Raniels Engelwelt
war. Das wollte er sich zunächst zurückholen.
Er ging auf einen Ausgang zu und musste dabei an der Treppe vorbei. Seitlich nach oben schaute er nicht, doch von der Treppe her erreichte ihn Monas Stimme.
»Hallo, Bill. Du bist noch da?«
Er wusste nicht, ob er sich freuen sollte oder nicht. Er würde es hinnehmen, wie es kam, blieb vor der untersten Stufe stehen und nickte Mona zu.
»Du bist auch noch da.«
»Ja.«
»Und du bist nicht davon überrascht, dass Pamela das Haus verlassen hat?«
Auf Monas rundem Gesicht zeigte sich ein Staunen. »Ach, was du nicht sagst. Hat sie das?«
»Genau.« Bill grinste schief. Er wusste nicht so recht, ob er Mona die Artwort abnehmen sollte oder nicht. Eher nicht, denn hier steckten alle unter einer Decke.
»Willst du nicht hochkommen?«
Bill war über die Einladung überrascht. Aber er nahm sie an, denn was konnte ihm schon passieren? Er glaubte durchaus, mit Mona fertig werden zu können.
»Warum eigentlich nicht?«
»Okay.«
»Was erwartet mich denn dort?«
»Hier sind noch Zimmer. Manchmal müssen Menschen hier übernachten, die es zu stark getroffen hat. Nicht jeder übersteht die Begegnung mit den jenseitigen Mächten gleich gut.«
»Das soll wohl sein.«
»Dann komm ruhig.«
Bill schritt die Holzstufen der Treppe hoch. Hin und wieder hörte er ein Knarzen. Da merkte er auch, dass sich die Stufe unter seinem Gewicht bewegte.
Mona wartete auf ihn. Sie stand auf einem hellgrauen Teppich. Auch hier oben war alles hell. Weiß gestrichene Wände. Bilder mit sommerlichen Landschaftsmotiven. Helle Holzrahmen, eine weiße Decke und ebenfalls Türen aus Kiefernholz.
Es gab hier tatsächlich mehrere Räume, und ein Zimmer gehörte Mona. Sie führte den Reporter hinein und bat ihn, es sich bequem zu machen. Sie verhielt sich tatsächlich so, als wüsste sie von nichts, was Bill nicht glaubte.
Auch dieser Raum war hell eingerichtet. Ein heller Schrank fiel Bill auf, ebenso wie das Bettgestell, das ebenfalls weiß war. Es gab eben nur die Farben Weiß und Natur.
Bill nahm auf einem Stuhl mit geflochtener Sitzfläche Platz. Er tat harmlos, er lächelte sogar, aber in seinem Innern war er verdammt aufmerksam. Mona glich mehr einem Engel als Pamela, aber keiner schaute einem Menschen hinter die Stirn.
Sie setzte sich im Yogasitz auf ihr Bett und strahlte Bill regelrecht an. »Was kann ich für dich tun?«
»Im Moment nichts.«
»Auch nichts zu trinken?«
»Nein. Ich bin nur erstaunt.«
»Worüber?«
»Eigentlich über alles hier.«
»Das ist Pamelas Geschmack.«
»Hatte ich mir fast gedacht.«
»Ja, sie liebt es weiß. So hell und freundlich. Das verbindet sie mit den Engeln.«
Bill lächelte. »Klar. Die Engel sind ihr zugetan. Ich habe sie ja auch erlebt, und ich frage mich, ob Pamela noch ein Mensch ist oder schon selbst mehr ein Engel.«
»Sie ist ein Mensch, keine Frage, Bill.«
»Aber sie würde gern ein Engel sein.«
Mona nickte. »Das ist schon möglich. Wer will das nicht?« Ihre Blick bekam einen träumerischen Ausdruck. »Ich hätte ebenfalls nichts dagegen einzuwenden. Vielleicht wird es mal wahr.«
»Dann glaubst du daran, dass du nach dem Tod zu einem Engel wirst und...«
»Hör auf.« Ärgerlich winkte sie ab. »Wer wollte denn Kontakt mit den Engeln haben? Oder mit einem Engel? Das bist du doch gewesen!«
»Stimmt.«
»Und? Hast du es geschafft?«
»Ich habe ihn gespürt. Gerochen. Aber es war schon ein recht seltsamer Engel.«
»So sind sie alle.«
»Das weiß ich nicht. Ich habe ihn nicht eben als eine Ausgeburt der hellen Freunde erlebt. Ich glaube auch, dass er die Menschen nicht nur zum Gute hin beeinflusst.«
»Wie kommst du darauf?«
»Durch einen Bekannten, der jetzt nicht mehr lebt.« Bill sprach gleichgültig weiter. »Er hat sich umgebracht. Ich habe noch versucht, ihn zu retten, aber das war nicht mehr möglich.«
»Dann musste es so sein. Niemand hätte ihn retten können.«
»Obwohl ich davon überzeugt bin, dass er hinter seinem Suizid nicht voll stand.«
»Soll das heißen, er wurde gezwungen?«
»Ich denke schon.«
»Und von wem?«
»Es war Elion.«
Nach dieser Antwort schwieg Mona zunächst einmal. Sie blieb weiterhin auf ihrem Bett sitzen, ohne sich zu bewegen. Aber ihr Gesicht verlor den freundlichen Ausdruck. Schließlich schlug sie auf die mit einem hellen Laken überzogene Matratze und flüsterte: »Wie kannst du so etwas nur behaupten?«
»Weil ich es selbst hörte. Kurz vor seinem Tod hat er von
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