streckte auffordernd ihre Hand danach aus.
Wortlos reichte Rankle sie ihr. Sie hielt das Papier ins Kerzenlicht, während Favor mit angehaltenem Atem wartete, innerlich darum betete, dass Muira einen Fehler darin entdecken würde, dass ihr ein paar Tage mehr geschenkt würden, in denen - wenn Gott ihr diese Gnade erweisen wollte - die Erinnerung an Rafe zu verblassen beginnen würde.
Muira blickte auf, und ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen. Favor sank das Herz.
„Es ist rechtsgültig, so viel ist klar. Aye!“ erklärte die alte Frau. Sie packte Favor am Ellbogen und drängte sie vorwärts. „Sagt, was Ihr zu sagen habt, Priester, und achtet gut auf ihre Antworten.“
Später konnte sie nicht sagen, was sie aufrecht hielt -Muiras unnachgiebiger Griff oder ihr eigener Wille. Mit Muiras Triumph erlosch der letzte Hoffnungsfunke in ihr. Der Raum verblasste zu einer schwach beleuchteten Bühne eines Schauspieles, die anderen zu verzerrten Figuren, die unverständliche Zeilen murmelten, an denen sie keinerlei Interesse hatte. Sie starrte in das Licht der Kerzen, hörte die Stimme des Priesters über das dumpfe Dröhnen in ihrem Kopf hinweg. Ihre Glieder, so schien es ihr, waren auf einmal seltsam schwer und irgendwie flüssig, ihre Gedanken zusammenhanglos. Sie antwortete mit schwacher Stimme, wenn es von ihr erwartet wurde, nickte fortwährend bestätigend, während sie tief innerlich seinen Namen wie eine Beschwörungsformel gegen den Teufel wiederholte: Rafe. Rafe. Rafe.
Und dann war es vorüber. Rankle wünschte ihr Glück und ließ eine Börse in die ausgestreckte Hand des Priesters fallen. Muira, in deren Augen ein triumphierendes Leuchten stand, faltete die Urkunde und steckte sie in ihr Mieder.
„Ich muss sofort gehen und dies hier denen zeigen, die von uns noch übrig sind.“
„Geht nicht“, flüsterte Favor, und sie erkannte, dass sie schließlich doch mit ihrer Kraft am Ende war, denn sie bat Muira um Hilfe. Sie hätte wissen müssen, dass sie keine erhalten würde.
Muira nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte Favors Gesicht mit grauenhafter Verspieltheit hin und her. „Mach dich nicht lächerlich. Das Dorf, wo die letzten McClairen leben, liegt etwas weniger als eine vierstündige Fahrt mit der Kutsche von hier. Es gibt keinen Grund für dich, mit einem Mal zimperlich zu werden, mein Mädchen.“ Sie beugte sich weiter vor und flüsterte Favor ins Ohr, „Carr ist zu krank, seinen ehelichen Pflichten nachzukommen.“ Sie lächelte dünn. „Wenn du viel Glück hast, stirbt er vielleicht sogar, und es wird nie so weit kommen.“
Favor starrte der alten Frau hinterher, während sie sich entfernte. Der Priester folgte ihr, sein Gesicht zeigte eine angespannte, besorgte Miene.
„Lady Carr.“ Rankle verbeugte sich, und dann ging auch
er.
Sie war allein.
Sie stand reglos da, bis ihr Blick schließlich auf einer ihrer ölig schwarzen Locken über ihrem Ausschnitt zu ruhen kam. Sie hob die Strähne mit spitzen Fingern an, wie etwas Ekliges, das man nur ungern anfasste. Der Anblick erfüllt sie mit Widerwillen.
Sie hatte ihr Haar schwarz gefärbt, um Carr in ihre Netze zu locken. Dieses Ziel hatte sie erreicht. Jetzt wollte sie die grässliche Farbe nur noch so schnell wie möglich loswerden. Rafe hatte ihr schwarzes Haar gehasst.
Sie musste es auswaschen. Sie musste es loswerden.
Favor eilte in ihr
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