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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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Perückenmacher bringen«, überlegte ich laut und griff mir eines der Frisurenmagazine, die vor mir auf einem kleinen Beistelltisch lagen.
    Richard nahm ebenfalls eins und fächerte sich damit Luft zu. »Du meinst, du willst dein eigenes Haar später wiederverwenden?«
    »Daran dachte ich.«
    »Ist dein Haar erst mal abgeschnitten, ist es tot. Und tot bedeutet spröde und glanzlos. Da ist völlig egal, ob du es zum Perückenmacher bringst oder ein Tau daraus drehen lässt.« Dabei blickte er über meine Schulter und tippte mit dem Zeigefinger auf eines der Frisurenmodels. »Der Haarschnitt, der ist schön. So frech und spritzig.«
    »Der da? Um Gottes willen, der ist was für Hausfrauen.«
    Richards Nasenflügel weiteten sich. Das taten sie immer, wenn wir über stylische Dinge diskutierten und ich nicht seiner Meinung war. »Also hör mal … Wenn das für dich ein Hausfrauenhaarschnitt ist, was bitte ist dann das?« Dabei hielt er mir das Titelbild seines Fächermagazins entgegen, auf dem sich eine halbnackte Frau räkelte, die ihr Haar superkurz trug. »Wow! Der Schnitt ist klasse. Richtig pfiffig.«
    »Was?« Richard riss seine Augen auf. »Du beliebst zu scherzen?«
    »Nein ehrlich, der gefällt mir.«
    Er drückte seine Hand auf meine Stirn. »Ich glaube, dich hat das Inselfieber erwischt. Da wäre dein Haar im Nacken ja kürzer als das Meinige. Ein besserer Topfschnitt ist das, bei dem man vergessen hat, Teile des Ponys zu schneiden.«
    »Bob, Richard! Diese Art Frisur nennt man einen kurzen Bob.«
    »Belehr mich nicht! Ich weiß, wie man den nennt!« Eingeschnappt warf er seinen Kopf zurück. »Pah! Als wüsste ich nicht, was angesagt ist.«
    Der Stuhl war alt und ausgefranst, aber dennoch saß man bequem darin. Der Friseur pumpte den Stuhl ein Stück höher und lächelte mich an. »Der Rücken – er tut es nicht mehr seit meinem Unfall vor sechs Jahren.«
    Ich nickte verständnisvoll zurück.
    »So, junge Frau, an was haben Sie gedacht?«, fragte er mich musternd.
    »Ich muss sie beruflich kürzen lassen und dachte dabei an einen kurzen Bob. Vorne vielleicht länger, aber da bin ich mir noch nicht sicher.«
    »Okay, verstehe.« Er klatschte in die Hände und entfernte das Haarband, welches die wahre Länge meiner Haarpracht verbarg. Dann blickte er theatralisch zu mir in den Spiegel. »Sind Sie sicher?« Seine Hände glitten am Haar hinunter. »Die sind doch bestimmt locker über einen Meter.«
    »Ein Meter fünfundzwanzig«, korrigierte Richard neunmalklug aus der kleinen Warteecke des Geschäftes.
    »Tatsächlich?«
    »Ja! Ich bin ihr Visagist, ich muss das wissen.«
    Der Friseur beäugte mich kritisch. »Sie haben einen Visagisten? Darf ich fragen, was Sie beruflich machen?«
    Peinlich von der Frage berührt, versuchte ich mich vollends auf das zu konzentrieren, was mir wichtig erschien. »Ich denke, wir sollten uns vielleicht meinem Haar widmen. Ach, Richard, würdest du mir bitte dieses Magazin dort bringen?«
    Richard sprang auf und stolzierte mir entgegen. »Aber beschwer dich danach nicht bei mir, Süße.«
    Ich zeigte auf die Frisur meiner Begierde und blickte fragend auf. »Was denken Sie, würde dieser Schnitt mir stehen?«
    Er zwirbelte Teile meines Haares nach oben und benutzte sie als Ponyersatz. »Hm … Ich denke schon. Und wenn Sie erlauben, würde ich das Ganze zweifarbig gestalten. Ich hab da auch schon eine Idee.«
    Drei Stunden später …
    Ich starrte unaufhörlich in den Spiegel. Die Frau, die mir entgegenblickte, war nicht ich. Jedenfalls fühlte es sich so an. Richard stand ebenso sprachlos neben mir, mit weit aufgesperrtem Mund.
    »Und? Gefällt es Ihnen?«, fragte der Friseur, von dem ich mittlerweile im Gespräch erfahren hatte, dass er der Geschäftsinhaber Franz Pferdinger war und absolut nichts mit Pferden am Hut hatte.
    »Ob es mir gefällt? Franz, Sie haben Zauberhände.«
    Richard lief hüstelnd um mich herum.«Also, ich weiß nicht …« Dann nahm er die typische Richard-Stellung ein, indem er seinen Arm anwinkelte und sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger klemmte. »Ich finde den Bob über den Ohren zu gradlinig. Und im hinteren Drittel zu aufgebauscht.«
    »Hör auf, nach Mängeln zu suchen. Mir gefällt er supergut.«
    Franz Pferdinger nickte. »Dieser Schnitt hat weibliche Züge an Ihnen hervorgebracht, die vorher durch das lange herabhängende Haar nicht zur Geltung gekommen sind. Einen besseren Schnitt hätten Sie wahrlich nicht wählen können.«
    Der Weg nach

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