Rampensau
etwas gutmachen.«
»Dann essen Sie wohl auch kein Schweinefleisch?«, fragte die Polizistin.
Noch etwas fiel Kim an ihrer Hand auf, ganz versteckt war da ein anderer Geruch. Sie hatte eine Katze, die sie gerne kraulte.
»Nein, natürlich nicht, keinen Bissen«, erwiderte Dörthe, »aber Sie sind vermutlich nicht gekommen, um sich nach meinen Schweinen zu erkundigen. Oder haben die Tiere etwas ausgefressen?« Das Lachen, das sie versuchte, misslang, und auch die Polizistin wurde ernst. Sie zog ihre Hand zurück und wandte ihren Blick wieder Dörthe zu.
»Ist Ihnen heute Nacht etwas aufgefallen?«, fragte sie und holte aus der Tasche an ihrem beigefarbenen Jackett einen kleinen Block hervor.
»Was sollte uns denn aufgefallen sein?«, fragte Carlo, der zwischen den Bäumen auf dem gepflasterten Hof zurückgekehrt war. Die Schaufel hatte er wohlweislich nicht mitgenommen.
Die Polizistin sah ihn argwöhnisch an. »Und wer sind Sie? Wohnen Sie auch hier?«
Carlo nickte und gab der Polizistin die Hand. »Ich bin Schriftsteller – Dramatiker. Momentan bin ich bei Frau Miller in Klausur, wenn ich es einmal so ausdrücken darf. Wir schreiben gemeinsam ein Theaterstück, das wir in ein paar Wochen aufführen wollen. Wird Aufsehen erregen die ganze Sache.« Er lachte laut und irgendwie unmotiviert.
»Ja«, sagte die Polizistin und runzelte die Stirn. »Ich erinnere mich. Ich habe etwas in der Zeitung gelesen. Sie sind Carlo May, der Schauspieler, nicht wahr? Und Sie hatten irgendwie Ärger? Hat es nicht eine Schlägerei gegeben?«
Carlo warf Dörthe einen kurzen, strengen Blick zu und hob dann den Kopf, als sei er stolz, dass die Polizistin ihn erkannt hatte. »Ganz recht. Mein Verleger hat mich tätlich angegriffen, weil ich ihn des schnöden Betrugs überführt habe. Wir haben zusammen eine kleine Literaturzeitung herausgegeben – den Herbstfelder –, und die ist nun pleite, und nicht er, sondern ich habe die Schulden am Hals, weil alles über meine Konten lief.«
Die Polizistin sah auf ihren Block. So richtig schien sie nicht zu interessieren, was Carlo da sagte.
»Sie haben also in der Nacht nichts Verdächtiges bemerkt?«, richtete sie ihre Frage wieder an Dörthe.
»Ich glaube nicht«, erwiderte Dörthe. »Oder meinen Sie vielleicht …« Sie geriet ins Stocken und wischte sich über die Stirn.
»Nein«, warf Carlo mit lauter Stimme ein. »Wir haben den ganzen Tag über hart an meinem Stück gearbeitet und tief und fest geschlafen – jeder in seinem eigenen Bettchen, versteht sich.« Er lächelte vielsagend. »Was sollten wir denn bemerkt haben?«
Kim grunzte einmal protestierend auf, aber wie zu erwarten war, registrierten das weder Dörthe noch die Polizistin.
»Was könnte ich denn gemeint haben?«, fragte Marcia Pölk, als hätte Carlo nichts von Bedeutung von sich gegeben. Ihre Augen richteten sich funkelnd auf Dörthe.
»Nun …« Dörthe blickte zu Boden.
»Es ist nichts«, erklärte Carlo mit einschmeichelnder Stimme. »Heute Morgen haben wir auf der Schweinewiese einen toten Schwan gefunden. Das hat Dörthe als wahre Tierfreundin ein wenig aufgeregt. Dabei hat der Vogel wahrscheinlich nur etwas Falsches gefressen. Die Bauern hier legen vergiftetes Fleisch aus, um Füchse zu fangen.«
Dörthe nickte zu Carlos Worten, und auch die Polizistin entspannte sich wieder.
»Also haben Sie in der Nacht nichts gehört – keinen Motor, keinen Schuss?«
»Einen Schuss – wieso einen Schuss?«, fragte Dörthe. Ihr war anzusehen, dass sie wirklich nichts mitbekommen hatte.
»Ganz in der Nähe ist augenscheinlich etwas … vorgefallen«, entgegnete die Polizistin. Sie sprach deutlich langsamer, wog jedes ihrer Worte ab. »Ach, Sie werden es ohnehin aus der Zeitung erfahren. Waldarbeiter haben einen Mann mit einer tödlichen Schusswunde hinter dem Lenkrad eines Lincolns gefunden – das ist ein amerikanischer Wagen. Die Scheibe an der Fahrerseite ist zerschossen, zwei Projektile haben die Tür durchschlagen. Könnte sein, dass ein Rauschgiftgeschäft schiefgegangen ist. Jedenfalls müssen sich in dem Kofferraum Drogen befunden haben. Zwei Hunde haben eindeutig angeschlagen.«
»Drogen und eine Schießerei hier bei uns im Wald!« Dörthe erbleichte, und auch Carlo gab sich alle Mühe, erstaunt zu wirken, doch die Polizistin achtete kaum auf ihn.
»Wir wissen bisher nicht, ob die Schießerei im Wald stattgefunden hat – oder ob der Mann noch ein paar Kilometer fahren konnte, bevor er wegen des
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